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Peter Hoeg

Peter Hoeg

Titel: Peter Hoeg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fräulein Smillas Gespür für Schnee
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Reise vor. Der Winter, das wäre der richtige Zeitpunkt, um sich darauf vorzubereiten. Dann k-könn-ten sie im Vorfrühling fahren.«
    Genau das habe ich auch gedacht.
    »Aber w-wie machen sie das? Sie können die Reise, das Schiff und die ganze Ausrüstung nicht über die Kryolithgesellschaft organisieren, denn die ist fast ganz abgewickelt.«
    Ich möchte den Sternenhimmel sehen, mache also das Licht aus. Der Lichtschein von draußen ist hier ein klein bißchen anders als in meiner Wohnung.
    »Loyen, Licht, Ving«, sage ich. »Sie haben es entdeckt. Was immer es ist. Sie haben herausbekommen, daß es da ist. Vielleicht in Hamburg. Sie waren für die ersten Reisen zuständig. Aber jetzt sind sie alt. Sie könnten es nicht noch mal machen. Und jemand hat Licht umgebracht. Hinter den dreien steckt etwas anderes, etwas Größeres, etwas Rücksichtsloseres.«
    Er kommt zu mir und legt die Arme um mich. Ich kann meinen Kopf in seine Achselhöhle legen.
    »Sie brauchen ein Schiff«, sagt er nachdenklich. »Ich habe einen Kollegen, der was von Schiffen versteht.«
    Ich habe Lust, ihm Fragen zu stellen, um ein bißchen von all dem zu erfahren, was ich über ihn nicht weiß. Aber ich lasse es.
    »Ich habe das Handelsregister eingesehen. Im Vorstand der Geoinform sitzen drei Leute.«
    Ich nenne die drei Namen. Er schüttelt den Kopf. Vor dem Fenster taucht jetzt das Siebengestirn auf. Ich zeige darauf. »Die Plejaden. In meiner Sprache heißen sie qiluttuusat .«
    Er spricht es langsam und sorgfältig aus. Wie er Essen kocht. Sein Atem ist aromatisch und scharf. Von den getoasteten Nüssen.
     
    Wir stehen im Schlafzimmer und ziehen uns gegenseitig aus.
    Er hat eine leichte tastende Brutalität, die mich mehrmals denken läßt, daß es mich diesmal den Verstand kosten wird. In unserem heraufdämmernden gegenseitigen Verständnis bringe ich ihn dazu, den kleinen Spalt der Eichel zu öffnen, so daß ich die Klitoris einführen und ihn vögeln kann.

2
    Zuerst kommen wir in den Salon. Die Bullaugen sind aus Messing, Wände und Decken aus Mahagoni. Die Sessel haben Bezüge aus hellem Leder, sind mit Messingbeschlägen im Boden verbolzt und haben einen kardanisch aufgehängten Bronzehalter für die Whiskygläser, und überhaupt sind sie so tief, daß man das Klirren der Eiswürfel in einem dreifachen Laphroaig auch bei einem arktischen Taifun genießen können müßte.
    Der nächste Raum ist ein Spaziergang von fünfundzwanzig Metern in Fahrtrichtung durch noch mehr Mahagoni und an noch mehr polierten Bullaugen entlang, vorbei an Schiffsuhren und verbolzten Prestigeschreibtischen, an denen ein Dutzend Leute arbeitet, als müßte alles in dreißig Sekunden abgewickelt sein. Die Frauen schreiben an Textverarbeitungsgeräten, die Männer reden an drei Telefonen auf einmal, und die Decke verschwindet hinter einer Wolke aus Zigarettenrauch und Gehetztheit. Dann ein Vorzimmer. Dort sitzt eine Dame mittleren Alters mit Make-up, Spitzenbluse und maßgeschneiderter Jacke, sie hat Unterarme, als habe man sie als Grobschmied angemustert. Wenn ich nicht den Mechaniker dabeigehabt hätte, hätte sie mich erschreckt.
    Er kennt sie. Sie geben einander die Hand, was aussieht, als wollten sie gleich Finger häkeln, dann gehen wir weiter zur Kajüte des Kapitäns. Auf dem Weg kommen wir an Vitrinen mit Modellen von Tankschiffen vorbei, auf denen die Besatzung unterwegs dreimal übernachten muß, bis sie von einem Ende zum anderen gekommen ist.
    Hier sind die Bullaugen so groß wie Brunnendeckel und sitzen niedriger, so daß man auf die Büsche in der kleinen Anlage mitten auf dem Sankt Annæ Plads schauen kann und daran erinnert wird, daß diese ganze maritime Schwindelnummer im zweiten Stock eines Palais liegt, dessen Rückseite nach Schloß Amalienborg hinausgeht und das mir vorkommt Wie die schlimmste innenarchitektonische Extravaganz, die ich je gesehen habe.
    Am Schreibtisch, der Leisten hat, so daß die vergoldeten Kugelschreiber bei dem eingebildeten Seegang nicht auf den Boden rollen können, sitzt ein Junge, der aussieht, als sei er höchstens vierzehn Jahre alt, mit Wasser gestriegelt und gerade erst konfirmiert worden; er hat sandfarbene Haare und Sommersprossen auf der Nase.
    Als er den Mund aufmacht, spricht er mit einem dünnen, hellen, würdevollen Alt.
    »Ich weiß schon, was du sagen möchtest, Schätzchen. Du willst sagen: Wo ist dein Vater, mein Kleiner, denn mit dem wollen wir reden. Aber du irrst dich. Ich werde nächsten Monat

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