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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beinahe unmerklich in Alis Richtung, und der hochgewachsene Krieger bückte sich und hob den abgeschlagenen Kopf des Angreifers an den Haaren auf.
    »Ich glaube, ich kenne den Mann«, sagte Masud.
    Wenn das stimmte, dachte Andrej, dann musste er ihn wohl wirklich gut gekannt haben, denn selbst ohne den Dolchgriff, der wie ein bizarres Schmuckstück aus seiner Stirn ragte, hatte das Gesicht nicht mehr viel Menschliches.
    Und doch …
    Abu Dun sprach es im gleichen Moment aus, in dem es Andrej klar wurde. »Das ist der Kerl, der das Mädchen angegriffen hat.«
    Wenn man es genau nahm, dann war es wohl eher andersherum gewesen, dachte Andrej, doch der Nubier hatte recht. Er hatte den Mann nur einen kurzen Augenblick lang gesehen, aber er erkannte ihn trotzdem.
    »Seid Ihr … sicher?«, fragte Hasan zögernd. Andrej glaubte zu seinem Erstaunen, einen nervösen Unterton in seiner Stimme wahrzunehmen.
    »Ja. Ich weiß seinen Namen nicht, aber ich kenne ihn.«
    »Und Ihr wisst, wo er wohnt?«
    »Im Händlerviertel, nicht sehr weit von hier. Ja. Warum?«
    »Dann bringt uns dorthin«, sagte Hasan anstelle einer Antwort und im scharfen Ton eines Befehles, der keinen Widerspruch duldete. »Sofort!«

Kapitel 11
    D as Händlerviertel war, ganz wie Masud es gesagt hatte, nicht weit entfernt und grenzte an drei Seiten unmittel bar an die Zitadelle, genauer gesagt den weitläufigen Platz, an dem sie lag.
    Doch damit erschöpften sich die guten Nachrichten auch schon.
    Mit dem letzten Licht des Tages war auch das Treiben auf dem Basar erloschen. Doch die meisten Händler hatten ihre Verkaufsstände und Wagen zwar mit Tüchern abgedeckt, sich meist aber nicht die Mühe gemacht, ihre Waren mitzunehmen, was eine Menge über die Ehrlichkeit der Menschen in dieser Stadt – oder auch die Vertrauensseligkeit der Händler – sagte, sodass das Überqueren des Platzes in der Dunkelheit nun auch nicht einfacher war als bei Tageslicht. Die Wagen und Stände schienen zu einer einzigen Masse ineinanderzufließen, in der sich Schatten bewegten und Furcht lauerte. Auch war der Platz nicht ganz so verlassen, wie es zuerst den Anschein gehabt hatte. Mehr als einmal glaubte Andrej eine Bewegung wahrzunehmen und aus unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Abu Dun und er waren nicht die Einzigen, die erleichtert aufatmeten, als sie den Basar durchquert und eine der schmalen Straßen betreten hatten, die aus allen Richtungen zugleich darin zu münden schienen.
    Doch hier fühlte er sich kaum sicherer. Die Häuser standen fast ebenso dicht wie die Marktstände. Nur hinter einigen Fenstern war Licht zu sehen, und die wenigen Menschen, denen sie begegneten, wichen erschrocken vor Hasan und dem halben Dutzend schwarz gekleideter Assassinen zurück – eine Reaktion, die Andrej beunruhigte. Auf ihrer fast zweiwöchigen Reise hierher hatte Hasan stets Wert darauf gelegt, nicht aufzufallen. Die meiste Zeit über hatten seine Männer keine Waffen getragen und niemals ihre verräterischen schwarzen Kleider und Gesichtstücher, von den mörderischen Dornenhandschuhen gar nicht zu reden. Nun hatte sich der Alte vom Berge offensichtlich plötzlich entschieden, seine bisherige Vorsicht über Bord zu werfen. Andrej fragte sich, warum, und er hatte das sehr sichere Gefühl, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
    Masud, dem Mann aus der Stadt, der sie hierher geführt hatte, schien es ganz ähnlich zu ergehen. Gehorsam und zumindest ohne laut etwas zu sagen, begleitete er sie bis zu einer Gasse, die im rechten Winkel abzweigte und nach einem knappen Dutzend Schritten vor einem Lehmklotz endete, dessen Bewohner sich vermutlich einredeten, dass er die Bezeichnung Haus verdiente.
    »Dort wohnt er«, sagte Masud mit einer Miene, die nicht den geringsten Zweifel daran ließ, dass er keinen einzigen weiteren Schritt zu tun gedachte.
    Doch Hasan schien anderer Meinung zu sein.
    »Dann bringt uns dorthin, Masud«, sagte er. »Wahrscheinlich ist es einfacher, wenn Ihr uns Eurem Freund vorstellt.«
    »Der Mann ist nicht mein Freund«, widersprach Masud. »Ich kenne ihn nicht. Ich weiß nicht einmal seinen Namen. Nur, dass er hier wohnt und mit billigem Tand und schlecht gefälschten Schmuckstücken handelt.«
    Hasan machte eine Geste, die ebenso knapp wie verärgert war. »Geht voraus!«, befahl er, zwar ohne auch nur die Stimme zu erheben, dennoch aber in einem Ton, der nicht einmal den Gedanken an Widerspruch zuließ.
    Masud zögerte kurz, doch sein Widerstand war

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