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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Leuten in abgelegenen Gegenden, die Heirat durch einen Händedruck besiegelten, alles ohne den Segen der Kirche.
    Ich blätterte zurück zum Jahr 1625. Die Seiten waren zusammengeklebt. Kein Wunder, dass meine Hände zitterten. Seit diese ganze Geschichte losging, hatte ich gegen den Makel einer illegitimen Geburt zu kämpfen. Erst jetzt, als ich davor war, diesen Umstand möglicherweise zu widerlegen, begriff ich zur Gänze, wie sehr er meine Seele belastet hatte, so sehr ich auch versucht hatte, ihn kleinzureden oder mit einem Achselzucken abzutun. Ich war so fahrig, dass ich eine Seite einriss. Mühsam beherrschte ich mich. Im Jahr 1626 gab es keine Eintragungen, was ich nachvollziehen konnte, schließlich hatte es zwischen Mark Stevens Weggang und Edward Stonehouse’ Übernahme der Pfarrei eine Lücke gegeben. Doch zu meiner größten Enttäuschung gab es auch für das Jahr 1625 keine Eintragungen. Hektisch fingerte ich an den Seiten herum, überzeugt, dass zwei zusammenkleben mussten, doch dem war nicht so. Es gab keine Ehe, und ich würde für immer ein Bastard bleiben müssen. Sie hatte entweder nie stattgefunden oder war lediglich ein Hirngespinst meiner Mutter gewesen.
    Dann, als ich das Buch zur letzten Seite zurückblätterte, bemerkte ich etwas, das nur jemandem auffallen konnte, der ebenso gewissenhaft ausgebildet worden war wie ich von Mr Black: ein kleines Fitzelchen Papier mit angeschnittener Kante, eingeschlossen in einen Tropfen Leim, wie eine Fliege im Bernstein. Ich drehte das Buch um, hielt es ins Licht und besah mir die Bindung genauer. Ja. Es gab keinen Zweifel. Die Seite für 1625 war entfernt und die Bindung erneuert worden. Ich war so eingenommen von meiner eigenen Klugheit, die zu dieser Entdeckung geführt hatte, dass ich nicht bemerkte, wie sich jemand in den Raum schlich, bis mir die Pistole aus dem Gürtel gerissen wurde. Ich stieß gegen den Tisch und ließ das Buch fallen, die Tinte spritzte aus dem Horn, und die Feder fiel trudelnd zu Boden.
    Mit triumphierender Miene richtete Edwards Sohn Phillip die Pistole auf mich.
    »Tretet zurück, Sir! Oder ich schieße!«
    »Gib mir die Waffe.«
    »Nein, Sir! Bleibt, wo Ihr seid, oder ich erschieße Euch!« Die Pistole war nicht gespannt, aber er musste einem Jäger zugesehen haben oder möglicherweise sogar Schießunterricht erhalten haben, denn er nestelte daran herum, um den Hahn zu spannen. Er wich zurück. Die Pistole mit dem langen Lauf war zu schwer für ihn, schwankte hin und her, doch durch Versuch und Irrtum fand er den Verschlusshebel und könnte jeden Moment feuern. Ich stürzte mich auf ihn, packte die Pistole und blockierte den Hahn mit meinem Finger. Mit einem Ruck wich er zurück, stieß sich den Kopf am Türrahmen und ging benommen zu Boden. Innerhalb eines Augenblicks verwandelte er sich von einem Mann zurück in einen Jungen, der aussah, als würde er gleich zu weinen anfangen. Als ich auf ihn zuging, um ihm zu helfen, kroch er von mir fort und schrie mir zu, dass ich, wenn ich ihn erschießen würde – und noch dazu in der Kirche –, gewiss in die Hölle käme. Ich versicherte ihm, dass ich nicht die Absicht hätte, ihn zu erschießen, obwohl er dasselbe beinahe mit mir gemacht hätte, und hätte ihm dann nicht dasselbe Schicksal gedroht?
    »Nein, Sir!« Mit trotzig finsterem Blick stand er auf und hatte seinen Mut rasch wiedergefunden. »Denn ich bin gut und von edler Geburt, und Ihr seid schlecht und niederträchtig. Ihr seid ein Dieb, Sir, und das werde ich meinem Vater sagen, und der wird Euch hängen lassen!«
    Ich ging in die Hocke, so dass ich genauso groß war wie er. »Ich bin kein Dieb, Phillip. Ich versuche, einen zu fangen.«
    Ungläubig sah er mich an. »Wen? Was hat er gestohlen?«
    »Mich«, sagte er leise. »Das, was ich bin.« Zum ersten Mal sah er mich unsicher an. Er verstand mein Auftreten, nicht meine Worte. Ich deutete auf das Kirchenbuch. »Vielleicht kannst du deinen Vater fragen, wer die Seite mit den Eheschließungen des Jahres 1625 herausgerissen hat.«
    Er starrte mich noch einen Moment lang an, ehe er unvermittelt davonrannte. Ich rief ihm nach: »Was würdest du sagen, wenn ich dein Stiefbruder wäre?«
    An der Kirchentür blieb er stehen und schrie: »Ich würde Euch einen Lügner nennen, Sir!«, ehe er hinausrannte.
    Eine Sache blieb noch zu tun. Ich ging zwischen den Grabsteinen hindurch. Einige waren leer, andere mit Totenschädeln oder geflügelten Engeln verziert. An der

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