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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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diesem Tag nicht mehr kämpfen würden, dass wir wieder nur umeinander kreisen und herummanövrieren, noch mehr Psalmen singen und Reden halten würden. Dann sahen wir, wie ihre Kavallerie vorsichtig, beinahe gesetzt, sich ihren Weg den steilen Abhang hinunter bahnte. Eine Steinlawine brach los, und ein Pferd wäre beinahe gestürzt. Als der Boden nur noch sanft abfiel, fiel die Kavallerie in Trab, und schließlich blies ein Trompeter zum Angriff.
    Wie erstarrt sah ich zu, gefesselt von dem Anblick und den Geräuschen, den Farben der Wimpel, dem Aufblitzen der gezückten Schwerter. Mir war, als sähe ich eine Vorstellung auf einem Turnierplatz. Ich war wieder der Junge, der die Sehenswürdigkeiten Londons bestaunt, den Prunk, die königliche Parade. Auch andere standen gaffend da. Wir waren alle aus London, waren Drechsler, Schneider, Gerber, Bäcker und Drucker, Kutscher und Fährmänner. Manche trugen immer noch die Kleidung ihres Handwerks. Wir waren hart ausgebildet worden, doch nur im Exerzieren und in Waffenbefehlen, von denen es allein achtundvierzig für die Muskete und fünfundsechzig für den Spieß gab. Die einzige Kampferfahrung der meisten von uns bestand darin, Teil des Mobs in London gewesen zu sein. Aus diesem Grund waren so viele von uns wie hypnotisiert von dem wunderbaren Spektakel, das über die Wiesen Kinetons auf uns zugaloppiert kam.
    »Stellt eure verdammten Spieße auf«, brüllte Jed, der weniger Phantasie, aber weit mehr Vernunft besaß.
    Bei diesem ersten Angriff waren die Musketen von ebenso geringem Nutzen wie die Kanonen. Ein Pferd wurde getroffen, und ich sah den Kopf eines Mannes verschwinden, während sein Pferd weiterlief, eine Hand hielt noch die Zügel umklammert, die andere sein wegrutschendes Schwert. Die meisten Soldaten hatten ihre Musketen zu früh abgefeuert, und es blieb keine Zeit, sie erneut zu laden. Die gegnerischen Reiter näherten sich in einem schrägen Winkel, zerschlugen die Flanke unserer Kavallerie und stürmten auf die erste Kampflinie der Infanterie zu, die daraufhin die Flucht ergriff. Ein Mann rannte schreiend auf uns zu, Blut sprudelte aus einer Schwertwunde an seinem Hals. Er fiel, und Jed stolperte fast über ihn, ehe er ihn beiseiteschob.
    »Haltet eure Spieße hoch!«, schrie Will. »Wenn ihr davonlauft, seid ihr tot!«
    Er stand da, schlug auf die fliehenden Soldaten ein und flehte sie an, zu bleiben und zu kämpfen, während Luke, der alle Regeln über das Nachladen der Musketen gebrochen hatte, versuchte, Ruhe unter die sich zerstreuenden Musketiere zu bringen, mit einer Art gezwungener, benommener Höflichkeit.
    »Zündschnur anpassen. Nachladen. Präsentieren.«
    Die wiehernden Pferde mit geweiteten Nüstern waren ebenso verängstigt wie die Männer. Eines rannte in die aufgestellten Spieße, als sei es ein Zaun bei der Jagd. Es stürzte zu Boden, hatte sich selbst aufgespießt, und gelbliche Eingeweide quollen auf die Wiese, die unter dem aufgewühlten Schlamm verschwunden war. Das Pulverhorn mit dem Schießpulver am Hals eines Musketiers unter Lukes Kommando fing Feuer, und eine Ladung setzte die andere in Brand. Er wirbelte herum wie ein schreiendes Feuerwerk, schlug sich auf seine brennende Kleidung und fiel von hinten in unsere Linie, gerade als das um sich tretende sterbende Pferd von vorn hineinstürzte. Schlitzend und hackend brachen die Cavaliere durch und galoppierten weiter. Nur einer zügelte sein Pferd und schwenkte um. Selbst in diesem Moment sah ich darin vor allem ein Bespiel meisterhafter Reitkunst. Richard hielt sich tief im Sattel, die schwache Andeutung eines Lächelns auf den Lippen, und konzentrierte sein ganzes Sein auf die Spitze, nicht die Klinge seines Schwertes. Wie gelähmt von diesem Anblick stand ich da, bis die Klinge nur noch wenige Zoll von mir entfernt war und ein gewaltiges Gebrüll ertönte, das eher von einem Tier als von einem Menschen zu stammen schien. Jed hob den hinteren Teil seines Spießes an und schlug damit die Klinge fort. Richard versetzte ihm einen Hieb. Jed taumelte und ließ seinen Spieß fallen. Schreiend richtete ich meinen in die Höhe. Richards Pferd bäumte sich auf und warf ihn beinahe ab, ehe es von den letzten angreifenden Pferden wie von einer Woge mitgerissen wurde.
    Genauso plötzlich, wie sie gekommen waren, waren sie wieder verschwunden und führten nicht wenige unserer Pferde mit sich. Wenn sie hinter unserem Rücken kehrtgemacht hätten, wäre es vorbei gewesen. Doch unsere Gegner

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