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Peter Pan

Peter Pan

Titel: Peter Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James M. Barrie
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feststellen, daß das Schiff seit Jahren nicht geschrubbt worden war. Es gab kein Bul auge, auf dessen verdreckte Scheibe man nicht mit dem Finger »Schwein« hätte schreiben können. Und das hatte sie schon auf einige geschrieben. Aber als die Jungen sich um sie drängten, dachte sie natürlich nur an sie.
    »So, meine Schöne«, sagte Hook mit honigsüßer Stimme, »nun sollst du sehen, wie deine Kinder von der Planke springen.«
    Er war ein feiner Gentleman, aber die heftigen Schweißausbrüche hatten seinen Kragen fleckig gemacht, und plötzlich merkte er, daß sie ihn anstarrte. Mit einer hastigen Geste versuchte er, die Schande zu bedecken, aber es war schon zu spät.

    »Müssen sie sterben?« fragte Wendy und sah ihn dabei so furchtbar verächtlich an, daß er fast in Ohnmacht fiel.»Sie müssen«, knurrte er. »Ruhe jetzt für die letzten Worte einer Mutter an ihre Kinder«, rief er hämisch.
    In diesem Augenblick war Wendy großartig. »Dies sind meine letzten Worte«, sagte sie fest. »Ich habe eine Botschaft von euren richtigen Müttern, und die lautet: ›Wir erwarten, daß unsere Söhne wie englische Gentlemen sterben.‹«
    Die Piraten waren sprachlos, und Tootles rief hysterisch: »Ich werde tun, was meine Mutter von mir erwartet. Was tust du, Nibs?«
    »Was meine Mutter erwartet. Und du, Zwilling?«
    »Was meine Mutter erwartet. John, was …?«
    Aber Hook hatte seine Stimme wiedergefunden.
    »An den Mast mit ihr!« rief er.
    Smee band Wendy fest. »Hör mal, Süße«, flüsterte er, »ich rette dich, wenn du versprichst, meine Mutter zu werden.«
    Aber nicht einmal ihm wollte sie so etwas versprechen. »Lieber hätte ich überhaupt keine Kinder«, sagte sie verächtlich.
    Leider muß ich zugeben, daß keiner der Jungen sie auch nur anschaute, als Smee sie an den Mast band.
    Ihre Augen waren auf die Planke gerichtet – der letzte kleine Sprung, den sie gleich tun sollten. Sie konnten nicht einmal mehr hoffen, daß sie diesen letzten Gang männlich-gefaßt antreten würden, denn die Fähigkeit zu denken war ihnen abhanden gekommen, sie konnten nur noch starren und zittern.
    Hook grinste mit geschlossenen Zähnen und machte einen Schritt auf Wendy zu. Er wollte ihren Kopf so drehen, daß sie mit ansehen müßte, wie die Jungen einer nach dem anderen von der Planke sprangen. Aber er kam nie bei Wendy an; den Schmerzensschrei, den er zu hören hoffte, hörte er nie. Statt dessen hörte er etwas anderes.
    Es war das furchtbare Ticktack des Krokodils.
    Sie hörten es alle, die Piraten, die Jungen und Wen-
     dy, und gleich flogen alle Köpfe in eine Richtung – zu Hook. Denn alle wußten: Was jetzt geschehen würde, ging nur ihn etwas an, und plötzlich waren sie nicht mehr die Akteure in diesem Schauspiel, sondern die Zuschauer.
    Es war schrecklich anzusehen, wie er sich veränderte.
    Es war, als hätte man all seinen Gelenken einen Schlag versetzt.
    Er klappte zusammen und war nur noch ein Häuf-chen Elend.
    Das Ticktack kam immer näher, und ein gräßlicher Gedanke eilte ihm voraus: »Das Krokodil kommt an Bord.«
    Selbst die eiserne Klaue hing schlaff herab, als wüßte sie, daß nicht sie es war, auf die es diese Bestie abgesehen hatte. So schrecklich allein wäre wohl jeder andere mit geschlossenen Augen liegengeblieben, wo er lag. Doch Hooks gewaltiger Verstand arbeitete noch immer, und der sagte ihm, daß er unter Deck kriechen sollte, möglichst weit weg von dem Geräusch. Die Piraten machten respektvoll den Weg für ihn frei, und erst als er an der Reling anhielt, sprach er wieder.
    »Versteckt mich«, rief er heiser.
    Sie drängten sich im Kreis um ihn, mit dem Rücken zu dem »Ding«, das nun an Bord kommen würde. Sie dachten nicht daran zu kämpfen. Schicksal, nimm deinen Lauf.
    Erst als Hook nicht mehr zu sehen war, kamen die Jungen in Bewegung. Neugierig liefen sie auf die Seite, wo das Krokodil hochklettern mußte. Da erlebten sie die größte Überraschung dieser »Nacht der Nächte«, denn kein Krokodil kam ihnen zu Hilfe. Sondern Peter.
    Er machte ihnen ein Zeichen, daß sie nicht durch irgendeinen Schrei der Bewunderung Verdacht erregen sollten. Dann tickte er weiter.

»Diesmal Hook oder ich«
    MERKWÜRDIGE Dinge passieren uns alen auf unserem Weg durchs Leben, ohne daß wir eine Zeitlang überhaupt merken, daß sie passiert sind. Zum Beispiel entdecken wir plötzlich, daß wir auf einem Ohr taub sind seit wer weiß wie langer Zeit, aber mindestens, sagen wir, seit einer halben

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