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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Thema abbringen. »Ich mache kein Geheimnis aus meiner Verzweiflung über die britische Außenpolitik, Hugh«, erklärte er Vater. »Ich halte sie für verbohrt, besonders wenn wir die Balfour-Deklaration wieder hervorkramen und die zionistische Illusion einer Rückkehr nach Palästina unterstützen.«
    »Wollen Sie, dass wir diesen Clown Hitler als ebenbürtigen Partner in Europa akzeptieren?«, fragte Colonel Vivian. Er sah Vater an und hob dabei die Hände, als hätte er damit den Streit in seinem Sinne beendet.
    »Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Hitler ist uns ebenbürtig«, sagte Philby. »Wenn ihn das britische Establishment für einen Clown hält, liegt das allein daran, dass die britische Presse ihn mit Spott überzogen hat. Die Regierung dieses Landes ist ganz genauso für die Spannungen in Europa verantwortlich wie Hitler.«
    »Siehst du keine Lösung?«, fragte Vater. Er schien ernstlich irritiert von der Starrköpfigkeit des Haddsch, obwohl er eigentlich Meinungen zu schätzen wusste, die die Folge eines exzentrischen Temperaments waren.
    »Es gäbe eine Lösung, wenn das Foreign Office nicht zu dämlich wäre, danach zu suchen. Wir müssen den Streit auf christliche Weise beilegen.«
    »Sollten wir uns als Christen nicht wegen Hitlers Haltung den Juden gegenüber Sorgen machen?«, fragte Colonel Menzies.
    »Als militanter Anti-Zionist«, antwortete der Haddsch, »schere ich mich einen Dreck darum, wie Hitler seine Juden behandelt, solange er sie nicht nach Palästina schickt. Schließlich sind es
seine
Juden, Stewart.« Philby sah meinen Vater an. »Die großen Feinde der westlichen Zivilisation sind nicht Hitler und Deutschland, sondern der Generalissimo Stalin und Sowjetrussland.«
    Vater sagte: »Ich sehe das nicht ganz so wie du, alter Junge. Du bist ja wie besessen von den Sowjets, aber das warst du schon damals im College. Ich weiß noch, was du über Trotzki und seinen Petersburger Sowjet zum Besten gegeben hast. In welchem Jahr wird das wohl gewesen sein, Evelyn?«
    »Neunzehnhundertfünf, Vater.«
    »Fünf, natürlich. Mein Vorgänger beim SIS, Smith-Cumming, war auch so vom Kommunismus besessen. Versuchte, die Bolschewiken nach ihrer kleinen Palastrevolution zu stürzen – was ihm auch fast gelungen wäre. Ich rede von Bruce Lockharts Streich, der uns nichts als böse Schlagzeilen eingebracht hat. Smith-Cumming hat ein Gutteil der äußerst beschränkten Mittel des SIS auf die, wie er es sah, Gefahr einer sowjetischen Weltrevolution verwandt. Als ich den Laden von ihm übernahm, nachdem er vor seinen Schöpfer getreten war … Verdammt noch eins, in welchem Jahr war das nun wieder, Evelyn?«
    »Neunzehnhundertdreiundzwanzig, Vater.«
    »Exakt, dreiundzwanzig. Die Unfähigkeit, sich an derlei Daten zu erinnern, ist ein Zeugnis verfrühten Altersschwachsinns, wie? Ich sagte gerade … Was habe ich gesagt? Ach ja, dass wir unsere mehr oder weniger orthodoxen Spionageanstrengungen gegen die Sowjets gerichtet haben, bis Hitler die Bühne betrat. Angesichts der Kürzungen unseres Budgets durch das Foreign Office, gar nicht zu reden von der unerschütterlichen Überzeugung des F. O., dass Hitler unser Hauptgegner ist, mussten wir ein paar Umgewichtungen vornehmen.«
    »Ganz recht«, sagte Colonel Vivian.
    Vater mochte keine Unterbrechungen. »Wie ich sagte, mussten wir ein paar Umgewichtungen vornehmen: Wir haben unsere Mittel vom Zielobjekt Russland abgezogen und das Augenmerk auf das faschistische Deutschland gerichtet.«
    »Ganz falsch«, sagte der Haddsch.
    Philby war einer der sehr wenigen, die Vater so in die Parade fahren durften.
    »Warum?«, fragt Quex durchaus freundlich.
    »Die Zukunft ist für all die erkennbar, die keine Angst davor haben, in die Kristallkugel zu schauen«, sagte der Haddsch. »Europa steuert auf einen weiteren großen Krieg zu, und Russland wird durch seine unerschöpflichen menschlichen Ressourcen und Stalins ruchlosen Hunger nach Unterwerfung als beherrschende Kraft daraus hervorgehen. Die Sowjets sind darauf aus, verlorenes Land zurückzugewinnen, und werden die alten zaristischen Begehrlichkeiten hinter kommunistischer Ideologie verstecken. An den unwahrscheinlichsten Orten werden revolutionäre Bewegungen entstehen, finanziert und ermutigt von den Sowjets und ihnen am Ende auch treu ergeben. Das Empire steht auf dem Spiel. Indien wird zuerst herausbrechen.«
    Colonel Menzies war dem Gespräch aufmerksam gefolgt. »Was sollten wir denn Ihrer Meinung nach

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