Perry Rhodan Neo 5: Schule der Mutanten (German Edition)
pulsierte. Es handelte sich um sein Gehirn, hatte ihm Ivanhoe vor einiger Zeit erklärt.
Goratschins Finger wanderten über das Gel-Pod auf seinem Schoß, die Darstellung auf dem Bildschirm veränderte sich. Es war, als tauchte er immer weiter in Sids Gehirn ein und verfolgte feine Spuren besonders stark leuchtender Regionen.
Das Jucken auf Sids Kopf nahm zu. Es wurde zu einem Ziehen und Brennen; zu Schmerz, der überall und nirgends stattfand. Seine Füße wurden taub, sein Blickfeld verringerte sich.
Sid musste lachen. Er sah seltsame Dinge vor sich. Gestalten und Figuren, die sich dehnten, wuchsen, verformten. Um gleich darauf zu winzigen Insekten zu werden, die miteinander verschmolzen.
»Keine Sorge«, hörte er Ivanhoe sagen. »Du fühlst dich womöglich ein wenig schwach oder siehst Dinge, die es nicht gibt. Die Nadelcluster streifen periphere Hirnregionen, die auf die Eindringlinge reagieren. Doch es kann nichts passieren. Gar nichtsss ...«
Der Klang von Doktor Goratschins Stimme veränderte sich. Er wurde zu einem verzerrten Singsang, während die Bilder, die Sid wahrnahm, dunkel und bedrohlich waren. Er wollte aufstehen und davonlaufen; doch Hand- wie Beinfesseln hinderten ihn daran.
Sid schrie – beziehungsweise wollte schreien. Doch er besaß keinen Mund mehr. Er besaß nichts, womit er sich mitteilen konnte. Der gedankliche Befehl an seine Stimme versandete im Nirgendwo. Er war nun ein Krüppel, der in seinem eigenen Körper gefangen und zu keiner Bewegung, keiner Gefühlsregung imstande war.
Sid trieb dahin, so als wäre er gegen die Innenseite einer jener riesigen Chromtrommeln gepresst, in denen Wäsche gewaschen und geschleudert wurde. Er musste alle Bewegungen mitmachen, ob er wollte oder nicht. Er wurde hin und her geschleudert, in Wasser getunkt, durchgerüttelt, ausgewrungen, flach gedrückt. Eine nicht messbare Zeitspanne lang ...
Irgendwann endete es, Sid kam zu sich. Er fühlte eine kalte Hand auf seiner Stirn.
»Ich hoffe, es war nicht zu schlimm diesmal?«
Wie ihn Ivanhoe anwiderte! Sid wollte zurückweichen und die Hand abschütteln, doch er fand die Kraft nicht dazu.
»Ich bin diesmal sehr tief vorgedrungen«, fuhr der Doktor fort. Er klang enttäuscht. »Obwohl ich die Reizimpulse drastisch reduziert habe und die Taktfrequenz gedanklicher Prozesse problemlos abbilden konnte, komme ich einfach nicht ran ...«
»Wo kommen Sie nicht ran?«, fragte Sid, weniger aus Neugierde denn vom Wunsch beseelt, endlich wieder etwas zu sagen.
»An deine Begabung. An deine ... Ach, das braucht dich nicht zu kümmern. Fakt ist, dass es die parallelen Verbindungen sind. Es gibt zu viele von ihnen. Ich brauchte das Millionenfache an MRT-Rezeptoren und eine ebenso große Rechenleistung, um die komplexen Verbindungen nachvollziehen zu können.« Für einen Augenblick war so etwas wie Wut in der Stimme des Doktors. »Es ist gut für heute, Sid. Du kannst dich duschen und anziehen.«
Hand- und Fußfesseln waren geöffnet. Sid kam taumelnd auf die Beine. Sein Kopf schmerzte, der Boden unter seinen Füßen schwankte.
»Du solltest dich heute nicht mehr allzu viel anstrengen, kleiner Mann. Du wirst müde sein.«
Goratschin wollte ihm hochhelfen; Sid wehrte die Hände ab und setzte sich selbst in Bewegung. Hin zu den Duschen. Es war wie immer: Er fühlte sich bloßgestellt. So als hätte er sein Innerstes hervorgekehrt und vor dem Doktor zur Schau gestellt. Er schämte sich.
Er stellte sich unter den Wasserstrahl und ließ sich berieseln. Minutenlang. Eine Viertelstunde lang. Einfach nur dastehen und an nichts denken.
Irgendwann hörte er, wie die Tür des Labors ins Schloss fiel. Ivanhoe war gegangen. Erst jetzt ließ die Verkrampfung nach, und er vermochte sich zu entspannen.
Das Abendessen fand im Beisein von Clifford Monterny statt. Ihr Wohltäter saß ein wenig erhöht am Ende der Tafel, sodass ihn alle Kinder sehen konnten. Ringsumher herrschte eifriges Geschnatter. Das derzeit älteste Mädchen in Camp Specter, Ariane, bald 14 Jahre alt, hatte ein enges Kleidchen angezogen und sich geschminkt. Ariane unternahm alles, um Monternys Aufmerksamkeit zu erregen.
Sid fühlte sich an Erlebnisse in Man... in einem früheren Leben erinnert. An Dinge, die er jetzt erst verstand. An Frauen, die ihren Körper verkauften, um damit Geld zu verdienen – und was es für sie bedeuten musste.
Ariane gab sich wie eine von ihnen. Sid meinte, ihre Lust nicht nur spüren, sondern auch riechen und
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