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Pferde, Wind und Sonne

Pferde, Wind und Sonne

Titel: Pferde, Wind und Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cescco
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bekomme?« Seltsamerweise drehten sich alle ihre Gedanken um dieses Pferd.
    »Zu sehen vielleicht schon«, antwortete Mireille mit geschlossenen Augen. »Aber mach dir keine falschen Hoffnungen. Er läßt keinen an sich heran, auch kann er sofort angreifen, was gefährlich ist. Alain weiß ein Lied davon zu singen. Übrigens, wie findest du ihn?«
    »Alain? Weißt du...«
    Mireille winkte ab. »Laß nur, ich verstehe schon. Aber beruhige i dich, er gibt nicht nur bei dir so an, er ist mit allen so. Tante Ju- 1 stine läßt ihm die Zügel zu locker. Sie hatte keine Kinder, verstehst du. Manchmal sollte sie strenger mit ihm sein, wenn er es auf die Spitze treibt.«
     
    Gegen vier Uhr kam Manuel und brachte die Pferde. Als die bei- ] den Mädchen herunterkamen, trank er gerade ein Bier, das Ge- | sicht ganz verschwitzt.
    »Der Teufel soll >Irrlicht< holen! Ganz hinten im Schilfrohr war sie. Ich hatte die größte Mühe, sie einzufangen. Du mußt behüt- | sam mit ihr umgehen, sie ist nicht mehr an die Zügel gewöhnt.«
    »Vielen Dank, Manuel.« Mireille blinzelte ihm zu. »Und Karin? Für sie hast du >Glanzstern< eingefangen, nehme ich an.«
    »Daß du das so genau erraten hast!«
    Der Gardian sah Karin freundlich lächelnd an. »Keine Sorge, Kleine! Ich habe dir >Rosa< gesattelt. Das ist ein Tier, das noch niemandem Kummer bereitet hat.« Die beiden Pferde waren unter dem Schutzdach angebunden, in einiger Entfernung von >Trotzkopf<. >Irrlicht< war eine mittelgroße, auffallend zierliche Stute. Uber den glänzenden dunklen Augen zuckten lange weiße Wimpern. Die viel schwerere >Rosa< hatte den gedrungenen Körper und die stämmigen Beine der Camargue-Pferde.
    »Das ist kein Pferd, das ist ein Sofa mit Beinen«, hörte Karin Alain mit verächtlicher Stimme sagen. Sie drehte sich um, sie hatte ihn nicht kommen hören.
    »Für mich ist heute ein Sofa gerade richtig«, antwortete sie trocken.
    »Kannst du wenigstens aufsteigen? Oder brauchst du dazu einen Schemel?«
    »Ich könnte ihn ohrfeigen«, dachte Karin. »Er reizt mich absichtlich; aber wenn ich die Beherrschung verliere, hat er nur seinen Spaß daran. So ein Ekel! Auf den Schlüsselanhänger, den ich ihm mitgebracht habe, kann er lange warten.«
    Wütend auf ihrem Chewing-Gum kauend, belud sich Karin mit dem Zaumzeug, das an einem Balken unter dem Schutzdach hing. Als sie die Zügel angelegt hatte, schwang sie den Sattel auf den Rücken des stampfenden Pferdes. Gelassen tätschelte sie den Hals des Tieres.
    »Ruhig, ruhig! Zuerst müssen wir uns beide mal kennenlernen.«
    Der Sattel war anders als der, den sie gewohnt war. Sattelknopf und Sattelsteg lagen höher. Es war nicht einfach, ihn anzuschnallen. >Rosa< blähte den Bauch, ein Zeichen schlechter Laune. Karin brach sich einen Nagel ab, als sie versuchte, den Gurt zu befestigen. Aber schließlich gelang es ihr doch.
    »Du machst das gar nicht schlecht«, stellte Manuel fest, der dageblieben war, um ihr zuzusehen.
    Karin wurde rot vor Freude. Alain sagte nichts. Er war schon aufgesessen und schaute von der anderen Seite gleichgültig zu ihr hin. Sie richtete die Steigbügel und hob sich in den Sattel. Sicher, die Leichtigkeit eines Cowboys hatte sie nicht. Aber sie hatte wenigstens ihr Gesicht nicht verloren.
    Sie ritten los. Karin, die mit Mireille Seite an Seite ritt, fiel ein langes Seil aus geflochtenen Pferdehaaren auf, das an des Mädchens Sattelknopf hing.
    »Was ist das?« fragte sie.
    »Man nennt es >Seden<. Es wird wie ein Lasso benutzt. Ich werde Tante Justine bitten, dir auch einen zu geben.«
    »Und wozu gebraucht man es?«
    »Um ein Kalb einzufangen!« höhnte Alain. »Du kannst es ja mal versuchen!«
    »Halt den Mund, oder mach deinen Rodeo alleine!« verwies ihn Mireille ärgerlich.
    Alain lachte und trabte davon. >Trotzkopfs< Hufe wirbelten Staub auf.
    Mireille seufzte. »Seit du da bist, benimmt er sich wirklich kindisch. Diese drei Wochen können ja lustig werden!«
    Der Weg bog ab. Hinter dem Schilf breitete sich eine weite Ebene aus, wo die Hufspuren der Pferde und Stiere zu sehen waren. Am Horizont glänzte und schillerte ein lang sich ausdehnendes Band. »Das Meer«, sagte Mireille.
    Der Wind hatte sich gelegt. Mitunter durchbrach der rauhe Schrei einer Möwe die Stille. Mücken umtanzten die Rinder. Sie verfingen sich in ihren Haaren, setzten sich in die Augenwinkel und flogen ihnen in den Mund. In kurzer Zeit waren Karins Arme und ihr Gesicht schmerzhaft zerstochen. Sie spuckte

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