Pfefferbeißer - Harz Krimi
der von den illegalen
Wahlhilfegeldern wusste, zum Schaden seiner Firma auspackte, war Henk und jetzt
auch ihm zu groß. Er musste seinem Bruder recht geben: Wenn De Groot Pharma
durch einen Steuerskandal angezählt wäre, drohte auch der Knock-out, wo die
Konkurrenz auf eine solche Gelegenheit nur wartete.
»Wir haben entschieden, uns aus dem Immobiliengeschäft ganz zurückzuziehen«,
würde er Geert Sandrock verkünden. »Unser soziales Engagement für die Stadt
wollen wir dessen ungeachtet aufrechterhalten. Und selbstverständlich kannst du
dich weiterhin auf meine Diskretion verlassen.«
Fred de Groot fuhr sich durch das schlohweiße Haar, aus dem ein paar
Hautschuppen auf den erst kürzlich ausgewechselten platingrauen Veloursteppich
rieselten, und begab sich entschlossen hinter den Schreibtisch.
***
Nachdem sich die Kommissarin so überstürzt verabschiedet
hatte, orderte Klawitter bei seiner Sekretärin einen Kaffee: »… aber bitte
nicht so dünn wie heute Morgen!«
Er fühlte sich gerädert, bedrückt von einer tiefen Unsicherheit, ob
er einen oder gleich mehrere Fehler gemacht hatte, indem er der Kommissarin so
weit entgegengekommen war. Vor allem, dass er die Verstrickung der IIT in Korruptionsgeschäfte indirekt eingeräumt hatte.
Es schien ihm jetzt nur eine Frage der Zeit, bis die Kripo herausbekäme, dass
sie es auch bei ihm versucht hatten. Wie sollte er Sandrock gegenüber, der
bestimmt von seiner Aussage erfuhr, noch stark auftreten, geschweige denn ihn
zum Rücktritt zwingen?
Klawitter versuchte sich in Abgeklärtheit, dachte über die Zukunft
nach. In einem Punkt gab es für ihn jetzt keinen Zweifel mehr: Bei allem
Ehrgeiz war er nicht bereit, sich auf Bestechung einzulassen. Das hatte er
nicht nötig. Er war Anwalt aus einer Dynastie, die sich Vertrauen erworben
hatte, die stadtbekannt und respektiert war, und das sollte sie auch bleiben,
auch wenn er der letzte Klawitter in dieser Kanzlei sein sollte.
So verlockend das Amt des Oberbürgermeisters war, sosehr er auch
wünschte, der Erste im Rathaus hinter diesen majestätischen gotischen Fenstern
zu sein, sosehr erkannte er, dass er nicht bereit war, diese Träume mit allen
Mitteln zu verwirklichen. Er trug nicht jedes Risiko.
War es nicht eigentlich so, dass er sich nach Frieden sehnte?
Die Auseinandersetzungen mit Miriam – und das war vermutlich
erst der Anfang, wenn er an den bevorstehenden Streit um die Kanzlei dachte –
und der begonnene Krieg mit Sandrock hatten ihm bereits zugesetzt. Sollte er
nicht einfach eine Kehrtwende machen und sich ganz aus der Politik
zurückziehen? Er würde dann allein sein – mit seinem alten Vater, mit dem
er kaum noch redete, weil sie sich nichts mehr zu sagen hatten; ab und zu würde
sich eines der Kinder blicken lassen, wenn es nichts Besseres vorhatte –,
aber vielleicht brauchte er eine Zeit des Nachdenkens.
Bis jetzt hatte er sich die Hände noch nicht schmutzig gemacht, weder
versucht, Sandrock zu erpressen, noch sich der Kripo gegenüber zu einer
nachweislichen Falschaussage verstiegen.
Natürlich fragte er sich, was genau zwischen Sandrock und Hauke
vorgefallen war.
Hauke war von dieser IIT in
irgendeiner Weise abhängig gewesen, das war kaum zu leugnen. Klawitter hatte
auch von Haukes unsolidem Lebenswandel gehört. Angenommen, Hauke hatte von der IIT Geld genommen, dann drohten die Zahlungen auszubleiben,
nachdem Sandrock die Firma hatte fallen lassen. Hauke hatte nicht aufgegeben
und ihn, Klawitter, in seiner Verzweiflung dazwischengeschaltet. Er hatte
versucht, Sandrock zu erpressen, weil er das Geld von der IIT brauchte, und an der Stelle wurde es mysteriös …
Das war die Zwangssituation, die die Kommissarin meinte. Aber das
war nicht seine Sache. Das musste er nicht wissen, und er beschloss, das würde
er auch nicht wissen.
***
Immer noch saß Sina auf Torstens Bettkante, ihre Hand auf
seinem Rücken. Es war ganz ruhig im Haus, nur durch das gekippte Fenster drang
in Wellen das dumpfe Rauschen des Straßenverkehrs von der B241.
Innerlich legte sich Sina Worte zurecht, die sie Torsten sagen wollte,
wenn der richtige Moment gekommen war. Sie stehe immer an seiner Seite, auch
wenn es den Anschein mache, dass sie ihn mit seiner Entscheidung, mit Caro ein
Kind zu kriegen, allein gelassen habe. Und nicht nur das. Sie wollte ihm sagen,
dass sie mit ihm fühle und … Doch je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr
zweifelte sie, ob er das hören wollte.
»Ist ja schon
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