Pfade Ins Zwielicht
ohne das geringste Gezänk. Sobald sie wieder sitzen können.« Sie klang, als würde sie genau das meinen, was sie da sagte. Joline starrte die drei Sul'dam in ungläubigem Zorn an, aber Edesina saß stocksteif da und hielt mit entschlossenem Gesichtsausdruck ihr Messer, während Teslyn jetzt diejenige war, die sich mit verschränkten Händen gegen die Wand drückte.
»Das wird nicht nötig sein«, sagte Mat nach einem Augenblick. So befriedigend es auch sein mochte, Joline »zur Vernunft gebracht« zu sehen, Edesina würde vielleicht das Messer zücken, und das würde die Katze auf die Hühner loslassen, ganz egal, wie der Ausgang war. »Von welcher größeren Gefahr sprecht Ihr, Joline?
Welche Gefahr ist größer als jene, die im Moment von den Seanchanern ausgeht?«
Die Grüne war zu dem Schluss gekommen, dass ihr vernichtender Blick auf Bethamin keinen Eindruck machte und richtete ihn stattdessen auf Mat. Wäre sie keine Aes Sedai gewesen, hätte er gesagt, sie würde schmollen; Joline hasste es, etwas erklären zu müssen.
»Wenn Ihr es unbedingt wissen müsst, jemand lenkt die Macht.« Teslyn und Edesina nickten, die Rote Schwester zögernd, die Gelbe mit Nachdruck.
»Im Lager?«, sagte er alarmiert. Seine rechte Hand hob sich wie von allein, um den silbernen Fuchskopf unter dem Hemd zu berühren, aber das Medaillon war nicht kalt geworden.
»Weit entfernt«, erwiderte Joline noch immer unwillig. »Im Norden.«
»Viel weiter entfernt, als eine von uns Machtlenkerinnen wahrnehmen dürfte«, sagte Edesina. In ihrer Stimme lag ein Anflug von Furcht. »Die Menge an Saidar, die dort benutzt wird, muss unvorstellbar groß sein.« Ein scharfer Blick von Joline ließ sie verstummen, die sich dann wieder Mat zuwandte und ihn ansah, als müsste sie sich entscheiden, wie viel sie ihm verraten durfte.
»Auf diese Entfernung würden wir nicht einmal spüren können, wenn jede Schwester in der Weißen Burg die Macht lenkt«, fuhr sie fort. »Es müssen die Verlorenen sein, und was auch immer sie tun, wir wollen nicht näher heran, als unbedingt notwendig ist.«
Mat schwieg einen Augenblick lang, dann sagte er schließlich: »Wenn es weit weg ist, bleiben wir bei unserem Plan.«
Joline wollte das nicht akzeptieren, aber er hörte ihr nicht weiter zu. Wann immer er an Rand oder Perrin dachte, wirbelten in seinem Kopf Farben. Vermutlich hatte das damit zu tun, dass man ein Ta'veren war. Diesmal hatte er an keinen der beiden Freunde gedacht, aber die Farben waren plötzlich dagewesen, wie ein Fächer aus tausend Regenbogen. Diesmal hatten sie fast ein Bild geformt, einen vagen Eindruck, möglicherweise einen Mann und eine Frau, die einander gegenüber auf dem Boden saßen. Es war sofort wieder verschwunden gewesen, aber er wusste es so sicher, wie er seinen Namen kannte. Nicht die Verlorenen. Rand. Und eine Frage ging ihm nicht mehr aus dem Sinn: Was hatte Rand getan, als die Würfel verstummt waren?
KAPITEL 4
Die Geschichte einer Puppe
Furyk Karede starrte auf seinen Schreibtisch, ohne die vor ihm ausgebreiteten Papiere und Karten wahrzunehmen. Beide Öllampen waren entzündet und standen auf dem Tisch, aber er brauchte sie nicht länger. Die Sonne musste mittlerweile den Horizont berühren, aber seit er aus einem unruhigen Schlaf erwacht und der Kaiserin seine Ergebenheit bekundet hatte, mochte sie ewig leben, hatte er nur seinen Morgenmantel angezogen, den in dem dunklen kaiserlichen Grün, das manche beharrlich als Schwarz bezeichneten, sich dort hingesetzt und seitdem nicht gerührt. Er hatte sich nicht einmal rasiert. Der Regen hatte aufgehört, und er überlegte, seinem Diener Ajimbura den Befehl zu geben, ein Fenster zu öffnen, um in seinem Zimmer im Gasthof Die Wanderin frische Luft einzulassen. Frische Luft würde vielleicht seinen Verstand klären. Aber in den vergangenen fünf Tagen hatte es Unterbrechungen in dem Regen gegeben, die mit plötzlichen Schauern endeten, und sein Bett stand zwischen den Fenstern. Er hatte bereits einmal Matratze und Bettzeug in der Küche zum Trocknen aufhängen lassen müssen.
Ein leises Quieken und erfreutes Grunzen von Ajimbura ließ ihn aufsehen; der drahtige kleine Mann hielt eine schlaffe Ratte von der halben Größe einer Katze am Ende seines langen Messers in die Höhe. Es war nicht die erste, die Ajimbura in diesem Zimmer erlegt hatte, etwas, von dem Karede überzeugt war, dass es nicht geschehen wäre, wenn Setalle Anan noch die Besitzerin gewesen wäre,
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