Persephones Erbe (German Edition)
behaart. Meiner Meinung nach mussten sich Männer nicht unbedingt den ganzen Körper rasieren. Aber einen Pelz hielt ich auch nicht für prickelnd.
»Also Frau …?«
Er setzte sich hinter den Schreibtisch und legte die Hände locker auf die voll beladenen Arbeitsplatte. Seine Hände und seine Fingernägel waren sauber. Und für den angenehmen Bariton konnte ich mich auch erwärmen.
»Katinka Friedrich. Sie suchen eine Kunststudentin. Nun, ich bin Magister.«
Ich warf einen schnellen Blick über den Schreibtisch. Keine Bewerbungsmappe zu sehen, aber ein ganzer Stapel Baupläne, ein aufgeklappter Laptop, ein Kaffeevollautomat, daneben ein benutzter Henkelbecher. Außerdem lagen auf der Arbeitsfläche ein zerkratzter Schutzhelm, ein Handy, ein Taschenrechner und eine altmodische Addiermaschine. Der Blick nach draußen verriet mir noch, dass ich mich nicht über den prompten Empfang zu wundern brauchte. Der Bürocontainer stand strategisch günstig platziert. Mein Gegenüber sah schon von Weitem, wer sich der Firma näherte.
Mir wurde unbehaglich bewusst, dass ich mit einem mir völlig fremden Mann allein war. Was mir reichlich spät einfiel. Ich sah mich unauffällig nach dem Fluchtweg um. Die ganze Längswand des Baucontainers nahm ein übervolles Bücherregal ein.
Wenn ich alles erwartet hatte: Das nicht.
Mein Gegenüber lachte leise.
»Sind Sie fertig mit der Musterung? Nein, keine Angst, ich weiß auch gerne, mit wem ich es zu tun habe. Räume verraten viel. Möchten Sie einen Kaffee?«
»Wasser bitte, wenn das möglich ist.«
Mein Mund war ziemlich trocken.
»Gerne.«
Er stand auf, holte ein Glas aus dem Schrank an der Rückwand des Containers und die Flasche Mineralwasser aus dem Kasten auf dem Fußboden davor. Glas und Flasche wurden in bequemer Reichweite vor mir abgesetzt. Ich drehte am Verschluss, doch der saß bombenfest.
»Lassen Sie mich mal!«
Er öffnete die Flasche mit einer einzigen kräftigen Handgelenksdrehung, die den Plastikverschluss absprengte. Die Kappe flog im hohen Bogen vor meine Füße.
»Oh, verdammt!«
Er bückte sich schneller als ich, ich zog den Kopf gerade noch rechtzeitig zurück. Waschmittelparfüm kitzelte meine Nase. Der fast unvermeidliche Unterton Männerschweiß fehlte. Der Herr wusch sich.
Wie angenehm!
Er legte die Verschlusskappe auf die Tischplatte und ging zu seiner Seite des Schreibtischs zurück. Er hatte schöne breite Schultern, obwohl er für einen Mann verhältnismäßig klein war. In Highheels überragte ich ihn wahrscheinlich sogar um ein, zwei Zentimeter. Nicht schlimm und es stand natürlich überhaupt nicht zur Diskussion. Außerdem gab es Männer, die das mochten.
Bernie Ecclestone zum Beispiel.
Der Hintern von Ich-arbeite-bei-Armin-Landgraf-Hoch-und-Tiefbau war knackig. Ich versenkte die Augen blitzschnell in mein Glas, weil er sich ausgerechnet jetzt zu mir umdrehte. Nur eine halbe Sekunde später und mein Blick wäre automatisch auf seinem Schritt gelandet. Schon der Gedanke war peinlich.
Ich trank.
Er wartete, bis ich das Glas wieder absetzte.
»Nun, Frau Friedrich. Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Armin Landgraf.«
Der Geschäftsinhaber selbst! Mein Herz tat einen erschrockenen Sprung.
Er reichte mir die Hand. Sein Griff war angenehm trocken und warm. Einen Ring trug er nicht. Aber darauf verzichteten ja viele Handwerker, wegen der Verletzungsgefahr.
Landgraf lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück.
»Sie möchten also für mich arbeiten. Dann lassen Sie mich doch mal einen Blick in Ihre Unterlagen werfen!«
»Bitte, gerne.«
Ich reichte die Mappe über den Schreibtisch.
»Keine Angst, ich halte Sie nicht lange auf. Das Wichtigste habe ich ja schon gesehen.«
Ich nahm noch einen Schluck Wasser und hielt mein Gesicht ruhig. Falls er das tatsächlich meinte, was er soeben gesagt hatte, überhörte ich es für den Anfang lieber.
Er blätterte. Landgrafs Augenbrauen gingen hoch. Viel zu schnell klappte die Mappe wieder zu. Er schob sie mir quer über den Tisch zurück.
»Respekt. Sie sehen viel zu jung für Ihre Vita aus.«
»Ich bin achtundzwanzig.«
»Das habe ich mir ausgerechnet.«
Ich ging nicht darauf ein, übersah zur Sicherheit auch den beinahe zärtlichen Blick. Landgraf sah aus wie ein Waldschrat, aber ein freundlicher. Mir wurde in dem Hosenanzug ziemlich warm.
»Verraten Sie mir das Thema Ihrer Magisterarbeit? Ganz kurz. Ich möchte nur wissen, auf welchem Gebiet Sie gearbeitet
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