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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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bei Goldstein. »Hier ist ein Herr Udo Bauer. Er gibt an, der Vermieter des Toten zu sein, dessen Bild in der Zeitung veröffentlicht wurde.«
    Der Vermieter Schmidts? Der Kommissar stutzte. Hatte die alte Dame nicht gesagt, das sei ihre Mansarde, in der Schmidt wohnte? »Schicken Sie ihn zu mir.«
    Wenig später klopfte es. Udo Bauer war ein übergewichtiger Mittfünfziger, der schnaufend im Türrahmen stand.
    Goldstein bat ihn, Platz zu nehmen. »Danke, dass Sie unserem Aufruf nachgekommen sind. Ihren Namen und Adresse bitte.«
    »Udo Bauer, Schäferstraße. In Herne.«
    Eine der besseren Wohngegenden der Stadt.
    »Dann erzählen Sie.« Goldstein schaute dem Mann prüfend ins Gesicht.
    Bauer rutschte so heftig auf dem altersschwachen Stuhl herum, dass der Hauptkommissar befürchtete, das Möbel könnte dem Gewicht des Zeugen nicht standhalten.
    »Als ich das Foto heute in der Zeitung sah, wusste ich sofort, dass das unser Herr Lahmer ist.«
    »Lahmer?«, wunderte sich Goldstein an diesem Morgen schon zum zweiten Mal.
    »Ja. Knut Lahmer. Er wohnt, also er wohnte in meinem Haus. Er hat dort die erste Etage gemietet.«
    »Sie sind sich ganz sicher?«
    »Selbstverständlich. Auf dem Bild ist doch der hochgeschlagene Kragen seines Mantels zu sehen. Ich habe noch mit ihm gescherzt, als er mit dem guten Stück angekommen ist. Vornehm geht die Welt zugrunde, habe ich gesagt.«
    Bauer zog ein großes, weißes Taschentuch hervor und tupfte sich Schweiß von der Stirn. »Entschuldigung. Aber wenn man von draußen kommt … Wissen Sie, der Pelz ist mir erst beim genauen Hingucken aufgefallen. Zunächst habe ich nur auf den starren Gesichtsausdruck geschaut. Dieser verzerrte Mund. Schrecklich.«
    »Wann haben Sie diesen Knut Lahmer zuletzt lebend gesehen?«
    »Am Mittwochmittag letzter Woche. Da haben wir uns im Flur getroffen. Lahmer wollte zu einem geschäftlichen Termin. Er hatte seine Reisetasche dabei und wollte gerade das Haus verlassen. Wir haben uns einen Moment über Fußball unterhalten. Dann hat er mir mitgeteilt, dass er möglicherweise zwei, drei Tage nicht da sein würde. Das war nichts Besonderes, er war häufiger unterwegs.«
    »Hat Ihr Mieter irgendwelche Verwandten?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Freunde?«
    »Er lebte sehr zurückgezogen. Ich jedenfalls habe nie Besucher bei uns zu Hause bemerkt. Ein angenehmer Mieter. Machte keinen Lärm, zahlte pünktlich. Manchmal habe ich ihn tagelang nicht gesehen. Deshalb war ich jetzt nicht verwundert, dass er so lange fortblieb.«
    »Welchen Beruf übte er aus?«
    »Irgendwas mit Im- und Export, hat er mir erzählt. Aus diesem Grund war er ja auch oft unterwegs. Freier Handelsvertreter, vermute ich. Gefragt habe ich ihn nie. Er war immer gut gekleidet und bezahlte, wie gesagt, pünktlich seine Miete. Es schien ihm finanziell bestens zu gehen.«
    »Seit wann wohnte Lahmer bei Ihnen?«
    »Eingezogen ist er … Warten Sie, im Sommer 1948. Ja, genau. August 1948. Ich habe eine Anzeige aufgegeben und er war einer der wenigen, die sich darauf gemeldet haben. Ich dachte schon, meine Mietvorstellungen seien zu hoch. Drei Interessenten sind abgesprungen, als sie hörten, wie teuer die Wohnung sein sollte. Aber Lahmer hat nicht mit der Wimper gezuckt und unterschrieben. Wie gesagt, ein angenehmer Mieter.«
    Goldstein überlegte fieberhaft. Wenn sich der Zeuge nicht irrte, führte Schmidt alias Lahmer eine Doppelexistenz. Aber warum?
    »Haben Sie den Namen Uwe Schmidt schon einmal gehört?«
    Bauer überlegte einen Moment. »Nein. Ich kenne zwar einen Schmidt, aber der heißt Werner mit Vornamen.«
    »Sicher verfügen Sie über einen Schlüssel zu Lahmers Wohnung?«
    »Ja, natürlich.«
    »Könnte ich mich dort umsehen?«
    Selbstverständlich wusste Goldstein, dass eine förmliche Hausdurchsuchung ohne richterlichen Beschluss gegen das Gesetz verstieß. Mit etwas Kreativität ließe sich ein Grund finden. Gefahr im Verzuge etwa. Und wenn der Wohnungsinhaber tot war und der Vermieter die Tür bereitwillig öffnete …
    »Ich weiß nicht …« Bauer wirkte unsicher.
    »Haben Sie Angst, ich würde mich nicht ordentlich benehmen?«, versuchte Goldstein einen Scherz.
    »Nein, das nicht. Aber Sie so einfach in die Wohnung zu lassen …«
    »Ich bin Polizist, Herr Bauer. Und ich möchte den Mord an Ihrem Mieter aufklären. Natürlich kann ich auch einen Gerichtsbeschluss herbeiführen. Allerdings dauert das mehrere Stunden. Sie würden mir wirklich viel Arbeit ersparen.«
    Bauer

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