Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
enttäuscht sind, die Gemälde sind etwa sechzig mal siebzig Zentimeter groß und damit nur eine Spur größer als die Mona Lisa.«
»Ich bin nicht enttäuscht«, versicherte Hogart. »Wann komme ich ins Spiel?« Bisher hatte er sich keine Notizen gemacht. Er wusste noch nicht mal, welche Richtung die Geschichte nehmen würde.
Kohlschmied schlang die Finger ineinander. »Haben Sie von dem schrecklichen Brand in der Prager Nationalgalerie gehört, bei dem dreizehn Gemälde vernichtet wurden?«
Vor einem Monat hatte er so etwas aufgeschnappt, aber nicht weiter über die Medien mitverfolgt. Er nickte abwartend.
»Die beiden Gemälde des Kunsthistorischen Museums sind bei uns versichert, sieben bei unserer Londoner Zentrale, die anderen vier bei Hapag-Lloyd, Marsh & McLennan, Wells Fargo und der Aon Service Group. Wir haben den Fall übernommen, da unsere Zweigstelle der Grenze zu Osteuropa am nächsten liegt.«
Kohlschmied lehnte sich zurück. »Wir haben acht angestellte Versicherungsdetektive im Haus, jeweils einen Brandexperten und weitere Spezialisten für Antiquitäten, Einbruch, Wasser-, Transportschäden und so weiter. Alexandra Sendling war unsere Kunstexpertin und zugleich Brandsachverständige.«
War? In Hogarts Kopf schrillten die Alarmglocken.
»Sie ist vor vier Wochen nach Prag gereist, um den Fall zu untersuchen. Unfallprotokoll der tschechischen Polizei, Schadensmeldung der Nationalgalerie, Bericht der Feuerwehr - das gesamte Programm.«
»Ich bin weder Gemälde- noch Brandexperte«, unterbrach ihn Hogart.
»Das musst du auch nicht sein«, knarrte Rasts Stimme aus dem Hintergrund.
Kohlschmied beugte sich nach vorne. »Schellings Gutachten fiel positiv aus. Das bedeutet, bei dem Feuer wurden andere Bilder zerstört, Fälschungen. Jedenfalls sind nicht die Originale verbrannt, aber wir wissen nicht, wo sie sich befinden und wer den Betrug inszeniert hat.«
Er nahm das Diktafon. »Ich spiele Ihnen das letzte Telefonat von Alexandra Sendling vor. Sie rief vor drei Wochen, am Donnerstag, den 31. August, kurz nach 19.00 Uhr hier an, doch zu dieser Zeit war niemand mehr in den Büros. Sie hinterließ uns folgende Nachricht auf dem Anrufbeantworter.«
Der Einschaltknopf des Gerätes klickte.
»Hallo, Marga, hier spricht Sendling …«
Hogart lehnte sich zurück und lauschte der angenehmen Frauenstimme.
»… ich kann weder Rast noch Kohlschmied auf dem Handy erreichen, werde es aber in einer Stunde noch einmal versuchen. Die gute Nachricht: Der Fall ist gelöst. Es war ein hartes Stück Arbeit, die entsprechenden Unterlagen und Hinweise zu finden. Fakt ist: Wir müssen die Versicherungssumme nicht - ich wiederhole - nicht bezahlen! Die verbrannten Gemälde sind Fälschungen.«
Das Klappern von Stöckelschuhen auf einem Fliesenboden war kaum zu überhören. Hogart stellte sich vor, wie Sendling ihr Handy ans Ohr presste. Das Gemurmel im Hintergrund sowie ein kurzes Läuten erinnerten ihn an die Geräusche einer Hotellobby.
»Aber jetzt zur schlechten Nachricht: So wie die Dinge im Moment liegen, kann ich die Prager Kripo nicht in die Ermittlungen einbeziehen - Details folgen später. Sobald ich wieder in Wien bin, übergebe ich meine Unterlagen unserer Rechtsabteilung. Mit etwas Glück kommen wir binnen vierundzwanzig Stunden an die Originalgemälde heran. Mein Flug geht noch heute Abend. Wir sehen uns morgen im Büro.«
Die Verbindung endete. Eine Sekunde später hörte man das automatische Klicken des Anrufbeantworters.
»Weshalb konnte sie die tschechische Polizei nicht einschalten?«, fragte Hogart nach einer Weile.
Kohlschmied nahm die Kassette aus dem Tonband. »Wissen wir nicht.«
»Wer profitiert von dem Versicherungsschwindel? Das Kunsthistorische Museum Wien, die anderen Museen?«
Kohlschmied lächelte milde, als habe er es mit einem vollkommenen Kulturversager zu tun. »Falls ein Ölgemälde aus dem siebzehnten Jahrhundert bei einem Brand zerstört wird, profitiert kein Museum, egal wie hoch die Versicherungssumme ist, glauben Sie mir. Die beiden Gemälde des Kunsthistorischen Museums waren sogar unterversichert, der Gesamtwert betrug sieben Millionen Euro je Stück. Außerdem pflegen wir gute Kontakte zu Generaldirektor Dr. Wilhelm Eschenbach, der über jeden Verdacht erhaben ist. Es muss also jemand anders dahinterstecken. Alexandra Sendling war demjenigen auf der Spur, leider hat sie uns keinen Hinweis hinterlassen - und zu ihrem angekündigten zweiten Anruf ist es nie
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