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Pferde, Wind und Sonne

Pferde, Wind und Sonne

Titel: Pferde, Wind und Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cescco
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Gedichte von Mistral * auf, sondern sprechen ganz prosaisch über Steuern. Du wirst gemerkt haben, daß dieses Thema Justine zur Weißglut bringt.«
    Regine erschien mit einem Wasserkrug und einem Körbchen voll süßer Feigen. Sie füllte die Gläser, die Mireille auf den Tisch gestellt hatte. Karin probierte einen Schluck: Das Wasser war herrlich erfrischend und duftete nach Orangenblüten.
    »Regine hat viel Arbeit«, erklärte Tante Justine. »Unsere Hüter kommen auch mittags zum Essen, und ihr hilft nur ein Mädchen aus dem Dorf.«
    »Sechs hungrige Männer zu füttern ist nun mal mein tägliches Los!« sagte Regine.
    »Nicht eingerechnet mein Bruder, der für vier ißt!« warf Mireille dazwischen.
    »Ja, wo steckt Alain eigentlich?« erkundigte sich Frau Colomb. »Wie soll ich das wissen? Er ist in aller Frühe mit >Trotzkopf< fortgeritten. Wahrscheinlich ist er hinter >Glanzstern< her.« Tante Justine lachte schallend. »Wißt ihr, daß die Hüter Wetten abgeschlossen haben, ob ihm das Zureiten gelingen wird oder nicht?«
    Ihr Gesicht wurde nachdenklich.
    »Ich meine es ernst: Wenn er’s schafft, bekommt er das Pferd. Er hat es dann wirklich verdient. Du kannst doch reiten, Kleine?«
    Die Worte galten Karin, die verlegen die Schultern bewegte. »Ein bißchen, ja...«
    »Ein bißchen ist nicht genug«, entschied Tante Justine.
    »Du mußt lernen, mit den Tieren umzugehen. Mireille wird’s dir beibringen. Sie versteht etwas von Pferden.«
    Mireille schnitt eine Grimasse.
    »Eben darum käme mir nicht in den Sinn, >Glanzstern< nachzurennen. Ich habe keine Lust, mir die Knochen zu brechen.«
    »Dein Bruder hat keine derartigen Bedenken. Er glaubt, daß...« Tante Justine unterbrach sich und lauschte nach draußen. »Da scheint er ja zu kommen! Wenn man den Teufel nennt...« Fast im selben Augenblick wurde die Tür aufgestoßen. Karin sah im Gegenlicht die schlanke Gestalt eines Jungen. Erst als er näher kam, unterschied sie seine einzelnen Züge. Er hatte den wirren Lockenkopf und die gleichen dunklen Augen wie Mireille. Aber das Gesicht war grobknochiger und wirkte trotz der offenherzigen warmen Ausstrahlung spottlustig und anmaßend.
    »Aha, da ist das Mädchen aus dem Norden«, sagte er und drückte ihr flüchtig die Hand. »Gut gereist?« fragte er obenhin.
    »Ja, danke«, antwortete Karin kurz.
    Er setzte sich rittlings auf einen Stuhl, nahm sich aus dem Körbchen eine Feige und verschlang sie mit zwei Bissen.
    »Nun, hast du >Glanzstern< heute gesehen?« erkundigte sich Tante Justine.
    »Gesehen, ja, so kann man’s ausdrücken.«
    Alain sprach sehr schnell. »Er war bei den Salinen. >Trotzkopf< wollte dorthin nicht mitkommen. Zwei Stunden bin ich im Schlamm herumgepatscht! Unmöglich, sich an das verdammte Vieh heranzumachen. Plötzlich war es verschwunden. Man hätte meinen können, es habe einen Propeller unter dem Schwanz!« Tante Justine runzelte die Brauen. »Wieso verschwunden?«
    »Ja, verschwunden, wie in Luft aufgelöst!«
    Er schnipste mit den Fingern. »Wenn einem die Sonne in die Augen scheint, kann man nicht mehr sehen. Überall spiegelt sie sich.«
    Tante Justine wiegte verständnisvoll den Kopf.
    »Das war genau der richtige Augenblick, die Sache aufzugeben und zum Mittagessen zurückzukehren.«
    »Das habe ich mir auch gesagt.« Alain kaute schmatzend eine Feige.
    Ein dünnes Mädchen von ungefähr fünfzehn Jahren mit einem blassen, schüchternen Gesicht kam herein, grüßte scheu und machte sich daran, Geschirr aus dem Schrank zu nehmen. »Du lieber Gott, es ist ja schon bald Mittag!« rief Tante Justine. »Louise will den Tisch decken.«
    Frau Colomb erhob sich. »Ich muß gehen.«
    »Wie, du bleibst nicht zum Essen?«
    »Nein, ich bin in Nîmes mit Rémy verabredet, das ist der Weber, der mir die Schultertücher liefert. Er hat immer so herrliche Farben, und ich möchte mir seine neuen Sachen ansehen.«
    Alle begleiteten sie. Karin blinzelte in die grelle Sonne hinein. Unter dem Schutzdach war jetzt neben dem Wagen ein Pferd angebunden. Es war gedrungen und kräftig. Die struppige, weißgelbliche Mähne fiel ihm in die Augen und gab ihm ein mißmutiges Aussehen.
    »Das ist >Trotzkopf<«, sagte Mireille und hielt Karin, die es streicheln wollte, am Arm zurück. »Vorsicht, geh nicht von hinten an ihn heran. Das mögen Pferde nicht, und dieses hier ist besonders reizbar.«
    »Weder >Trotzkopf< noch ich schätzen plumpe Vertraulichkeiten«, bemerkte Alain schnippisch.
    Frau Colomb

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