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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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unverfänglich klang wie ein Nachschubbataillon. Lahmer war Angehöriger der Geheimen Feldpolizei gewesen. Diese war ursprünglich mit Mitarbeitern der Gestapo und der politischen Abteilungen der Kriminalpolizei aufgebaut worden. Später wurden auch geeignete Wehrmachtsangehörige rekrutiert, die ihren militärischen Rang behielten und zu Hilfs-Feldpolizei-Beamten ernannt wurden. Lahmer schien einer von ihnen gewesen zu sein. Dieser Truppe wurde die Beteiligung an Kriegsverbrechen nachgesagt.
    Goldstein war sich jetzt sicher, dass der Tote tatsächlich Lahmer und nicht Schmidt geheißen hatte. Das Soldbuch war der Beweis. Und eine Fälschung schloss Goldstein aus. Denn warum sollte jemand das tun? Wer in der Geheimen Feldpolizei gedient hatte, tat gut daran, das zu verschweigen. Sonst fand er sich schneller in einem Internierungslager wieder, als ihm lieb war. Fragte sich nur, warum Lahmer so leichtsinnig war, sein Soldbuch aufzuheben. Hatte er geglaubt, es könne ihm noch einmal von Nutzen sein? Nur wofür? Goldstein wischte den Gedanken beiseite. Vermutlich würde er darauf nie eine Antwort erhalten. Er steckte das Soldbuch in seine Jackentasche und untersuchte das Schlafzimmer. Es fand sich auf den ersten Blick nichts Besonderes: Im Kleiderschrank lagerten Wäsche, akkurat gebügelte Hemden, verschiedene Anzüge bester Qualität, polierte Lederschuhe und ein leerer Koffer.
    Auffällig war in diesem wie in allen anderen Räumen das völlige Fehlen persönlicher Unterlagen, wenn man von dem Soldbuch absah. Wie in der Mansarde existierten auch hier keine privaten Fotos, Bilder oder Erinnerungsstücke.
    Der Polizist hob zuerst das Federbett und dann die Matratze am Fußende des Bettes an. Fehlanzeige. Schließlich fuhr er mit der Hand unter das Kopfkissen. Seine Finger ertasteten Stahl. Eine Pistole! Der Kommissar nahm die Waffe genauer in Augenschein. Es handelte sich um eine Walther P 38. Sie war gesichert und geladen. Niemand bewahrte eine scharfe Waffe unter dem Kopfkissen auf, überlegte Goldstein. Es sei denn, er hatte Angst und wollte sich schützen. Doch wovor fürchtete sich Lahmer? Oder besser vor wem? Und warum trug er die Waffe – wenn er sie sogar nachts in seiner Nähe haben wollte – nicht bei sich, als er überfallen und ermordet wurde?
    Der Hauptkommissar schob die Walther zu dem Soldbuch in seine Jackentasche und verließ die Wohnung. Im Flur wartete immer noch ein besorgt aussehender Vermieter.
    »Hatte Lahmer eine Putzfrau?«, erkundigte sich der Kommissar.
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Eine Freundin?«
    »Ach wo.«
    »Ihr Mieter scheint ein ordentlicher Mann gewesen zu sein«, brummte Goldstein, als sie die Treppe hinunterstiegen.
    »Ja, sehr. Ich war zwar nicht häufig in seiner Wohnung, aber immer war alles tipptopp. Allerdings war er ja auch häufiger unterwegs. Da ist es einfacher, Ordnung zu halten.«
    Goldstein nickte gedankenversunken.
    »Was ist nun mit dem morgigen Termin?«, fragte Bauer hoffnungsvoll.
    »Vergessen Sie ihn«, knurrte der Hauptkommissar. »Schönen Urlaub.«
    Wer immer auch in Lahmers andere Wohnung eingebrochen war – diese hier hatte er jedenfalls nicht gekannt.
    Der Hauptkommissar ging die wenigen Meter zum Präsidium zu Fuß und fragte sich nicht zum ersten Mal in den letzten Stunden, warum Lahmer zwei Wohnungen und auch zwei Identitäten unterhielt.
    15
     
    Freitag, 29. September 1950
     
    Erleichtert verließ Wieland Trasse das Sitzungszimmer. Der Ausschuss hatte ihn als ›minderbelastet‹ eingestuft. Man hatte ihn einer Bewährungsgruppe zugeteilt und ihm untersagt, in den nächsten drei Jahren ein öffentliches Amt auszuüben. Aber das hatte er ohnehin nicht vor. Viel wichtiger war, dass sein Vermögen unangetastet blieb. Nichts wurde beschlagnahmt, nichts zerschlagen. Die Kaufhäuser blieben in seinem Besitz. Die ebenfalls verhängte Geldbuße von fünfzig Mark bereitete ihm keine Kopfschmerzen. Sie hatte lediglich symbolischen Charakter.
    Der Kaufmann hatte sich die Befragung schlimmer vorgestellt. Genauer, mehr in die Tiefe gehend. Tatsächlich hatten die Ausschussmitglieder die meisten seiner Erläuterungen ohne weitere Nachfragen akzeptiert. Selbst die Vertreter der Kommunisten waren sehr zurückhaltend gewesen. Ihnen allen war anzumerken, dass sie ihre Aufgabe schnell und mit möglichst geringen Konsequenzen für die Betroffenen durchführen wollten. Bei einer strengen Entnazifizierung wären sonst Millionen Deutsche als Mittäter in die

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