Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers
Heimatverein TuS Ahlen im Juni 1996 wird der Club in LR Ahlen unbenannt, was offiziell als Kürzel für Leichtathletik Rasensport Ahlen e. V. steht, genauso aber auch Spilckers Kosmetikunternehmen LRInternational geschickt bewirbt. Aus reiner Marketingsicht ein gelungener Coup, allerdings ist man damit sportlich längst noch nicht da angekommen, wo der Mäzen und Chef des Clubs es gern haben würde. Anderthalb Jahrzehnte investiert Helmut Spikker in seinen Traum, einen Bezirksliga-Abstiegskandidaten in die oberste Etage des deutschen Fußballs zu hieven.
Im Sommer 2000 ist Spikker seinem Ziel schon sehr nahe gekommen. Unter Trainer Josef »Jupp« Tenhagen ist die Mannschaft in die Zweite Liga aufgestiegen, der Start in die neue Saison allerdings misslingt. Nach drei Spieltagen hat die Mannschaft nur einen Punkt geholt, dann unterliegt sie im gerade mal 11000 Zuschauer fassenden heimischen Wersestadion Waldhof Mannheim mit 1:2. Spikker handelt, er entlässt Tenhagen.
Peter Neururer kennt den Ahlener Clubboss noch aus dessen Zeit als Spieler von TuS Ahlen. In der Verbandsliga Westfalen sind sich die beiden auf dem Platz begegnet und sich auch danach ab und an mal über den Weg gelaufen. So hat Spikker 1996 schon einmal bei Neururer angefragt, ob der seine damals in der Verbandsliga spielende Mannschaft nicht als Trainer übernehmen wolle. Zunächst hält Neururer Spikker für realitätsfern: Warum, um Himmels willen, sollte er seinen Job beim Erstligisten 1. FC Köln für ein Abenteuer im Kellergeschoss des deutschen Fußballs aufgeben? Als ihm Spikker dann am Telefon allerdings das mögliche Trainergehalt nennt, ist Neururer beeindruckt. Es ist eine Summe, die nicht mal manch einer seiner Kollegen im Oberhaus verdient. Neururer lehnt jedoch umgehend ab: Er hat einen laufenden Vertrag, den er zu erfüllen gedenkt.
Inzwischen ist September 2000, und Neururer hat keinen Vertrag mehr. Er ruft bei Spikker indes nicht an, um auf dessen altes Angebot zurückzukommen. Vielmehr beschwert er sich bei Ahlens Präsidenten, dass der Neururers Kumpel »Jupp« Tenhagen vor die Tür gesetzt hat, statt ihm die nötige Zeit zu geben. Schließlich, so Neururer, habe Tenhagen in den zwei Jahren zuvor doch erstklassige Arbeit für den Club geleistet und sich zudem mit einer unzureichend verstärkten Truppe erst einmal in der Zweiten Liga zurechtfinden müssen. Spikker erklärt Neururer daraufhin, er habe in seiner Analyse nicht ganz unrecht, aber das mit dem Rauswurf sei ja nun mal jetzt geschehen. Dann fragt Spikker:
»Und was machst du eigentlich so im Augenblick?«
»Ich warte auf das Angebot eines vernünftigen Vereins«, antwortet Neururer.
»Dann komm zu uns«, sagt Spikker.
»Ach, du kannst mich doch sowieso nicht bezahlen«, sagt Neururer und beendet das Gespräch.
Doch Spikker lässt nicht locker, er schickt den vom Trainer zum Vereinsmanager des Clubs weggelobten Joachim Krug mit einem finanziell klar umrissenen Angebot zu Neururer. Krug und Ndirurer kennen sich aus gemeinsamen Studentenzeiten. Doch die von Krug vorgestellte Summe ist für Neururer nicht akzeptabel. Er sagt: »Leg mal das Dreifache drauf, dann reden wir weiter«, dankt Krug, will den Raum verlassen und zurück nach Gelsenkirchen fahren.
»Warte«, hält Krug ihn zurück, »da muss ich eben mal den Helmut anrufen.«
»Gut«, sagt Neururer, »dann ruf ihn an.«
Es folgt ein kurzes Gespräch zwischen Krug und Spikker, Krug legt auf und sagt:
»Deine Vorstellungen sind akzeptiert.«
Das Finanzielle stimmt also, was nicht stimmt, ist die Mannschaft. Mehr als einen Punkt aus den ersten vier Spielen hätte Neururer mit dieser Truppe auch nicht holen können. Als er am sechsten Spieltag übernimmt, sind es immerhin schon zwei Zähler, ein Eigentor von Ahlens Abwehrspieler Stefan Fengler kurz vor Schluss gegen die Stuttgarter Kickers verhindert, dass es mehr sind. Aber immerhin ist der Abwärtstrend erst einmal gestoppt. Spikker kommt zu Neururer:
»Was meinst du, Peter, wie viele neue Leute brauchen wir?«
»Helmut, wenn ich ehrlich bin: Um mit dieser Truppe sicher die Liga zu halten, brauche ich mindestens sieben Neue.«
»Dann hol sie dir doch.«
Geld, man kann sich das denken, spielt beim Einkauf der Verstärkungen eine eher untergeordnete Rollte, Spikker zahlt alles aus der eigenen Tasche. Neururer holt unter anderem Dirk Schuster, Harald Spörl, Holger Gaißmayer - gestandene Erstligaspieler. Als die Mannschaft zum Ende der Spielzeit sogar in
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