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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bereits gebrochen, bevor er antwortete. »Wenn Ihr darauf besteht … aber ich sage Euch gleich …«
    »Tut es einfach!«, unterbrach ihn Hasan kalt, und dieses Mal wagte es Masud nicht, ihm noch einmal zu widersprechen. Unglücklich ging er weiter, und als Andrej ihm folgen wollte, machte Hasan eine abwehrende Handbewegung und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
    Andrej tauschte einen ebenso überraschten wie alarmierten Blick mit Abu Dun, der nur ratlos mit den Achseln zuckte. Schweigend sahen sie zu, wie sich Masud dem Haus näherte, hinter dessen Fenstern die gleiche Dunkelheit herrschte wie hinter denen der Nachbarhäuser, noch einmal stehen blieb und Hasan einen fast flehenden Blick über die Schulter zurück zuwarf – den dieser ignorierte – und schließlich die Hand hob, um so zögerlich mit den Fingerknöcheln gegen die Tür zu klopfen, dass Andrej bezweifelte, ob es irgendjemand hörte, der nicht über so scharfe Sinne verfügte wie Abu Dun und er.
    Nichts geschah. Wieder sah Masud flehend zurück zu Hasan, bekam ein ebenso breites wie herzliches Lächeln zur Antwort und klopfte noch einmal, dieses Mal lauter.
    Auch jetzt erfolgte keine Reaktion.
    Masud atmete so hörbar auf, als wäre eine Zentnerlast von seinen Schultern genommen worden, trat einen halben Schritt von der Tür zurück und ließ den Arm sinken. Er hatte die Bewegung noch nicht ganz beendet, da wurde die Tür von innen geöffnet, und eine schmale Hand griff heraus, packte seinen Arm und riss ihn mit solcher Gewalt ins Haus, dass es war, als würde es ihn verschlucken. Er kam nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen.
    Andrej und Abu Dun überwanden ihre Überraschung als Erste. Hasan und Ali einfach beiseitestoßend stürmten sie los. Als die Tür ebenso schnell wieder zuschwang, wie sie sich gerade geöffnet hatte, machte Abu Dun sich nicht die Mühe, sie aufzufangen, sondern rannte einfach hindurch, sodass sie in einem Hagel aus Holzsplittern und Staub in die Hütte stürmten.
    Vollkommene Dunkelheit empfing sie, und ein Schwall grässlich süßlichen Geruchs schlug ihnen entgegen. Andrej spürte mehr, als er sah, wie Abu Dun vor ihm einen fast albern anmutenden Hüpfer machte, versuchte unwillkürlich die Bewegung nachzuahmen und schaffte es nicht, sondern stolperte über etwas Weiches und sehr Schweres. Zweifellos wäre er der Länge nach gestürzt, hätte Abu Dun nicht blitzschnell zugegriffen und ihn aufgefangen.
    Mit einem weiteren, wenig eleganten Stolperschritt zur Seite fand Andrej sein Gleichgewicht wieder und atmete erleichtert auf – was sich als wenig umsichtig erwies, denn der Gestank war so übermächtig, dass er ihm nicht nur schier den Atem nahm, sondern ihm auch prompt leicht übel wurde. Es kostete ihn keine Mühe, das flaue Gefühl im Magen zurückzudrängen, bevor es samt dessen Inhalt den Weg seine Kehle hinauffand, aber nun war er wirklich alarmiert. Etwas Totes war hier drinnen.
    »Was …?«, begann er und brach augenblicklich wieder ab, als Abu Dun hastig die Hand hob. Auch diese Geste spürte er nur, denn es war so dunkel, dass er den Nubier nicht sah, obwohl der doch unmittelbar vor ihm stand.
    »Still!«, zischte Abu Dun. »Hör!«
    Gehorsam lauschte er, aber da war nichts. Beunruhigt nahm er Zugriff auf die Sinne des Vampyrs, die ihm zur Verfügung standen, doch alles, was er hörte, waren seine und Abu Duns Atemzüge und Herzschläge und die unruhigen Stimmen der Männer draußen vor der Tür.
    »Hier ist nichts«, flüsterte er.
    Andrej konnte Abu Duns Nicken hören und sich seinen grimmigen Gesichtsausdruck vorstellen.
    »Eben«, knurrte der Nubier.
    Und jetzt, endlich und mit einer Verzögerung, die ihn ärgerte, begriff Andrej: Es war zu still.
    Sie hatten gesehen, wie jemand Masud gepackt und ins Haus gezerrt hatte, und Abu Dun und er waren ihm im Abstand einer halben Sekunde gefolgt. Selbst wenn es dem dreisten Entführer und seinem verdutzten Opfer irgendwie gelungen wäre, den Raum in dieser Zeit durch einen anderen Ausgang zu verlassen, hätte er ihre Schritte und die Geräusche ihrer Flucht hören müssen und vermutlich sogar noch ihre Herzschläge. Der Raum war jedoch vollkommen still, als hätte es hier drinnen niemals etwas Lebendiges gegeben.
    Andrej wollte diesen Gedanken nicht denken. Er erschreckte ihn. Schon weil er tief in seinem Innern längst wusste, was er bedeutete.
    Sehr viel beunruhigter, als er es sich selbst eingestehen wollte, ließ er sich in die Hocke sinken und tastete

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