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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Stadt werden und trotz meiner Füße Anne heiraten. Ich würde eine eigene Druckerei mit Buchladen am St. Paul’s Kirchhof eröffnen, und in ein paar Jahren würde ich der Lord Mayor von London werden.
    So flog ich durch die süßen Traumstraßen dahin und war so darin vertieft, dass ich den üblen Geruch am Smithfield Market kaum wahrnahm, obgleich er zehnmal stärker war als in den anderen Straßen. Der Gestank traf meine Nase im selben Moment, in dem ich merkte, dass etwas oder jemand hinter mir war.
    Ich tauchte in eine dunkle Gasse ab, meine Schritte hallten laut. Abrupt blieb ich stehen. War es wirklich das Echo oder waren es die Schritte eines Mannes, der mir dichtauf folgte? Ich stopfte die wertvollen Papiere in meinen Beutel.
    »Wer da?«
    Ich vernahm ein verstohlenes Scharren und trat nach der Ratte, die vor meinen Füßen vorbeihuschte. Ich war ein Narr, dass ich diesen Weg gewählt hatte. Ich hätte den langen Weg am Old Bailey entlang nehmen sollen. Hier gab es Vagabunden, die sich mit den Roten Milanen und Raben um die Schlachtabfälle stritten. London, so wusste ich, weil es in einem der Flugblätter gestanden hatte, die ich verkaufte, war inzwischen größer als Paris und damit die größte Stadt der Welt. Zu Tausenden zog sie Arme und Verzweifelte an, die mich um der Schirmmütze auf meinem Kopf willen meucheln würden.
    Atemlos eilte ich auf den eigentlichen Markt und hielt dabei eine Hand vor die Nase. Es roch nach altem Blut und Urin. Ich sprang zur Seite, als eine Schar Raben sich über eine gelbe Masse von Innereien hermachte. Der Mond war aufgegangen und warf lange dunkle Schatten in die Ställe, in die man in der Morgendämmerung die Rinder brachte, die anschließend geschlachtet und verkauft wurden.
    Der ganze Platz war verwaist und still, bis auf die kreisenden, krächzenden Raben. Ein Milan schoss herab. Er setzte den Ratten nach, die in der Nacht aus ihren Löchern krochen, um sich am Markt fett zu fressen. Hinter der Scheune, in der Heu gelagert wurde, ertönte ein Klappern, als sei ein Eimer umgekippt. Ich sah den Schatten des Mannes, ehe ich ihn selbst sah. Ich kletterte über einen Marktstand und sprang vor Entsetzen über einen zweiten, etwas, das ich nie zuvor geschafft hatte. Ich hörte den Mann fluchen, als er auf einem Kuhfladen ausrutschte.
    Er war zwei Marktstände hinter mir. Noch eine Bude, und ich hätte Cloth Fair erreicht, und in den verwinkelten Gassen und Höfen, die mir vertraut waren, würde er mich nie erwischen. Ich verhöhnte ihn, als ich mich daran machte, vom letzten Marktstand zu springen. Dann blieben mir die Worte im Halse stecken, als ich direkt vor mir Metall aufblitzen sah. Ein zweiter Mann trat aus dem Schatten der Mauer und schnitt mir den Weg nach Cloth Fair ab. Es war der Mann mit dem Biberhut aus der Schänke.
    Ich zog meinen Dolch aus dem Gürtel, die einzige Waffe, die ein Lehrjunge mit sich führen durfte. Er war so gut wie nutzlos gegen das Schwert, das der Mann gezogen hatte, doch er zögerte – nicht wegen des kümmerlichen Dolchs, sondern wegen der Rinne in der Mitte der Straße, in der ein toter Hund schwamm und in die ich zurückwich.
    In jenen Straßen musste man einen Mann innerhalb eines Augenblicks einschätzen können. Sein indigoblauer Leibrock war mit den Resten seiner letzten Mahlzeiten beschmutzt, der Umhang geflickt. Auch sein Gesicht, bärtig wie eine Imitation seines Königs, eingesackt und geädert, hatte schon bessere Tage gesehen. Doch es war der Ausdruck in seinem Blick, der mir verriet, wie ich ihm möglicherweise entkommen könnte. Seine Miene spiegelte eine Mischung aus Arroganz und Abscheu und zeigte mir, dass er das war, was wir Lehrjungen einen Mauermann nannten. In den engen Gassen würde er, komme was wolle, sich dicht an die Häuserwände halten, Vorübergehende rüde beiseite stoßen und sie in den Graben zwingen.
    Ich tat, als würde ich mich auf ihn stürzen, doch als er sein Schwert hob, duckte ich mich darunter und rannte durch den Graben zur gegenüberliegenden Häuserwand. Ich hatte recht. Er überquerte den Graben nicht, sondern stieß aus der Entfernung nach mir. Er erwischte mich und schlug mir fast die Mütze vom Kopf. Ich schwankte, rannte jedoch weiter. Ich wäre auch fast entkommen, doch der andere Mann, der nicht solche Abneigung gegen den Graben hatte, packte mich von hinten.
    Er hatte einen Griff wie der Kiefer einer Bulldogge. Der Dolch fiel mir aus der Hand.
    »Hast du das gesehen, Crow«, sagte

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