Pfefferbeißer - Harz Krimi
bin. Ich bin ihm bis nach Bad Harzburg
hinterhergefahren und zum Casino gefolgt. Mehrmals, um sicherzugehen.«
»So sehr haben Sie Verena Hauke geliebt?«
»Sie hat mir leidgetan …«
Sina warf ihm einen ungläubigen Blick zu, der ihn noch verlegener
machte.
Ihr kam es vor, als schien er selbst nicht mehr zu wissen, was er
für die Frau seines Chefs empfunden hatte. Wahrscheinlich beides, Liebe und
Mitleid, dachte Sina.
»Und woher wissen Sie so sicher, dass er seine Frau betrogen hat?«
»Ich habe gewartet, bis er wieder herauskam aus dem Casino. Jedes
Mal hatte er eine andere im Arm, schäkerte mit ihr herum und fuhr dann mit
seinem Wagen nach Goslar, brachte die Dame nach Hause und ist gleich
dageblieben.«
Störs Blick blieb an dem jämmerlichen Zebragras hängen. »Ich weiß,
das Herumspionieren war zum Kotzen, würde ich heute nicht mehr machen …
man kann ohnehin nichts ändern.«
»Was wollten Sie denn ändern, Herr Stör?«
»Ich weiß es nicht, ich kann es Ihnen jetzt nicht mehr sagen. Ich
glaube, ich wollte Verena und ihren Mann auseinanderbringen … das ist
alles schon so lange her.«
»Und dann haben Sie diesen Plan irgendwann aufgegeben?«
»Es war sinnlos. Verena vergötterte ihren Mann nach wie vor. Als ich
ihr mitteilte, was ich beobachtet hatte, wollte sie nichts davon wissen. Ich
musste einsehen, dass ich verloren hatte, und zog mich ganz zurück, auch wenn
er sie nach wie vor wie einen Putzlappen behandelte, sie unsäglich darunter
litt und immer mehr abmagerte. Ins Geschäft kam sie nur noch selten und wenn,
dann wirkte sie so seltsam müde, wahrscheinlich Tabletten. Dann pflegte sie sich
nicht mehr, und als die Aufträge merklich weniger wurden, blieb sie ganz zu
Hause.«
»Sind Sie mit Ihrem Chef jemals wegen seiner Frau in einen
handgreiflichen Konflikt geraten?«, kam Sina auf den Punkt.
»Meinen Sie, dass wir uns wegen Verena geprügelt hätten?«
»Genau das.«
Stör war nicht schockiert, schien jetzt fast erleichtert, sich
aussprechen zu können.
»Fast wäre es einmal dazu gekommen. Als er sie im Büro wegen einer
Nichtigkeit angeschrien hat. Ich bin dazwischengegangen und hab ihm gesagt,
dass ich ihm eins reinhauen würde, wenn er seinen Ton nicht ändert.«
»Und Hauke?«
»Der ist zusammengefahren und hat sich kleinlaut entschuldigt.«
»Das war alles?«
»Ja.«
»Wo waren Sie am Abend, an dem Ihr Chef zu Tode kam?«
»In meiner Wohnung in Sudmerberg.«
»Allein?«
»Allein.«
Niebuhr saß schon hinter dem Steuer und wartete. Er hatte
den Dienstwagen in den Schatten der Werkshalle gefahren. Aus dem offenen
Fenster quoll Musik wie süßer Sirup. Michael Jackson. »Earth Song«. Die Schwüle
draußen war unerträglich geworden. Sina öffnete die Beifahrertür und stieg ein.
»Nichts Neues«, lieferte Niebuhr sofort das Befragungsergebnis der
beiden Mitarbeiter ab. »Sie haben nur bestätigt, was wir bereits von Stör
wissen. Die beiden haben den Chef kaum zu Gesicht bekommen und können deshalb
nichts weiter über ihn aussagen, schon gar nichts über sein Privatleben.«
Er drehte den Zündschlüssel, und während Sina sich anschnallte,
rollten sie ohne Eile in Richtung Straße.
»Sind das die beiden einzigen Festangestellten neben Stör?«, fragte
sie.
»Ja, bei größeren Aufträgen nehmen sie sich noch Leiharbeiter.«
Sina nickte.
»Und wie war’s bei dir?«, fragte Niebuhr.
Sie bogen ab auf die Okerstraße.
»Da steckt mehr dahinter, als ich zuerst dachte«, antwortete Sina.
»Stör hatte schon vor Jahren versucht, mit Verena Hauke anzubandeln, sie ließ
ihn aber nicht ran. Er ging sogar so weit, dass er Hauke ausspionierte. Deshalb
wusste er auch so genau, dass er fremdging. Sein Geld hat Hauke übrigens im
Harzburger Casino versenkt.«
»Stör war also wütend auf seinen Chef, weil er das Geschäft
vernachlässigt hat, und eifersüchtig, weil er die Frau hatte, die er wollte?«
»Ja, das hat er ganz offen zugegeben. Aber nachdem ihn Verena Hauke
abgewiesen hatte, zog er sich angeblich vollständig zurück und kümmerte sich
nur noch um die Firma.«
Niebuhr hielt vor dem Präsidium und stellte den Motor aus.
»Und was ist mit seinem Alibi?«
»Hat keins«, sagte Sina, »aber ich glaube nicht, dass er es war.«
»Und warum nicht?«
»Irgendetwas stimmt nicht mit Verena Hauke.«
Nach seiner Befragung hatte Sina mit Störs Hilfe noch
einen Teil der Telefonnummern aus dem Kalender gesichtet, insbesondere die geschäftlichen.
Die
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