Perth
Freundschaften auswirken könnte, aber wir hatten keine andere Wahl. Es wäre ein Vertrauensbruch gegenüber Perth, wenn wir sie festbanden. Wir würden damit den Schwur brechen, den wir uns an dem Tag, an dem wir sie kauften, gegenseitig geschworen hatten. Aber vor allem würden wir sie dadurch zwingen, ein anderer Hund zu werden. Und was für eine Belohnung wäre das für sie, nach sechs Monaten hinter Gittern? Ein Teil der Freude, nach England zu ziehen, war der Gedanke, dass sie überall frei herumlaufen konnte. Hier waren wir nun in Bury , umgeben von Feldern, Hecken und Hügeln, in denen es vor Tieren nur so wimmelte, da musste es ihr doch gestattet sein, alles zu erkunden. Aber die meisten Dorfbewohner hatten ihre Hunde ständig unter Kontrolle. Man sah Hunde nur selten frei herumlaufen. Eigentlich sah man Hunde nur, wenn ihre Besitzer mit ihnen auf den Wegen und Pfaden spazieren gingen. Wir mussten abwarten, was geschehen würde.
An dem Sonntagmorgen, nachdem wir Perth mit nach Hause genommen hatten, fuhren wir zum Bignor Hill hinauf, der sich in den kalkigen Downs befand. Wir überwanden einen Höhenunterschied von an die zweihundert Metern. Man fährt durch mehrere winzige Dörfer und Weiler hindurch, biegt in Bignor beim römischen Landhaus links ab und folgt dann einer steilen Kiesstraße. Als wir höher kamen, streckte Perth ihren Hals weit aus dem Fenster und versuchte intensiv, Düfte und andere Botschaften aus den Wäldern durch ihre zuckende Nase strömen zu lassen. Sie begann, heftig und außer sich zu schnaufen. Es erinnerte mich an jenen schicksalhaften Tag, an dem wir ihre Augen auf dem Weg zum Agnes Roy Camp in Vermont verbanden. Heute war ein strahlenderer , glücklicherer Tag. Wir waren alle zusammen, und das würde auch so bleiben. Mit großen Augen blickte sie unruhig hin und her. Wir mussten zusehen, dass sie nicht hinaussprang .
Auf halbem Weg nach oben ließen wir sie raus, und sie verschwand sofort im Dickicht. Kurz darauf wurde die Stille von Hufgetrappel und Perths Heulen unterbrochen. Plötzlich schoss ein Reh über den Weg, gefolgt von einem Kaninchen und dann Perth, die beiden hinterherjagte . Sie verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Anstatt auf sie zu warten, fuhren wir bis zur Spitze des Hügels, parkten dort und liefen ein paar Kilometer auf einem Abschnitt der römischen Straße entlang, die von Chichester nach London führt. Perth war nirgendwo zu sehen, als wir zum Auto zurückkamen, also fuhren wir langsam den Hügel hinunter und riefen nach ihr, so wie wir es üblicherweise taten. Auf halbem Weg nach unten sprang sie vor uns über die Straße, gefolgt von wahrscheinlich dem gleichen Kaninchen und dann dem wahrscheinlich gleichen Reh, das beide verfolgte.
Ein paar Minuten später stieß sie am Fuß des Hügels zu uns. »Was hatte denn das zu bedeuten, du Hund, du ?« , fragte ich sie. Sie sah mich an, als müsste ich es wissen. Es blieb uns für immer ein Rätsel, aber es schien ein angemessen exzentrischer und symbolischer Beginn ihres Lebens in England zu sein. Wer wusste schon, was in dem dichten Dickicht dieser Hügel vor sich ging, wo sie in den kommenden Jahren andere Tiere aufstöbern und jagen würde? Wir begannen Hunderte von Spaziergängen mit ihr, die wir nie gemeinsam beendeten. Sie hatte hier oben ihr eigenes Leben. Sie konnte problemlos hundertfünfzig Kilometer an einem Wochenende zurücklegen. Soweit wir wussten, fing sie nie ein Kaninchen und tat auch keinem anderen Tier etwas zuleide. Entdeckte sie etwa mysteriöse, magische Orte, an denen sich Tiere als Gleichgestellte treffen und sich nicht gegenseitig jagen oder voreinander verstecken? Waren es diese Orte, die sie stundenlang wie vom Erdboden verschluckt verschwinden ließen? Eins war jedenfalls sicher: Perth hatte ihren Garten Eden gefunden. Das Leben konnte nicht schöner sein.
Wie sich herausstellte, machten sich die Dorfbewohner nicht so viele Gedanken über Perth, wie wir befürchtet hatten. Sie trabte munter durch ihre Gärten, verunreinigte sie aber nicht und zerstörte auch sonst nichts. Gelegentlich rannte sie quer durch einen Garten heulend einem Kaninchen hinterher, aber Gärtner sehen es in der Regel gerne, wenn die Kaninchen aus ihren Gärten vertrieben werden. Außerdem bevorzugte Perth es meistens, auf offenen Feldern und Weiden unterwegs zu sein. Manchmal war sie den ganzen Tag lang fort. An anderen Tagen war sie dagegen damit zufrieden, einfach in unserem Garten zu bleiben
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