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Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Titel: Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lötz , Peter Neururer
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wenigen Augenblicken beschäftigten Trainer am liebsten auf der Stelle erschlagen wollen. Es fallen ein paar augenscheinlich böse Worte, die Neururer nur unzureichend versteht, weil sie in tiefstem Hessisch gebabbelt werden. Dann wird der Neue aufgeklärt: Nuber sei nicht tot, er lebt. »Den wirst du noch kennenlernen«, sagt einer. In Neururers Ohren klingt das wie eine Drohung. 24 Stunden später lernt Neururer Nuber kennen. Der 64-Jährige ist hoch zum Bieberer Berg gekommen, um den neuen Trainer zu treffen. Nuber geht auf Neururer zu und sagt: »Du, jetzt zeige ich dir mal, dass und wie ich lebe. Nächsten Mittwoch um sieben Uhr früh bist du bei uns in der Wurstküche.«
    Co-Trainer Werner Kasper begleitet Neururer auf seinem »Gang nach Cabanossi«. Und da sitzen sie dann alle in der Wurstküche von Nubers Metzgerei, die ganzen alten OFC-Haudegen, Nuber mittendrin, und essen ihre Würste zum Frühstück. Neururer ist begeistert von diesem Ritual, es ist eine Bestätigung für seine Wahrnehmung dieses kultig-uri-gen, liebenswerten Vereins. Später wird er noch ein paar Mal in die Nubei*sche Wurstküche zurückkehren.
    Sportlich allerdings laufen die Dinge weniger begeisternd. Die Kickers bleiben im Tabellenkeller, die Mannschaft gibt alles, was sie geben kann, wobei die spielerischen Fähigkeiten so schlecht gar nicht einmal sind. In der ein oder anderen Situation kommt dann noch das berühmte Pech hinzu, und als am 32. Spieltag nach einem 3:2-Sieg bei WaldhofMannheim -dem ersten Auswärtssieg in der gesamten Spielzeit - noch einmal die Hoffnung aufkeimt, den Abstieg doch abwenden zu können, gibt Neururer nach dem Abpfiff ein Glanzstück seiner unfasslichen Sprachartistik zum Besten. Vor laufenden Fernsehkameras sagt er: »Die Stimmung ist eigentlich wie vor dem Spiel. Mit dem kleinen Unterschied, dass wir aus dieser äußerst großen Minimalchance - minimaler geht's gar nicht mehr -eine etwas kleinere gemacht haben, die größer geworden ist.«
    Als der OFC im vorletzten Saisonspiel zu Hause auf Energie Cottbus trifft, gibt es in der Familie Neururer einen festlichen Anlass. Sohn Jörn feiert an diesem Tag seine Konfirmation. Für gemütliches Beisammensein im Kreis der Liebsten ist gleichwohl keine Zeit, die Gesellschaft fallt zwangsweise ein paar Nummern größer aus. Familie Neururer fahrt ins Stadion auf dem Bieberer Berg, wo 15 000 Zuschauer mit Papa Peter und den Kickers noch an die allerletzte Chance in Sachen Klassenerhalt glauben.
    Die Ausgangssituation: Energie muss gewinnen, um damit hinter Köln und Bochum den dritten Platz gegen Mönchengladbach abzusichern und in die Erste Liga aufzusteigen. Offenbach kann mit einem überraschenden Sieg und gleichzeitig deutlichen Niederlagen für die ebenfalls vom Abstieg bedrohten Vereine FC St. Pauli (in Köln) und Stuttgarter Kickers (zu Hause gegen Hannover 96) den IClassenerhalt schaffen. Die Stimmung im Stadion ist wie so oft mitreißend, auch als der OFC schnell 0:1 hinten liegt und am Ende mit 1:2 verliert und praktisch abgestiegen ist. Kein Pfiff ist zu hören.
    Wie sehr die Fans an ihrem OFC hängen, erfahrt Neururer dann bei dem nur für Extremoptimisten noch bedeutungsvollen letzten Saisonspiel. Zur Auswärtspartie bei Fortuna ICöln sind gut 500 Fans der Kickers angereist, die ihre Mannschaft gnadenlos anfeuern, als ginge es im Verlauf dieser 90 Minuten noch um irgendetwas außer sinnlos gewordenen Meisterschaftspunkten. Der OFC verliertauch dieses Spiel.
    Neururer ist mit der Mannschaft im Bus von Offenbach nach Köln gekommen, seinen Wagen hat er sich auf den dortigen Stadionparkplatz chauffieren lassen, er will direkt nach dem Spiel nach Hause, nach Gelsenkirchen zu seiner Familie fahren. Der Parkplatz, auf dem Neururers Auto steht, ist durch ein Metalltor vom Rest des Stadionareals abgetrennt. Als der für den Abstieg verantwortliche sportliche Mann auf das Tor zufährt, warten davor etwa 250 OFC-Fans. Neururer ist mulmig zumute, er ahnt, dass er sich im günstigsten Fall auf eine längere Diskussion einstellen muss und sich die Abfahrt entsprechend verzögern wird. Vielleicht kriegt sein Auto ein paar Kratzer, im schlimmsten Fall wird es zu Handgreiflichkeiten kommen. Doch dann hörtNeururer, dass die Fans singen. Sie singen einen Song, der ihm wohlvertraut ist.
    Nach gelungenen Spielen hat Neururer sich in Offenbach angewöhnt, vor den Fans auf der Waldemar-Klein-Tribüne ein Tänzchen aufzuführen, was die Anhänger von den Rängen mit

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