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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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heraus.
    Er schluckte ebenfalls und atmete schwer. »Antworte ihm!«
    Zwei Wörter brachte ich heraus. »Komme gleich!«
    Dort, wo er mich hingeschleudert hatte, lag ich näher bei der Tür. Ich konnte gerade noch den Rand des Feldlagers sehen. Luke, dessen Kopf inzwischen bandagiert war, ging im Schein des Feuers umher und blickte in Richtung der Ställe.
    Bring ihn dazu, weiterzureden, befahl ich mir selbst, aber mein Verstand war wie blockiert. Alles, was ich hervorbrachte, war ein dümmliches Gestammel.
    »Habt Ihr sie geliebt?«
    »Sie geliebt?« Er stieß ein ungläubiges Lachen aus. »Ich habe von Anfang an gewusst, was sie war.«
    Sein Vater, sein lieber Vater, sagte er, und in seiner Stimme lagen sowohl Sehnsucht als auch Hass, habe ihm nie für irgendetwas Anerkennung gezollt. Doch er hatte Margaret Pearce durchschaut, als sie in tiefstem Schwarz zur Beerdigung ihres Vaters kam. Ob er sich von ihr angezogen gefühlt habe? Natürlich! Das erging jedem so. Aber er kannte die Frauen. Er hatte genug von ihnen gehabt.
    »Wie Jane«, konnte ich mich nicht enthalten einzuwerfen, als mir die Geschichte einfiel, die sie mir in Turvilles Haus erzählt hatte.
    »Jane?«, fragte er.
    Er hatte sie vergessen. Ich verfluchte mich, dass ich ihn abgelenkt hatte, aber es spielte keine Rolle. Als stünde er unter Zwang, fuhr er fort, getrieben davon, über etwas zu reden, von dem er nie zuvor einer lebenden Seele erzählt hatte. Väter und Söhne! In beinahe jedem seiner Worte schwangen Stolz und Hass auf seinen Vater mit. Sein Vater war der klügste, scharfsinnigste aller Männer, aber ein vollkommener Narr, sobald es um Frauen ging. Seine Frau hatte ihn um den kleinen Finger gewickelt. Als sie starb, hatte er nie aufgehört, sie zu betrauern – bis er Margaret Pearce in tiefstem Schwarz sah.
    Oh, es gab keinen Mann bei der Beerdigung, der nicht mit ihr mitfühlte, sagte Richard, hier oben – er tippte sich an den Kopf – und hier unten – er schlug sich klatschend auf den Schritt. O ja, er wollte sie! Und wie er sie wollte!
    Luke sagte etwas zu Ben, ihre Schatten hüpften und schwankten im Feuerschein. Dann schlenderte Luke langsam und gemächlich, als genieße er nach der Hitze des Gefechts die kalte schneidende Luft, auf die Ställe zu, wo wir uns befanden. Ich betete darum, dass er sein Schwert bei sich hatte.
    Am Tag der Beerdigung, erzählte Richard, wurde er ins Studierzimmer seines Vaters gerufen. Nachdem Lord Stonehouse mit der Auflistung seiner Verfehlungen fertig war und Richard bereits Anstalten machte zu gehen, fügte er noch hinzu: »Margaret Pearce. Respektiere ihre Trauer.« Das war alles. Respektiere ihre Trauer, zusammen mit einem eindringlichen Blick aus diesen schwarzen Augen.
    »Ich war – wie alt bist du?«
    »Siebzehn.«
    »Ich war neunzehn! Neunzehn! Ich glaube, er hat bis dahin nur meine Mutter gekannt. Ich hatte Huren gehabt, Dienstmädchen, selbst eine Hofdame, die alt genug war, um meine Mutter sein zu können und die mich mehr über die Hinterlist eines Frauenherzens lehrte, von deren Ausmaß mein Vater nicht einmal etwas ahnte. ›Respektiere ihre Trauer!‹ Mit anderen Worten, Finger weg, sie gehört mir. Er war blind und sah nicht, auf was er sich da einließ, was sie tat. Ich wusste, wofür sie ihre Trauer benutzte! Zur Verführung, der raffiniertesten Form der Verführung.«
    In seiner Stimme schwang eine grimmige Bewunderung mit, und plötzlich erkannte ich, dass meine Mutter und er aus demselben Holz geschnitzt waren. Seine Augen glänzten, und das Schwert zitterte. Vielleicht hatte er sie auf seine Weise doch geliebt, und sie hatte diese Liebe auf ihre Weise erwidert. Dann bekam seine Stimme einen scharfen, verbitterten Beiklang.
    »Ich wusste genau, was sie tat.«
    »Sie plante insgeheim, Highpoint zu übernehmen.«
    Er ließ das Schwert sinken. »Woher weißt du das?«
    Ich dachte an das, was Kate mir erzählt hatte, und schüttelte den Kopf. Origo mali, die Quelle des Bösen. Der Familienbesitz. Unvermittelt empfand ich zum ersten Mal einen winzigen Hoffnungsschimmer, dass wir einander die Hand reichen und uns möglicherweise eines Tages sogar verstehen könnten. Ich machte einen zaghaften Schritt auf ihn zu. Das Schwert hob sich. Luke schlenderte auf die Ställe zu, doch ich bemerkte ihn erst, als er stehen blieb. Er musste Richards Klinge in der Tür aufblitzen gesehen haben, denn er hob seine Hand zum Gürtel.
    »Warum habt Ihr es ihm nicht gesagt?«
    »Es ihm gesagt?! Es

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