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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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kämpfte bis zuletzt. Musenge befehligte ihre persönliche Leibwache, aber als höchstrangiger Vertreter der Wache auf dieser Seite des Aryth-Meers war es Karedes Pflicht, sie sicher zurückzubringen. Jeder Winkel in der Stadt wurde unter diesem oder jenem Vorwand durchsucht, jedes Schiff, das größer als ein Ruderboot war, aber meistens wurde diese Aufgabe von Männern erledigt, die gar nicht wußten, wonach sie suchten, die nicht einmal ahnten, dass das Schicksal der Wiederkehr möglicherweise von ihrer Aufmerksamkeit abhing. Es war seine Pflicht. Natürlich gab es in der Kaiserfamilie viel komplizierten Intrigen als beim restlichen Blut, und die Hochlady Tuon spielte häufig mit scharfsinnigem und tödlichem Geschick ein äußerst undurchsichtiges Spiel. Nur wenigen war bekannt, dass sie bereits zweimal zuvor verschwunden war, dass man sie für tot erklärt und schon die Begräbnisriten vorbereitet hatte, und es war alles ihr Plan gewesen. Aber welche Gründe ihr Verschwinden auch immer hatte, er musste sie finden und beschützen. Bis jetzt hatte er nicht die geringste Ahnung, wie er das machen sollte. Vom Sturm verschluckt. Oder vielleicht von der Lady der Schatten. Seit dem Tag ihrer Geburt hatte es zahllose Attentats- und Entführungsversuche gegeben. Wenn er sie tot auffand, musste er herausfinden, wer sie getötet und wer letztlich den Befehl dazu gegeben hatte, und sie rächen, ganz egal, was es kostete. Auch das war seine Pflicht.
    Ein schlanker Mann schob sich ohne anzuklopfen ins Zimmer. Seinem schäbigen Mantel nach zu urteilen, hätte er einer der Pferdeknechte des Gasthofs sein können, aber kein Ortsansässiger hatte sein blondes Haar oder so blaue Augen, deren Blicke durch den Raum glitten, als wollten sie sich alles, was sich darin befand, genauestens einprägen. Seine Hand fuhr unter den Mantel, und in dem kurzen Augenblick, bevor er eine kleine, mit Gold eingefasste Elfenbeinmarke mit dem Raben und dem Turm zückte, ging Karede in Gedanken zwei Methoden durch, wie er ihn mit bloßen Händen töten konnte. Sucher der Wahrheit brauchten nicht anzuklopfen. Sie zu töten wurde nicht gern gesehen.
    »Geh«, befahl der Sucher Ajimbura und steckte die Marke weg, nachdem er sicher war, dass Karede sie erkannt hatte. Der kleine Mann blieb reglos auf den Fersen hocken, und der Sucher hob überrascht die Brauen. Selbst in den Kaensada -Bergen wusste jeder, dass das Wort eines Suchers Gesetz war. Nun, vielleicht nicht in den abgelegeneren Bergfestungen, nicht, wenn sie der Meinung waren, dass niemandem der Aufenthaltsort des Suchers bekannt war, aber Ajimbura wusste es besser.
    »Warte draußen«, befahl Karede scharf, und Ajimbura erhob sich bereitwillig und murmelte: »Ich höre und gehorche, Ehrenwerter.« Aber er sah den Sucher offen an, bevor er den Raum verließ, so als wollte er sichergehen, dass der Sucher wusste, dass er sich sein Gesicht gemerkt hatte. Eines Tages würde er es noch fertig bringen, dass man ihn enthauptete.
    »Loyalität ist ein kostbares Gut«, sagte der blonde Mann und warf einen Blick auf den Schreibtisch, nachdem Ajimbura die Tür hinter sich zugezogen hatte.
    »Ihr seid an Lord Yulans Plänen beteiligt, Bannergeneral Karede? Ich hätte nicht erwartet, dass die Totenwa - che daran Anteil hat.«
    Karede schob die beiden wie Löwen geformten Bronzebeschwerer zur Seite und ließ die Karte von Tar Valon sich aufrollen. Die andere war noch nicht entrollt gewesen. »Da müsst Ihr Lord Yulan fragen, Sucher. Loyalität dem Kristallthron gegenüber ist kostbarer als der Atem des Lebens, dicht gefolgt von dem Wissen, wann man schweigen muss. Je mehr von einer Sache sprechen, desto mehr erfahren davon, die nichts davon wissen sollten.«
    Mit Ausnahme der Kaiserfamilie widersprach niemand einem Sucher oder der Hand, die ihn führte, aber das schien den Burschen nicht zu stören. Er setzte sich auf den gepolsterten Stuhl und formte die Finger zu einem Zelt, über dem er Karede betrachtete, der nun die Wahl hatte, seinen Stuhl zu verrücken oder den Mann beinahe in seinem Rücken sitzen zu lassen. Die meisten Leute wären sehr nervös gewesen, einen Sucher hinter sich zu haben. Die meisten wären nervös gewesen, mit einem Sucher im selben Raum zu sein. Karede verbarg ein Lächeln und rührte sich nicht. Er musste nur den Kopf ein wenig drehen, und er war darin ausgebildet, das zu sehen, was sich am Rand seines Blickfelds befand.
    »Ihr müsst sehr stolz auf Eure Söhne sein«, sagte der

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