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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Reden gelangten, war eine Geschichte für sich, und in ihrer Verworrenheit von richtig und falsch ähnelte sie sehr der Geschichte des alten Matthew über das Pestkind. Es war strengstens verboten, aus dem Parlament zu berichten. Als Botenjunge war mir der Zutritt gestattet, und ich hörte Mr Pym persönlich, wie er bitter über die skrupellosen Drucker schimpfte, die um des Geldes willen seine Reden stahlen. Für diesen Missbrauch der Privilegien, so donnerte er, sollten sie in den Tower gesperrt werden.
    Eine Stunde später drückte mir Mr Ink eben jene Rede in die Hand. Mr Ink war ein Schreiber, und ich wusste, dass Mr Pym ihm vertraute und eng mit ihm zusammenarbeitete.
    Gleichwohl war Mr Pym, wie auch mein Master, ein sehr gottesfürchtiger Mann. Sie sahen sich sogar ähnlich, mit ihren steifen Spitzbärten, den schlichten schwarzen Gewändern und den weißen, gestärkten Kragen, nur dass der meines Masters glatt war, während Mr Pyms aus fein gewebter Spitze bestand. Eines Tages rief er mich zu sich und starrte auf mich herab. Sein Bart war ebenso makellos wie seine Aufmachung, jedes Haar war an seinem Platz, als sei es dort eingemeißelt.
    »Du kannst dich glücklich schätzen, für so einen gottgefälligen Mann wie Mr Black zu arbeiten«, sagte er.
    »Ja, Sir«, stammelte ich, obwohl meine Prellungen und Wunden kaum verheilt waren und glücklich nicht unbedingt das Wort war, das mir in den Sinn gekommen wäre.
    Er nahm einen Schilling aus der Tasche und hielt mir einen Umschlag entgegen. »Kennst du diese Adresse?«
    »Ja, Sir«, log ich.
    Für so viel Geld hätte ich jede Adresse gekannt, selbst im unbekannten West End, jenseits der Stadtmauern.
    »Bist du diskret?«
    Ich kannte die Bedeutung des Wortes nicht, doch erneut war ich bereit, alles zu sein, um den Schilling zu bekommen, und nickte energisch. Er wollte nicht riskieren, sich allein auf mein Nicken zu verlassen und blaffte: »Kannst du den Mund halten?«
    »Ja, Sir.«
    »Kein Wort zu niemandem, nicht einmal zu deinem Master. Verstanden?«
    Ich war nur zu bereit, dieser Bitte nachzukommen. Mein Lohn bestand aus Brot und Käse, meiner Uniform und dem Bett, und das einzige Geld, das ich jemals erhielt, stammte von Aufträgen wie diesem.
    Der Brief war an die Countess of Carlisle am Bedford Square adressiert, in der Nähe des neuen Covent Garden. Damals war es der erste öffentliche Platz in London. Nach dem Gedränge in der Stadtmitte staunte ich über die großzügigen neuen, aus Stein errichteten Häuser mit ihren Vordächern und Säulen. Ich überreichte den Brief einem herablassenden Diener namens Jenkins, der mich an der Hintertür, in der Nähe des Scheißhaufens, auf die Antwort warten ließ. Damals glaubte ich, der Haufen röche besser als unserer, da es die Scheiße einer echten Countess war. Inzwischen denke ich, dass er, im Gegensatz zu unserem, einfach nur regelmäßig von den Straßenkehrern gesäubert wurde.
    Von Will aus dem Pot erfuhr ich, dass die Countess of Carlisle die Geliebte des Earl of Strafford gewesen war, eines ehemaligen Günstlings des Königs, den man hingerichtet hatte. Sie war eine enge Freundin der Königin. Was also hatte sie sich mit Mr Pym zu schreiben? Ich stellte mir vor, es seien Liebesbriefe, die ich überbrachte, da ich selbst verliebt war. Tief und hoffnungslos, in Mr Blacks Tochter Anne.
    Anne hatte über meine nackten Füße gelacht, als ich zum ersten Mal zum Half Moon Court gekommen war. Sie waren groß und schwarz wie das Pech, das in die Haut eingewachsen war. Die riesigen knochigen Zehen konnte ich wie Finger beugen. Sie heulte lachend auf, als sie sah, wie ich eine Feder mit meinen Zehen aufhob, und sagte, ich sei wie ein Affe, den sie einmal auf der Schulter eines Edelmanns gesehen hatte. Seitdem nannte sie mich Affe.
    Ich versuchte, sie zu hassen. Zu meiner Schande strafte ich sie mit einem Fluch. Nicht mit einem, von dem sie so etwas wie die Pocken bekäme, denn ich konnte nicht zulassen, dass ihrer Haut, die wie Milch und Honig war, irgendetwas zustieß. Der Fluch, so hatte Matthew mir beigebracht, musste sich auf das angetane Unrecht beziehen, also verfluchte ich ihre Füße, die winzigen Mäusen gleich unter ihrem Rock hervorlugten und wieder verschwanden. Ich gebot ihnen zu wachsen, bis sie größer waren als meine. Ich kratzte etwas abgestorbene Haut von meinen Fußsohlen und schmuggelte sie in ihre Lieblingsschuhe.
    Als sie sich beschwerte, die Schuhe würden drücken, und ihre Mutter

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