Pfefferbeißer - Harz Krimi
flüchtig im Zimmer um. Kein
Stäubchen auf den Möbeln, das Laminat blank geputzt, und die Schuhe in der
Diele standen wie die Rekruten brav nebeneinander.
»Wohnen Sie allein hier?«
»Ja«, antwortete Dominik, »aber ich würde es gern ändern.«
Das war ihm wohl so herausgerutscht. Jedenfalls lief sein Gesicht rot
an. Eigentlich hatte Sina ihm nur ein Kompliment machen wollen.
»Für einen Junggesellen nicht schlecht, wie sie den Haushalt im Griff
haben«, sagte sie. »Wie haben Sie Janis und Milda Auseklis kennengelernt?«
Sie kannte die Geschichte schon von Kröger senior, aber jede Abweichung
konnte weiterführen. Also ließ sie seinen Sohn erzählen.
»… als die beiden am nächsten Morgen vor dem Auto standen, wollte
ich sie zuerst nicht mitnehmen. Das gibt bloß Ärger, habe ich zu meinem Vater
gesagt. Aber der sagte: ›Lass mich nur machen!‹ Da hab ich am Ende nachgegeben
und sie einsteigen lassen. Doch ich wollte nichts damit zu tun haben. Das habe
ich Papa gleich gesagt.«
»Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater?«
»Wir halten Abstand. Früher hat es viel Streit gegeben. Er war der
Größte, und ich war die Flasche. Bis er Mama und mich nach der Scheidung
endlich in Ruhe gelassen hat. Als ich zwanzig war und schon zwei Jahre meine
eigene Wohnung hatte, meldete er sich wieder. Ob ich Interesse hätte, das Hotel
und die Gaststätte zu übernehmen, und dass er sich geändert hätte …«
»Und was haben Sie gesagt?«
»Dass er seinen Scheiß allein machen soll und dass ich nichts mehr
mit ihm zu tun haben will. Da hat er geheult. ›Lass uns wenigstens wieder
miteinander reden‹, hat er gesagt. Seitdem geht es besser zwischen uns beiden,
aber ich lasse mir von ihm nichts mehr vorschreiben.«
Die Antwort deckte sich mit Kröger seniors Aussage, dass sein Sohn
an der Nachfolge von Gaststätte und Hotel kein Interesse habe.
»Nach der Fahrt von Lettland hierher hatten Sie also mit Milda und
Janis Auseklis keinen Kontakt mehr?«
Dominik Kröger zögerte mit der Antwort.
»Nicht direkt.«
»Das heißt?«
»Wie soll ich sagen …«
»Einfach wie es war, Herr Kröger. Bei Mord muss alles raus.«
»Milda, ich meine … ich kann sie ganz gut leiden …«
»Schon von Anfang an, als Milda Sie angebettelt hatte, sie und Janis
mitzunehmen, stimmt’ s?«
»Wieso, woher …? Ach so, mein Vater. Wenn Sie alles schon wissen,
kann ich mir das Reden ja sparen.«
Eingeschnappt.
»Herr Kröger, ich brauche Ihre Sicht der
Dinge. Dabei darf es für Sie keine Rolle spielen, was Ihr Vater gesagt hat.«
Sina wartete, bis er den Ärger hinuntergeschluckt hatte.
»Ja, es stimmt schon. Ich mochte sie von Anfang an ganz gerne …«
»Sie wollten sie öfter sehen?«
»Ja …«
»Sie waren an ihr interessiert.«
Er verlor endgültig die gute Laune. »Ja, aber sie wollte nicht! Sie
liebte ihren Mann. Janis hier, Janis da. Ab und zu haben wir uns in Papas
Kneipe gesehen. Ich bin dann in die Küche gegangen, wenn Janis Einkäufe gemacht
hat. Er kam sich ja schon wie der Juniorchef vor. Abends war er auch öfter weg,
aber da hat er andere Besorgungen gemacht …« Dominik fuhr sich mit der
rechten Hand durch seinen Bürstenschnitt.
»Welche Besorgungen hat er denn da gemacht?«
»Na welche wohl? Er hatte eine andere, der so treue und gute Janis.«
»Woher wussten Sie davon?«
Dominik wandte den Blick ab. »Ich bin ihm eines Abends gefolgt«, kam
es dann kleinlaut.
Wenigstens schämt er sich, dachte Sina.
»Und das haben Sie Milda erzählt?«
»Sie wollte mir nicht glauben. Sie hat glattweg abgestritten, dass
Janis sie jemals betrügen könnte.«
»Und dann hat sie Ihnen mitten ins Gesicht gesagt, dass Sie niemals
eine Chance bei ihr haben würden.«
»Ja, so ungefähr hat sie es gesagt«, gab Dominik zu.
Das tat weh.
ZEHN
Allmählich schärfte sich das Profil des Mordopfers. Seit
der Befragung von Dominik Kröger hatte das Bild vom treuen Ehemann, der sich
nichts sehnlicher als ein Leben in Bescheidenheit mit Frau und Kindern
wünschte, Risse bekommen. Vielmehr schien Janis Auseklis ausgesprochen
ehrgeizig gewesen zu sein und hatte es kaum erwarten können, Hotel und
Gaststätte von Winfried Kröger zu übernehmen. Fragte sich, was es damit auf
sich hatte, dass er angeblich seine Frau betrogen hatte. Und was war in der
ganzen Zeit in Milda vorgegangen?
Sina wollte in Ruhe über die junge Lettin nachdenken. Dazu setzte
sie sich in eines der Straßencafés rund um den Schuhhof im
Weitere Kostenlose Bücher