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Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Titel: Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Menschen in seinem Umkreis kümmerten sich nicht um Jahreszeiten. Sie bemerkten den Wechsel nur, wenn sie sich Werkstatttermine eintrugen, um Winterreifen aufziehen zu lassen.
    Er liebte den Herbst. Er bot Schutz. Vor allem bot er Zeit zu lesen. Er arbeitete sich durch das Alte Testament. In seinem Unterschlupf wurde es schon empfindlich kühl, deshalb hatte er sich Geld geliehen, einen guten Schlafsack gekauft und warme Outdoor-Kleidung. ›Seht her, der Herr kommt aus der Ferne. Sein Zorn ist entflammt, gewaltig drohend zieht er heran. Seine Lippen sind voll grollendem Zorn, seine Zunge ist wie ein verzehrendes Feuer.‹ Konnte es seine Schuld sein, dass jemand ihm nachspioniert hatte? Einer, der ohnehin nichts verstehen würde?
    Er konnte froh sein, sich wenigstens auf einen verlassen zu können. Seine Familie war nichts Besonderes, aber auf einen war Verlass.

13. Prügel
    Als Katinka zu sich kam, hockte Cuno neben ihr.
    »Mensch, endlich! Ich dachte schon, du bist erledigt.«
    Er schlotterte in seinem Hemd.
    »Hast du keine Jacke?«, fragte Katinka matt.
    »Da liegst du drunter. Pass auf mit deiner Hand.«
    Katinka betrachtete unbeteiligt die rotbraunen Blasen, dankbar, dass sie keinen Schmerz verspürte. Die Finger versuchte sie lieber nicht zu bewegen.
    »Die Bullen sind gleich da. Diese Ruth Stein ist ziemlich forsch, und der Name Palfy hat Türen geöffnet.«
    Katinka winkte ab und richtete sich auf.
    »Brennt der Wagen noch?«
    »Viel ist nicht mehr übrig. Hast du die CDs?«
    »Klar. In meiner Jacke.«
    »Hoffentlich sind sie nicht geschmolzen!«
    Mit Todesverachtung kroch Katinka unter Cunos Jacke hervor und tastete nach den Scheiben.
    »Alles o.k.«
    »Die Fetzen kannst du vergessen«, sagte Cuno und deutete auf den Jeansstoff, der einmal Katinkas Jacke gewesen war. »Du bist ziemlich blass. Bleib lieber liegen.«
    Katinka wollte nicht die viktorianische Lady abgeben, die in brenzligen Situationen in Ohnmacht fiel. Sie schob die CDs in die Innentasche von Cunos Lederjacke.
    »Schon gut.« Sie fror. »War das die Gasheizung, die uns um die Ohren geflogen ist?«
    Cuno zuckte die Achseln. Er sah ziemlich fahl aus, wenn man von den kohlschwarzen Schlieren absah, die ihm mehr denn je das Aussehen eines Hollywood-Indianers verliehen.
    »Geräte, die in Ordnung sind, fliegen nicht in die Luft«, sagte er. »Da sind x Sicherheiten drin.«
    Katinka umklammerte die Knie.
    »Was meinst du, schaffst du es bis zu meinem Bus?«, fragte Cuno. »Da können wir wenigstens die Heizung anmachen, und im Erste-Hilfe-Kasten findet sich bestimmt ein steriles Tuch für deine Hand. Außerdem ist Paula allein.«
    »Probieren wir’s.«
    Cuno war irgendwie rührend, wie er Katinka auf die Füße half und sie um die Schulter fasste, um sie zu stützen. Beim Laufen wurde ihnen ein wenig warm. Sie erreichten die Schranke und liefen das schmale Sträßchen hinunter.
    »Sag mal«, begann Katinka. »Wo ist denn dein Bus?«
    »Mir geht der Arsch auf die Nessel«, sagte Cuno. »Der ist weg!«
    Sie sahen einander an.
    »Das ist jetzt nicht wahr«, winselte Cuno. »Verdammte Scheiße, ich friere wie ein Hering im Packeis. Ich will in meinen Bus.«
    Katinka drückte Cuno ihr Handy in die Hand.
    »Ruf mal bei Paula an. Die Nummer ist gespeichert.«
    Cuno wählte.
    »Nichts«, sagte er und drückte die Aus-Taste. »Der Teilnehmer ist im Augenblick nicht zu erreichen.«
    »Sie ist ihm nachgefahren«, sagte Katinka fassungslos.
    »Sie wird schon vorsichtig sein!« In einer hilflosen Geste drückte Cuno Katinka den Arm.
    »Au!«
    »Was ist denn?«
    Katinka untersuchte ihren Ellenbogen. Sie hatte sich beim Sprung aus dem Fenster die Haut am Unterarm ein gutes Stück aufgeritzt. Die Wunde sah nicht tief aus, aber sie hatte stark geblutet.
    »Den Pulli kann ich auch noch wegschmeißen«, murmelte sie. Ihre Hand begann zu schmerzen. Urplötzlich. Wie rasend. Sie spürte jeden Pulsschlag. »Komm, setzen wir uns dort oben auf die Rastbank.«
    Sie warteten schweigend. Es war sehr kalt, und Katinka zitterte trotz Cunos Lederjacke. Sie versuchte, die Brandschmerzen zu ignorieren. Natürlich funktionierte das nicht, und ab und zu kroch ihr ein Stöhnen über die Lippen. Sie krümmte sich. Cuno rauchte seine letzte Zigarette.
    »Tut verdammt weh, hm?«, sagte er mitleidig.
    Die Polizei kam ohne Martinshorn. Nur das Blaulicht zuckte durch den Wald. Die Feuerwehr fuhr voraus. Sie hoben die Schranke aus den Angeln und rasten mit dröhnenden Motoren den Waldweg

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