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Phantasie und Wirklichkeit

Phantasie und Wirklichkeit

Titel: Phantasie und Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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beschlossen hatte, in dieser Nacht draußen
zu schlafen.
    Ich zündete eines der extralangen Bryant
&  May -Streichhölzer an. (Sie erinnern sich?) Dann schirmte
ich die Flamme ab und schob meine Hand langsam durch die Katzenklappe.
    Durch die Glasscheiben der Tür konnte
ich sehen, wie die losen Papierbögen (so sorgfältig aufgestapelt) fast sofort
Feuer fingen.
    Nicht mehr als zehn Sekunden später
hörte, besser gesagt spürte, ich das plötzliche Zischen eines mächtigen
Aufwindes, als die Flamme boshaft nach den Gegenständen (so sorgfältig
aufgestapelt) neben der Gewächshaustür züngelte.
    Die Farbe des lodernden Feuers
erinnerte mich sehr an Boswells Augen.
    Ich entfernte mich rasch über den Weg
durch den Vordergarten und drehte mich erst nach etwa fünfzig Metern die Straße
hinunter um.
    Das Fenster vom Zimmer des Hausherrn
lag noch im Dunkeln. Aber die Rückseite des Hauses vermittelte den Eindruck,
daß die rosenfingrige Morgenröte schon durchbrach, obwohl es erst 2.15 Uhr war.
     
    Es machte große Schlagzeilen. In der
Montagsausgabe der Oxford Mail zum Beispiel las ich:
     
    ZWEI TOTE
IM INFERNO VON NORTH OXFORD
    Es
erscheint unwahrscheinlich, daß das ausgebrannte Gerippe des unter
Denkmalschutz stehenden strohgedeckten Fachwerkhauses in der Squitchey Lane
(Bild auf S. 2) viele Hinweise auf die Ursache des Feuers liefern wird. Die
lodernden Flammen breiteten sich mit einer so großen Geschwindigkeit aus,
daß...
     
    Meine Blicke wanderten weiter zum
nächsten Absatz:
     
    Die
Überreste von zwei Leichen, verkohlt bis zur Unkenntlichkeit, wurden in einem
Schlafzimmer im ersten Stock gefunden, und es ist zu befürchten, daß es die
Leichen von Mr. J. Spencer-Gilbey und seiner Ehefrau Valerie sind. Mr.
Spencer-Gilbey war gerade von Amerika zurückgekehrt, wo er...
     
    Aber das Wo interessierte mich
eigentlich nicht.
    Darum blätterte ich weiter, um mir das
Bild auf Seite 2. anzusehen.
    Es war mir letzten Endes nicht der Mühe
wert erschienen, am Tag vorher im Bird and Baby aufzutauchen. Darum war
ich nicht gegangen.
    Sie werden das verstehen.
    Das Feuer machte noch immer
Schlagzeilen (größere) in der Dienstagabendausgabe der Oxford Mail:
     
    FEUERSBRUNST
IMMER GEHEIMNISVOLLER
    Die
Polizei von Oxford City war überrascht, als sie spät gestern abend einen Anruf
von Heathrow erhielt. Der Anrufer war Mr. John Spencer-Gilbey, von dem man
angenommen hatte, daß er zusammen mit seiner Ehefrau ums Leben gekommen war in
dem Feuer, das in den frühen Stunden vom Sonntagmorgen ihr Haus in der
Squitchey Lane in Oxford völlig zerstört hat.
    Mr. Spencer-Gilbey war nach einer
Vortragstour in Amerika am Sonnabend wieder in England erwartet worden.
    Jetzt
hat sich jedoch herausgestellt, daß wegen Arbeitskampfmaßnahmen der Fluglotsen
an der Westküste Amerikas der ursprünglich vorgesehene Flug gestrichen worden
war, und Mr. Spencer teilte der Polizei mit, daß er seine Frau angerufen habe,
um sie zu informieren, daß seine Rückkehr nach England sich verzögere.
    Ein
Sprecher der Polizei teilte unserem Berichterstatter mit, daß mehrere Aspekte
der Situation außerordentlich verwirrend seien und daß weitere Ermittlungen
angestellt würden. Die Polizei bittet jeden, der spätabends am Sonnabend, dem
13., oder früh am Morgen am Sonntag, dem 14., in oder nahe der Squitchey Lane
gewesen ist, sich zu melden, um die Polizei in diesen Ermittlungen zu
unterstützen. Bitte rufen Sie (0865) 2.6 60 00 an.
     
    «...daß
er seine Frau angerufen habe...» Ja. Und er hatte auch mich angerufen.
    Zuerst war ich versucht, «mich zu
melden» — telefonisch und anonym — mit einem vorsichtigen (ha!) Vorschlag zur
Identität des zweiten Feueropfers.
    Möge Gott seine lüsterne Seele
verrotten lassen!
    Aber ich werde nicht anrufen.
    Einen Anruf jedoch werde ich ganz gewiß
machen.
     
    Wenn erst der Staub, wenn erst die
Asche beginnt, sich zu setzen.
    Sehen Sie, ich glaube, daß ein Treffen
zwischen uns beiden möglicherweise doch einen gewissen Wert haben könnte. Meinen
Sie nicht?
    Und während ich noch schreibe, höre ich
fast die Worte, die ich benutzen werde:
    «John? Sonntag? Das Übliche? Zwölf Uhr
mittags im Hinterzimmer vom Bird and Baby ? Sei bitte da!»
    Ja, John, sei bitte da — um unser
beider willen...
     
     
     

Teil
drei
     
    Sie
fliehn vor mir, die manchmal nach mir suchten
    Mit
nacktem Fuß stolzierten in mein Zimmer
    (Sir Thomas Wyatt, Remembrance)
     
     
    An jenem Nachmittag kam Lewis kurz vor
vier

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