Pfade Ins Zwielicht
sechs Meilen weiter westlich überschritten, und Lady Aemlyn hier, wieder etwa sechs Meilen weiter.«
»Nicht zusammen«, sagte Dyelin und nickte. »Haben sie Murandianer mitgebracht? Nicht? Gut. Sie könnten zu ihren Gütern wollen, Elayne. Wenn sie sich noch weiter voneinander entfernen, dann wissen wir es genau.« Diese drei Häuser hatten ihr von allen das größte Unbehagen bereitet.
»Sie könnten auf dem Heimweg sein«, stimmte Birgitte zögerlich hinzu, so wie immer, wenn sie mit Dyelin einer Meinung war. Sie zog ihren aufwändig geflochtenen Zopf über die Schulter und umklammerte ihn beinahe auf die gleiche Weise mit der Faust wie sonst Nynaeve. »Die Männer und Pferde müssen erschöpft sein, nachdem sie im Winter in Murandy einmarschiert sind. Aber mit Sicherheit wissen wir nur, dass sie auf dem Marsch sind.«
Aviendha schnaubte. Zog man ihr elegantes Samtgewand in Betracht, überraschte einen dieser Laut. »Gehe immer davon aus, dass dein Feind das tut, was du nicht willst. Entscheide, was für dich das Schlimmste wäre, und plane dementsprechend.«
»Aemlyn, Arathelle und Pelivar sind keine Feinde«, protestierte Dyelin schwach. Ob sie nun glaubte, dass sie ihren Treueid noch rechtzeitig leisten würden oder nicht, diese drei hatten Dyelins Thronanspruch unterstützt.
Elayne hatte nie davon gelesen, dass man eine Königin auf den Thron gezwungen hatte - vermutlich hätte das sowieso keinen Einzug in die Chroniken gefunden -, aber Aemlyn, Arathelle und Pelivar schienen bereit zu sein, es zu versuchen, und nicht, weil sie Macht für sich selbst erhofften. Dyelin wollte den Thron nicht, aber sie würde kaum eine untätige Herrscherin sein. Es war schlichtweg so, dass es im letzten Jahr von Morgase Trakands Herrschaft eine Katastrophe nach der anderen gegeben hatte, und nur wenige wussten oder glaubten, dass sie während dieser Zeit die Gefangene eines der Verlorenen gewesen war. Einige Häuser wollten jeden anderen anstelle einer weiteren Trakand auf dem Thron sehen. Oder glaubten zumindest, dass sie es wollten.
»Was ist das Schlimmste, das sie tun könnten?«, fragte Elayne. »Wenn sie sich auf ihre Güter zurückziehen, dann sind sie bis zum Frühling aus dem Spiel, und dann wird alles entschieden sein.« Wenn es das Licht wollte. »Aber wenn sie nach Caemlyn kommen?«
»Ohne die Murandianer haben sie nicht genug Waffenmänner, um Arymilla herauszufordern.« Birgitte studierte die Karte und rieb sich das Kinn. »Wenn sie bis jetzt noch nicht wissen, dass sich die Aiel und die Legion des Drachen heraushalten, dann werden sie es bald erfahren müssen, aber sie werden Vorsicht walten lassen. Keiner von ihnen scheint dumm genug zu sein, um einen Kampf zu provozieren, den sie nicht gewinnen können; nicht, wenn sie es nicht müssen. Ich würde sagen, sie schlagen irgendwo im Osten oder Südosten ein Lager auf, wo sie die Ereignisse verfolgen und vielleicht auch beeinflussen können.«
Dyelin trank den Rest des Weins, der mittlerweile kalt sein musste, atmete tief aus und ging, um den Pokal erneut zu füllen. »Wenn sie nach Caemlyn kommen«, sagte sie in bleiernem Tonfall, »dann hofft jeder von ihnen, dass sich ihm Luan oder Abelle oder Ellorien anschließt. Oder alle drei.«
»Dann müssen wir herausfinden, wie wir sie davon abhalten können, Caemlyn zu erreichen, bevor unsere Pläne sich erfüllen, und zwar ohne sie für immer zu unseren Feinden zu machen.« Elayne bemühte sich, ihre Stimme so energisch klingen zu lassen, wie Dyelins leblos war. »Und wir müssen einen Plan schmieden, was wir tun wollen, wenn sie zu früh eintreffen. Dyelin, wenn das geschieht, dann müsst Ihr sie da - von überzeugen, dass sie zwischen mir und Arymilla wählen müssen. Sonst sind wir in einem Durcheinander gefangen, das wir möglicherweise niemals wieder entwirren können, und Andor mit uns.«
Dyelin grunzte, als hätte man sie geschlagen. Es war fast fünfhundert Jahre her, dass die großen Häuser drei unterschiedliche Anwärter auf den Löwenthron unterstützt hatten, und der nachfolgende Krieg hatte sieben Jahre gedauert, bevor eine Königin gekrönt worden war. Zu diesem Zeitpunkt waren alle ursprünglichen Thronanwärter schon lange tot gewesen.
Ohne nachzudenken, griff Elayne nach ihrer Tasse und trank einen Schluck. Der Tee war kalt geworden, aber der Geschmack nach Honig explodierte förmlich auf ihrer Zunge. Honig! Sie sah Aviendha erstaunt an, und die Lippen ihrer Schwester verzogen sich zu einem
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