Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
hinauf. Zuletzt kam der Ambulanzwagen. Aus einem Zivilauto stieg Ruth Stein.
»Alles in Ordnung?« Sie kam mit kurzen, energischen Schritten auf Katinka und Cuno zu. In ihrem Kielwasser kreuzte ein zweiter Polizist. Katinka fiel die Kinnlade herunter.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte sie schwach und drückte die schmerzende Hand an ihre Brust.
Cuno warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
»Kennst du den Glatzkopf?«, flüsterte er.
Ruth Stein lachte.
»Wir bilden eine hübsche kleine Kombi-Ermittlungsgruppe, seitdem der Feuerteufel nun auch im Bamberger Landkreis sein Unwesen treibt«, erklärte sie. »Sie haben uns mitten aus einer Lagebesprechung rausgeholt.«
»Aber hier war der Pyromane bestimmt nicht«, sagte Katinka und wies dorthin, wo die Reste des Bauwagens vor sich hinrauchten. »Das war eine Gasheizung.«
Hauptkommissar Harduin Uttenreuther schob Ruth Stein zur Seite, packte Katinka an den Schultern und schüttelte sie.
»Ich drehe Ihnen den Hals um«, sagte er. »Jetzt, wo ich mich im letzten halben Jahr der Illusion hingegeben habe, Sie würden mal ein bisschen vorsichtiger sein.«
»Hej«, ging Cuno dazwischen. »Was soll das denn!«
Katinka sah Hardo an, sein zorniges Gesicht, die grauen, gleißenden Augen. Sie lehnte sich an ihn.
»Tut mir leid, Hardo«, murmelte sie. »Es war einfach ein Unfall. Die Gasheizung ist explodiert. Das kann schon mal passieren.«
Hardo lachte auf. Er roch vertraut. Seine Arme waren warm. Zu warm, um den Gedanken auszuhalten, sie könnten sie wieder loslassen.
»Klar, alle naselang fliegen in der Prärie Bauwagen in die Luft. Sie sind so verrückt. So dermaßen verrückt.«
»Paula ist weg«, sagte Katinka. »Cuno, könntest du den Herrschaften bitte erklären, was passiert ist?« Ihr wurde wieder schwindelig.
Hardo musterte Cuno von oben bis unten.
»Cuno Fischer, ein–Kollege«, stellte Katinka vor. »Cuno, das ist Harduin Uttenreuther, Kriminalhauptkommissar aus Bamberg und Leiter des Kommissariats eins.«
»Aha. Kollege also«, sagte Hardo. »Ist Ihnen kalt? Setzen Sie sich ins Auto.«
Das ließ Cuno sich nicht zweimal sagen. Weichei, dachte Katinka. Ruth Stein folgte ihm.
»Katinka, Katinka«, sagte Hardo.
Sie sah zu ihm hoch.
»Wirklich, Hardo. Es tut mir leid. Wir haben Wertinger…aber Sie wissen ja gar nichts von dem Fall.«
»Sie werden es mir gleich erzählen«, sagte er. »Ihr–Kollege–meinte am Telefon, Sie seien verletzt.«
Katinka zeigte ihm die Hand.
»Nichts so schlimm«, erklärte sie, obwohl die Schmerzen wüteten.
»Sie sind blass wie ein Käse!« Er strich ihr über den Scheitel.
»Brauchen Sie mich jetzt?«, fragte der Notarzt.
»Ja, bitte«, sagte Hardo und ließ Katinka los.
»Ich fahre auf keinen Fall mit in die Klinik«, sagte Katinka sofort.
Hardo warf dem Arzt einen Blick zu, der allerlei bedeuten konnte.
»Das ist üblich bei ihr.«
»Verbinden darf ich die Hand aber, oder?«, fragte der Arzt.
Hardo stieg mit Katinka in den Ambulanzwagen. Während der Arzt ihr ein Schmerzmittel spritzte und die Hand verband, berichtete sie Hardo von ihrer Verfolgungsfahrt, der Entdeckung in dem Bauwagen, der Explosion und Cunos verschwundenem Bus.
»Aha«, murmelte Hardo. » Halten Sie mal einen Moment ohne mich aus. Ich spreche mit Ruth.«
Er kam bald zurück. Katinka hockte unter einer Wärmefolie auf der Matratze, während der Notarzt die Wunde am Arm desinfizierte.
»Nach Wertinger und nach Paula wird gefahndet. Wir haben weit nach Mitternacht. Soll ich Sie nach Hause fahren?« Er nahm ihr Kinn in seine Hand und sah ihr in die Augen.
»Ich muss Paula finden.«
»Das erledigen die Kollegen.«
»Trotzdem. Ich kann mich nicht ins Bett legen und auf krank machen, während Paula allein durch die Weltgeschichte gondelt.«
Hardo fluchte.
»Warten Sie!«
Er zog ab und redete mit den Kollegen. Schließlich kam er wieder und erklärte:
»Sie geben ja doch keine Ruhe. Wir fahren in meinem Wagen mit. Wahrscheinlich haben wir sie schnell aufgegabelt.«
Dass Cuno hinten in den Golf stieg, quittierte Hardo mit einem genervten Blick. Sie fuhren über eine Stunde alle Nebenstraßen rund um Bramberg ab. Ohne Erfolg. Hardo hatte sich ein Funkgerät zwischen Hals und Kinn geklemmt. Katinka war so müde, dass sie die Unterhaltung nur in Bruchstücken mitbekam. Es wurde neblig. An manchen Stellen mussten sie im Schritttempo fahren. Dann wieder riss der Nebel unerwartet auf und gab den Blick auf einen schwarzen Himmel voller
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