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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Richtblock! Schafft ihn hier raus!«
    Zwei der kräftigsten Abgeordneten packten Strode und bugsierten ihn unsanft am Sessel des Speakers vorbei. Speichel spritzte ihm aus dem Mund, als er energisch protestierte und sich auf die Rechte und Privilegien des Parlaments berief. Die fünf Mitglieder des Unterhauses verschwanden, während auf der Treppe von Westminster Hall Stimmengewirr und Gelächter sowie Stiefelgepolter zu hören war. Der Rest des Unterhauses sprach aufgeregt und ängstlich in kleinen Gruppen.
    Der Speaker nahm wieder auf seinem Sessel Platz und sagte: »Ruhe bitte! Ruhe! Sir Edward Hyde trug ein Argument vor, die Einschiffung der Truppen für Irland vom Hafen in London betreffend. Wünscht jemand etwas darauf zu erwidern?«
    Die Mitglieder des Parlaments folgten seinem Beispiel und kehrten zu ihren Plätzen zurück. Mr Hyde erhob sich und sagte, vielleicht könne er seine Anmerkung noch weiter ausführen, und die Mitglieder lauschten aufmerksam, als hätte es nie eine Unterbrechung gegeben. Das Trommeln der Stiefel und das Klirren der Schwerter draußen in der Lobby wurden lauter. Die Tür öffnete sich.
    Edward Hyde nahm seinen Hut ab. Alle Mitglieder des Parlaments erhoben sich gleichzeitig und nahmen ihre Hüte ab. Ich sah allein die Wirkung, nicht die Ursache, doch als alle Augen auf die geöffnete Tür gerichtet waren, hob ich vorsichtig den Kopf und erblickte den König, der seinen Hut ebenfalls abnahm und allein den Sitzungssaal betrat. Lächelnd nickte er Mr Hyde und einigen anderen Parlamentsmitgliedern zu, die er auf seiner Seite wähnte. Er wirkte so ungezwungen, so zuvorkommend, dass es wie ein Höflichkeitsbesuch hätte aussehen können, wäre da nicht das raue Gesicht des Earl of Roxburgh gewesen, der finster dreinblickend in der Tür stand, hinter ihm ein Trupp Söldner, die ihre Schwerter aus den Scheiden zogen. Einige der jüngeren Höflinge grinsten und spannten ihre Pistolen, doch es waren die Söldner, die mich erschaudern ließen. Reglos und stumm standen sie da, den kalten Blick in den Saal gerichtet, die Hände locker in der Nähe der schräg hängenden Schwerter.
    »Dürfte ich Euch um Euren Platz bitten, Mr Speaker?«, bat der König.
    Mr Lenthall stand auf und setzte sich auf eine der Bänke. Rasch schaute der König in die Nähe des Geländers am Ende der Kammer, wo Mr Pym üblicherweise saß, verwies anschließend auf die Vorlage zur Anklage gegen die fünf Mitglieder wegen Hochverrats, die vertagt worden war, und die, wie er sagte, von den Abgeordneten des Parlaments dringend geprüft werden müsse. Hochverrat sei eine so schwerwiegende Beschuldigung, fuhr er fort, dass die Angeklagten in Gewahrsam genommen werden mussten, während das Parlament sich beriet. Er blickte sich im stillen Sitzungssaal um.
    »Ist Mr Pym hier?«
    Das Scharren und Klirren der Schwerter der Söldner in der Lobby erstarb zu einer vollkommenen, ausgedehnten Stille.
    Ich sah, wie der König mit einer weiß behandschuhten Hand die Armlehne des Sessels umklammerte, den er zu seinem Thron gemacht hatte. Ehrfürchtig bestaunte ich sein gebieterisches Profil. Es war dasselbe Gesicht, das vor kaum sechs Wochen beim lärmenden Empfang des Volkes bei seiner Rückkehr nach London geleuchtet hatte. Ich erwartete, dass das Gesicht mit dem makellosen Dreiecksbart, eingerahmt von dem strahlend weißen, steifen Kragen, erneut leuchten würde, dass er irgendwelche Zauberworte ausspräche, die jedermann jubelnd und rufend auf die Beine bringen würden. Als die Stille anhielt, rechnete ich damit, dass er vor Wut und Rache toben würde. Vielen Parlamentsmitgliedern erging es ähnlich, und instinktiv tasteten sie nach den leeren Schwertscheiden. Waffen waren im Sitzungssaal nicht gestattet. Was ich zuletzt erwartet hatte, war der leicht gereizte Unterton aus dem Mund des Königs.
    »Mr Speaker, sind diese fünf Mitglieder des Parlaments anwesend?«
    Lenthall sank auf die Knie. »Eure Majestät, ich kann nur sehen und aussprechen, was dieses Haus mir vorschreibt.«
    Der demütige Mann auf dem Boden schien plötzlich an Größe zu gewinnen, während der König, der sich von dem Sessel erhob, zu schrumpfen schien.
    »Also gut. Ich nehme an, meine Augen sind ebenso trefflich wie Eure.« Der König suchte erst die Bänke auf der einen, dann auf der anderen Seite ab. Ich sah, wie er mit einer Hand den Hut umklammerte, die andere zusammenballte und wieder lockerte, doch seine Stimme klang beherrscht, und er schaffte es

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