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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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und da Lichter zu sehen, kleinere Dörfer, vielleicht die Fenster von Tabernas. Im Süden, wo irgendwo das Meer hinter sanften Hügelketten lag, stieg ein sanftes Glimmen zu den Wolken auf, und ich war nicht sicher, ob das die Geister von Almería waren oder doch nur seine Straßenbeleuchtung.
    Früher wurden oft Satellitenbilder gezeigt, auf denen zu sehen war, welche Ballungsräume der Erde bei Nacht das meiste Licht produzieren. Mittlerweile wurden solche Aufnahmen unter Verschluss gehalten. Einhundertfünfundsechzig Millionen Geister geben eine Menge Helligkeit ab, und im Internet wurde behauptet, dass der Anblick aus dem Weltraum für die meisten ein zu großer Schock gewesen wäre. Da wurde der Zusammenbruch der Zivilisation postuliert, als wären ein paar Satellitenbilder Grund genug, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Gerüchte einiger Nerds, nahm ich an, die sich schon in gepanzerten Schrottautos durch leere Städte rasen sahen, um sich Duelle mit Nagelkeulen und selbst gebastelten Flammenwerfern zu liefern.
    Zugegeben, fast zweihundert Millionen sind eine Menge, aber verteilt über den Planeten machte ihr Leuchten wohl nur einen Bruchteil von dem aus, was all die Metropolen und Fabrikanlagen an Licht in die Atmosphäre strahlten.
    Emma brach unser Schweigen. »Ich hab noch kein Flugzeug gesehen.« Sie saß stocksteif auf dem Beifahrersitz und blickte durch das Seitenfenster hinauf in den Himmel. Im ersten Moment glaubte ich, sie meinte das Flugzeug. Den Airbus 318, Flug IB259. Aber sie setzte gleich hinzu: »Kein einziges Licht da oben. Auch am Nachmittag war nirgends ein Kondensstreifen.«
    Mir war das nicht aufgefallen, aber Emma bemerkte ständig solche Dinge. Gerüche, die jeder als selbstverständlich hinnahm. Farben, die nicht zu allen übrigen passten. Ganze Gespräche inmitten ohrenbetäubenden Lärms. Emma besaß einen Filter für Informationen, die niemand sonst registrierte.
    »Vielleicht gibt es über der Wüste keine Flugschneisen«, sagte ich.
    »Rain«, entgegnete sie sehr betont, »warum sind wir dann hier?«
    »Könnte doch sein, dass sie die seitdem geändert haben.«
    »Ein Flugzeugabsturz ist kein Autounfall, nach dem sie mal eben einen Baum absägen. Es gibt keinen Grund, warum man danach die Routen anderer Maschinen ändern –«
    »Schon gut. Hast gewonnen.« Ich streckte mich, so weit das hinter dem Steuer des parkenden Mini möglich war, und strafte das tote Radio mit meinem schlimmsten Vernichtungsblick. Vielleicht die falsche Strategie, um es wieder zum Leben zu erwecken.
    Der Mini stand noch immer am Rand der erneuerten Asphaltdecke. Wir hatten die Türen geschlossen, seit draußen ein kühler Wind über die Wüste jagte. Die Sitze waren ein wenig nach hinten gekippt. Den Abend über hatten wir abwechselnd gedöst, geredet und dabei den Amerikaner im Auge behalten. Vor drei Stunden hatte er seinen Stuhl zusammengeklappt und sich mit seinem Gewehr in den Geländewagen zurückgezogen. Bei Anbruch der Dämmerung war zuerst er selbst in der Dunkelheit versunken, dann auch sein Fahrzeug. Ich stellte mir vor, wie er mit seiner Waffe in der einen und dem Kreuz in der anderen Hand unsichtbar um unsere Fenster schlich.
    »Es ist bald so weit.« Seit über einer Stunde zählte ich die Minuten.
    »Wie Silvester«, sagte Emma mit einem Nicken. »Man weiß gar nicht, ob man sich auf das neue Jahr freut oder darüber, dass das alte vorbei ist.«
    Ich warf ihr einen prüfenden Blick zu. Die Fahrt nach Spanien war mein Vorschlag gewesen, weil ich gehofft hatte, es würde ihr guttun, sich von unseren Eltern zu verabschieden. Es gab erste Studien darüber, ob es den Menschen half, ihre Verstorbenen noch einmal als Geister zu sehen, oder ob das den Trauerprozess verlangsamte. Die Wissenschaft hatte keine eindeutige Haltung dazu, aber nach der Sache in Afrika hatte mein Therapeut den Plan unterstützt, den Absturzort aufzusuchen und meinen Eltern ein letztes Mal gegenüberzutreten. Die Therapie hatte ich abgebrochen, aber diese eine Sache fand ich schlüssig. Nicht nur für Emma, auch für mich. Ich war nach Kenia gegangen, um herauszufinden, was meine Eltern dazu gebracht hatte, jahrelang fremde Kinder zu retten und dafür ihre eigenen Töchter zu vernachlässigen. Aber stattdessen hatte ich mit meiner Reise alles nur schlimmer gemacht. Die Hoffnung, so etwas wie einen Punkt unter die Beziehung zu ihnen zu setzen, hatte ich aufgegeben.
    Nicht aber für Emma. Vielleicht würde die Begegnung

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