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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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vielleicht war das Unausweichliche doch nicht so unausweichlich. Würde ihre beiden Begleiter sie sonst so antreiben, wenn sie nicht noch den Hauch einer Chance sahen? Oder war es nur ihre Ausbildung als Krieger, welche die Lios-alfar davon abhielt, aufzugeben?
    Siggi riskierte wieder einen kurzen Blick, und er konnte sich der Faszination der Felskugel nicht entziehen, die mit zunehmender Geschwindigkeit hinter ihnen hergerollt kam. Die Präzision der Steinmetze war ungeheuerlich; der Stein passte fast genau in den Gang. Nur eine Maus oder etwas noch Kleineres hätte die Chance gehabt, ihm auszuweichen.
    »Lauft!«, trieb Yngwe sie von hinten an.
    Der Stein mochte fünf Schritt gutgemacht haben, war wohl noch zehn Meter von ihnen entfernt. In Siggis Ohren hallte das Knirschen, Krachen und Mahlen der Felskugel entsetzlich wider. Sollte er hier noch mal rauskommen, würde er dieses Geräusch nie vergessen.
    »Weiter!«, rief Laurion. Der Lios-alf schien von einer wilden Hoffnung getrieben zu sein, die ihn auf den Füßen hielt und in einem Wahnsinnstempo an den Fallen vorbeizuführen schien, die hier überall sein mussten. Seinen Blick hielt er stur gesenkt.
    »Springt!«, gellte der Befehl des Lichtalben, und im selben Moment machte er wie ein Weitspringer einen Satz nach vorn.
    Siggi und Gunhild taten es ihm gleich, und als der Junge zu Boden blickte, meinte er so etwas wie einen Stolperdraht zu sehen, aber der Eindruck war zu flüchtig, um sich wirklich sicher zu sein.
    Laurion spurtete fast wie ein Hundert-Meter-Läufer. Siggi und Gunhild hatten Mühe, Schritt zu halten; die Strapazen des langen Tages machten sich bei ihnen allmählich bemerkbar. Ihr Atem ging keuchend, die Luft brannte im Hals, und ihr Herz schlug so heftig, als wollte es die Rippen sprengen.

    Laurion hingegen schien das Rennen überhaupt keine Kraft zu kosten. Vier, sieben, zehn Meter wurden in wenigen Schritten über-brückt. Siggi und Gunhild folgten, so schnell sie konnten, im Vertrauen darauf, dass Yngwe ihnen auf den Fersen blieb.
    Dann hatte die Felskugel den Draht erreicht, und mit einem ohrenbetäubenden Donnern brach direkt hinter Gunhild der Boden, donnerte in die Tiefe, als hätte man darunter die Stützpfeiler weg-geschlagen. Yngwe rettete sich mit einem Satz auf festen Grund.
    Wo sie noch vor einem Lidschlag gelaufen waren, befand sich nun auf zwei Meter Breite ein gähnendes Loch, doch damit nicht genug, wie Siggi mit Entsetzen erkannte, als er einen raschen Blick zu-rückwarf.
    Aus den Wänden waren spitze Felsnadeln hervorgeschossen, die das Laufen an den Rändern unmöglich gemacht hätten. Hätte Laurion die Natur der Falle nicht so schnell erkannt, hätte Yngwe sie nicht so angetrieben, sie wären tot gewesen. Wieder einmal hatten die Lichtalben ihnen das Leben gerettet. Zum wievielten Mal eigentlich?
    Das Krachen, als die Kugel die Felsnadeln zermalmte, riss Siggi wieder in die Gegenwart zurück. Die seitlichen Gesimse, die stehen geblieben waren, wirkten wie Schienen, sodass die Geschwindigkeit der Felskugel kaum abnahm. Durch den Spurt hatten die Fliehen-den ein paar Meter Vorsprung gewonnen, aber nun verlangsamte Laurion wieder das Tempo, denn er musste versuchen, weitere Fallen auszumachen.
    Siggi lief der Schweiß von der Stirn. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er ihn weg, bevor ihm die salzige Brühe in die Augen laufen und ihn blenden konnte – und das womöglich für den Rest seines Lebens. Denn konnte Siggi auch nur einen Moment nichts sehen, mochte er im nächsten Augenblick tot sein, weil er entweder eines von Laurions Ausweichmanövern nicht mitbekam und so in eine Falle lief oder aber stolperte und Sekunden darauf zermalmt wurde.
    Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte ihm, dass der Fels wieder aufholte. Unaufhörlich kam die massive Kugel näher …
    Laurion lief unbeirrt voran, versuchte weiter, das Unmögliche möglich zu machen. Mit fast schon wahnwitzigem Tempo wechselte er immer wieder die Richtung. Doch hatte das alles überhaupt einen Sinn? Entkamen sie den Tücken auf ihrem Weg, so war der Krach hinter ihnen Mahnung genug, das es nicht reichen würde.
    »Nach rechts!«, schrie Laurion völlig unerwartet voll wilder Hoffnung.
    Siggi konnte es nicht fassen. Dort vor ihnen war eine Gabelung.
    Noch fünf Schritte, so viel, wie der Fels hinter ihnen war.
    »Links!«, gellte plötzlich Yngwes Stimme hinter ihnen, als Laurion schon zu einem Haken zur anderen Seite des Ganges ansetzte.
    Ohne

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