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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Vercelli, um genau zu sein. Er ist der Kapitän des Schiffes, das uns auf schnellster Route nach Italien bringen wird.«
    »Signore Delãny«, sagte Vercelli. »Signore Dun.«
    »Abu Dun«, verbesserte ihn der Nubier. »Ohne Signore und mit Abu.«
    »Ja, Hasan hat mich schon davor gewarnt, dass du einen … besonderen Sinn für Humor hast«, sagte Vercelli.
    »Siehst du mich lachen?«, fragte Abu Dun.
    Andrej deutete auf den Schriftzug, der auf dem Deckblatt der Schiffspapiere prangte. »So wie ein italienischer Kapitän, der ein Schiff mit einem arabischen Namen befehligt?«
    »Und mit einer arabischen Mannschaft«, bestätigte Vercelli. »Aber bis wir in Italien angekommen sind, trägt sie einen anderen Namen, und das einzig Arabische an Bord werden ein paar Säcke mit Gewürzen sein, die ich mit einer schon fast obszön großen Gewinnspanne auf dem Markt zu verkaufen gedenke.«
    »Dann wünsche ich dir viel Glück«, sagte Andrej. Er wollte weitergehen, doch Hasan zeigte erneut auf den Stuhl, während Ali wie zufällig mit verschränkten Armen vor die Tür trat. In Abu Duns Augen blitzte es voller Vorfreude auf, aber noch weniger als nach Feiern war Andrej im Moment nach Streit zumute. Also bedachte er Abu Dun mit einem mahnenden Blick und setzte sich.
    »Der mögliche Gewinn wird dir nicht viel nutzen, wenn man uns alle aufgehängt hat, das ist dir doch klar, oder?«, fragte er.
    »Oder verbrannt, was wahrscheinlicher ist«, fügte Abu Dun hinzu.
    »Man könnte meinen, dass du uns diesen kleinen Ausflug mit aller Macht ausreden willst«, sagte Vercelli amüsiert.
    »Du weißt, warum wir nach Rom fahren?«
    »Selbstverständlich weiß er es«, antwortete Hasan an Vercellis Stelle. »Ich habe keine Geheimnisse vor meinen Männern.«
    »Vor mir aber schon«, antwortete Andrej.
    »Du gehörst ja auch nicht zu meinen Männern«, erwiderte Hasan amüsiert. »Aber ich habe getrunken, bisher entwickelt sich alles zu meiner Zufriedenheit, und ich habe hervorragend gegessen, also bin ich in guter Stimmung … was genau willst du wissen?«
    »Was dieser ganze Irrsinn soll«, sagte Andrej. »Wenn du einen neuen Glaubenskrieg anzetteln willst, dann gibt es dafür weiß Gott einfachere Wege.«
    »Und ungefährlichere«, fügte Abu Dun hinzu. »Für uns.«
    »Einen neuen Glaubenskrieg?« Die Vorstellung schien den Alten vom Berge zu amüsieren. »Aber wenn ich das wollte, dann hätte ich Süleyman doch einfach nur gewähren lassen müssen, oder? Dieser Wahnsinnige war schon dabei, einen neuen Feldzug vorzubereiten. Hat er dir das nicht erzählt?«
    »Das kann immer noch passieren«, sagte Abu Dun. »Niemand weiß, dass Süleyman tot ist.«
    »Um seinen Doppelgänger wird sich zu gegebener Zeit gekümmert werden«, versicherte Hasan. »Süleymans Bruder wird ihm auf den Thron folgen. Ich würde ihn nicht unbedingt einen Friedensapostel nennen, aber er ist auch nicht annähernd so wahnsinnig, wie Süleyman es war.«
    »Oder du«, schnaubte Abu Dun.
    »Und was euren Heiligen Vater auf dem goldenen Thron in seinem Tempel der Bescheidenheit – dem Petersdom – angeht, so ist auch er ein Mann, der den Begriff vom Schwert Gottes vielleicht ein wenig zu wörtlich nimmt.« Hasan schüttelte den Kopf. »Wenn mir an einem neuen Kreuzzug läge, ganz gleich in welcher Richtung, dann bräuchte ich mich nur zurückzulehnen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.«
    »Jetzt verstehe ich«, sagte Abu Dun. »Die ganze Welt hat dir all die Zeit über bitter Unrecht getan. Du bist in Wahrheit ein verkannter Friedensstifter.«
    »Es geht nicht um Krieg oder Frieden«, sagte Hasan ernst.
    »Worum dann?«, fragte Andrej.
    »Das kann ich dir nicht sagen«, antwortete Hasan. Das Lächeln kehrte in seine Augen zurück. »Es gibt Dinge, die bleiben in unseren Reihen. Du könntest dich mir anschließen. Ich würde es begrüßen, und du wirst feststellen, dass unsere Ziele in vielen Punkten sehr ähnlich sind.«
    »Nur nicht die Wahl unserer Mittel.«
    »Überleg es dir«, sagte Hasan. »Ich könnte dir Alis Posten anbieten. Du wärst ein hervorragender Anführer. Natürlich müsstest du ihn töten, aber ich zweifle nicht daran, dass dir das gelingt.«
    Ärgerlich setzte Andrej zu einer Antwort an, doch dann lachte Hasan leise und brachte ihn mit einem erneuten Kopfschütteln zum Schweigen. »Jetzt verdirb uns nicht den Abend, Andrej! Es war eine angenehme Gelegenheit, noch einmal zusammenzukommen, und es wird vielleicht die letzte sein für lange Zeit.

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