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Phantasie und Wirklichkeit

Phantasie und Wirklichkeit

Titel: Phantasie und Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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gehe es großartig. Ich war beinahe glücklich.
    Der zweite war vom Vater meines Kindes,
in Los Angeles abgestempelt.
    Hier ist der Absatz, den ich Ihnen gern
zeigen möchte:
     
    Hast du noch nie etwas von der
Gleichberechtigung und der gleichen Verantwortlichkeit der Frau gehört,
du törichtes Ding? Ja, natürlich gibt es Kondome. Und es gibt auch so etwas wie
die Pille ! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Aber das ist alles
Schnee von gestern. Abtreibung ist die einzige Antwort. Ich werde
die Rechnung bezahlen, unter der Bedingung, daß wir unsere Beziehung
ganz und gar abbrechen. So kann es nicht weitergehen. Ich werde am Sonnabend,
dem 13., zur Lunchzeit in Heathrow landen; wir können uns also am nächsten
Sonntag treffen. Sagen wir wie üblich — zwölf Uhr mittags im Hinterzimmer vom Bird
and Baby. Sei bitte da — um unser beider willen.
     
    Wie
nett und gemütlich das werden würde! Und ich würde da sein, vielleicht.
    Ja, es bestand eine Chance, daß ich da sein würde.
    Der folgende Tag, Freitag, sollte mein
letzter Tag als Putzfrau sein, und am Morgen legte ich letzte Hand an meinen
Plan.
    Ursprünglich hatte ich vorgehabt, nur Mrs.
S.-G. zu töten. Aber meine Richtlinien hatten sich jetzt erweitert.
    Am selben Nachmittag handelte ich so
sorglos, wie es sonst nicht meine Art war. Ich schrieb einen Brief an meine
bisherige Arbeitgeberin:
     
    Liebe Mrs. S.-G.,
    ich war Ihnen dankbar, daß Sie mich
eingestellt haben, aber ich werde nicht mehr für Sie arbeiten.
    Meine Lebensumstände haben sich in den
vergangenen wenigen Tagen entscheidend geändert.
    Ich bin überzeugt, daß es nicht schwer
für Sie sein wird, einen Ersatz zu finden.
    Ihre Virginia
     
    Es wäre ein
Wie-du-mir-so-ich-Dir in dem Kündigungs-Entlassungs-Spielchen gewesen. Aber ich
schickte den Brief an jenem Tag nicht ab.
    Noch am nächsten.
    Aber Mrs. S.-G. hatte offensichtlich
einen größeren Vorrat an Briefmarken erster Klasse, und ihr Brief lag am
nächsten Morgen, Sonnabend, dem 13., in der Diele auf der Matte, während meiner
noch immer gegen die Kelloggsschachtel auf dem Küchentisch gelehnt stand.
     
    Liebe Marie Lawson,
    O ja, ich kenne Ihren richtigen Namen,
und ich habe keinen Versuch unternommen, Ihrem unechten Zeugnis nachzugehen.
Zuerst hielt ich Sie für recht intelligent und sagte Ihnen das auch. Aber in
Wahrheit müssen Sie so töricht sein, wie Sie es von mir offenbar
annehmen. Ich war neugierig, warum Sie sich beworben hatten, und es amüsierte
mich, Ihnen den Job anzubieten. Damm beobachtete ich Sie. Und Sie dachten die
ganze Zeit, daß Sie mich beobachteten. Sie müssen wissen, mein Mann hat
mir alles über Ihre Affäre erzählt, wenn ich auch nicht wußte, daß Sie
schwanger sind. Nebenbei bemerkt, ich glaube auch nicht, daß Sie es sind. Die
Scharade mit der Mitteilung und dem Brief war hübsch ausgeführt, doch wirklich
völlig unnötig. Ich öffnete den Brief über Dampf, wie Sie es zweifellos von mir
erwarteten (das muß ich jedenfalls annehmen) in Ihrem aussichtslosen Bemühen,
die ganze Sache ans Licht zu bringen. Ich habe den Brief fotokopiert und Ihre
pathetische Bitte nach Amerika weitergeleitet. Ich glaube, der wahre Grund für
diesen Brief — außer Sie zu entlassen — ist es, Ihnen zu danken für die beiden
Beweisstücke, die Sie mir lieferten. Wie mein Anwalt mir mitgeteilt hat, werden
sie das Scheidungsverfahren, das ich gegen meinen Mann anstrengen werde,
wesentlich beschleunigen. Danach erwarte ich, daß mein eigenes Leben einen
glücklicheren Verlauf nimmt, und ich bin überzeugt, wenn ich später wieder
heirate, werde ich mit meinem zweiten Mann glücklicher sein als mit dem Mann,
der sich mit einem ganzen Heer von Huren vergnügte, ganz abgesehen von Ihnen.
    V.
Spencer-Gilbey
     
    Töricht.
    Beide hatten mich töricht genannt.
     
    In der Nacht desselben Sonnabends —
oder besser in den frühen Morgenstunden des Sonntags — wartete ich mit großer
Geduld darauf, daß das Licht im Zimmer des Hausherrn (Sie erinnern sich?)
ausgeschaltet wurde.
    Wenn sie nicht im selben Bett waren,
waren sie zumindest im selben Zimmer, denn ich hatte die beiden Gestalten
mehrere Male als Silhouetten hinter den Vorhängen gesehen.
    Dann wartete ich noch eine ganze
Stunde, auf die Minute genau, bevor ich mich geräuschlos entlang der Seite des
Hauses nach hinten begab und mich bei der Tür zum Gewächshaus hinunterbückte.
    Guter alter Boswell (erinnern Sie sich
an ihn?). Ich hoffte beinahe, daß er

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