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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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früh.
    Harnan und Merwyn, zwei der Rotwaffen, hatten bereits die ersten beiden Pferde an die Achse des purpurnen Wagens angeschirrt und waren mit dem zweiten Paar fast fertig. Als bei der Bande der Roten Hand gut ausgebildete Soldaten würden sie zum Aufbruch bereit sein, wenn das Zirkusvolk noch immer versuchte herauszufinden, wie man die Pferde anschirren musste. Mat hatte der Bande beigebracht, sich zu beeilen, wenn es notwendig war. Er schlurfte daher, als würde er durch Schlamm waten.
    Harnan, der diese alberne Falkentätowierung auf der Wange hatte, entdeckte ihn zuerst. Der Gruppenführer mit dem kantigen Kiefer war gerade dabei, einen Zugriemen festzuschnallen, und er wechselte einen Blick mit Metwyn, dem Cairhiener mit dem jungenhaften Aussehen, das sowohl seinem Alter wie auch seiner Schwäche für Wirtshausschlägereien widersprach. Sie hatten kein Recht, überrascht auszusehen.
    »Läuft alles glatt? Ich will noch heute hier weg sein.« Mat rieb sich die Hände warm und musterte den purpurnen Wagen unbehaglich. Er hätte ihr ein Geschenk mitbringen sollen, Geschmeide oder Blumen. Beides funktionierte gut, jedenfalls bei den meisten Frauen.
    »Glatt genug, mein Lord«, erwiderte Harnan vorsichtig. »Kein Geschrei, keine Proteste, keine Tränen.«
    Er sah den Wagen an, als könnte er es selbst nicht glauben.
    »Die Ruhe gefällt mir«, sagte Metwyn und schob einen Zügel durch einen Ring des Kummets. »Wenn Frauen zu weinen anfangen, dann kann man nur gehen, wenn einem seine Haut etwas bedeutet, und wir können sie schlecht am Straßenrand absetzen.« Aber auch er warf dem Wagen einen Blick zu und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Mat blieb wirklich nichts anderes mehr übrig, als ihn zu betreten. Also tat er es. Er benötigte nur zwei Anläufe mit einem aufgesetzten Lächeln, um die kurze, bemalte Holztreppe an der Hinterseite des Wagens zu erklimmen. Er hatte keine Angst, aber jeder Narr würde genug wissen, um nervös zu sein.
    Trotz der fehlenden Fenster war das Wageninnere hell erleuchtet; vier Spiegellampen brannten, und sie waren mit gutem Öl gefüllt, sodass es keine ranzigen Gerüche gab. Allerdings wäre das durch den draußen herrschenden Gestank kaum aufgefallen. Er musste einen besseren Stellplatz für diesen Wagen finden. Ein kleiner Ziegelofen mit Eisenklappe und einem Eisengitter zum Kochen machte den Raum mollig warm. Es war kein großer Wagen, und jede freie Handspanne Wand wurde mit Kommoden oder Regalbrettern oder Haken zum Aufhängen von Kleidung und Handtüchern und dergleichen genutzt, aber der Tisch, den man an Schnüren herablassen konnte, hing oben an der Decke, und die Frauen im Wagen waren kaum in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
    Die drei Frauen hätten nicht unterschiedlicher sein können. Frau Anan saß auf einem der beiden schmalen Betten, die in die Wände eingebaut waren, eine gebieterische Frau, deren Haar die ersten Spuren von Grau aufwies; auf ihren Stickrahmen konzentriert, erweckte sie nicht im mindesten den Eindruck einer Wächterin. An jedem ihrer Ohren hing ein großer goldener Ohrring, von der eng anliegenden Silberkette baumelte ihr Hochzeitsdolch, dessen mit roten und weißen Steinen verzierter Griff sich in das Dekollete schmiegte, das der schmale, tief nach unten führende Ausschnitt ihres Kleids freigab; der Rocksaum war an der einen Seite hochgenäht und entblößte die gelben Unterröcke. Sie trug noch ein weiteres Messer mit langer, gebogener Klinge, das hinter dem Gürtel steckte, aber das war nur ein Brauch aus Ebou Dar. Setalle hatte jede Verkleidung verweigert, was vernünftig erschienen war. Keiner hatte einen Grund, sie zu verfolgen, und es war auch so schon schwer genug gewesen, für jeden der anderen passende Kleidung zu finden.
    Selucia saß mit untergeschlagenen Beinen zwischen den Betten auf dem Boden. Sie war eine hübsche Frau mit heller Haut, ihr kahl rasierter Kopf wurde von einem dunklen Tuch verborgen. Auf ihrem Gesicht lag ein mürrischer Ausdruck, obwohl sie für gewöhnlich würdevoll genug aussah, um Frau Anan wie ein leichtes Mädchen erscheinen zu lassen. Ihre Augen waren so blau wie die Egeanins und noch durchbohrender, und sie hatte wegen des Verlusts ihrer restlichen Haare noch mehr Theater als sie gemacht. Sie verabscheute auch das dunkelblaue Gewand, das man ihr gegeben hatte, und behauptete, der tiefe Ausschnitt sei unanständig, aber er machte sie so unkenntlich wie eine Maske. Nur wenige Männer würden sich lange

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