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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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seine Gefühle auch erwiderte.
    »Heiraten?« Seine Mutter blickte ihn an, lächelte. »Das ist aber eine Überraschung. Davon hast du mir ja gar nichts gesagt, Kind. Ist dir die Sache auch ernst? Hast du sie dir gut überlegt?«
    Er nickte stumm. Es ging schon los. Da hatte er sich ja in einen schönen Schlamassel hineingeritten. Er musste jetzt handeln, etwas, was ihm ganz und gar zuwider war. Er musste Veronika überzeugen, ihr seine Liebe gestehen. Aber warum sollte es nicht klappen? Bei ihrer offenen Art brauchte er keine Scham zu haben. Bisher war er den Frauen gegenüber viel zu distanziert. Schön langsam bewegte er sich auf die 40 zu. Er musste etwas machen aus seinem Leben, durfte nicht an die Hindernisse denken, sondern an deren Überwindung.
    Manchmal wünschte er sich, er hätte etwas mehr von seinem Vater an sich. Der konnte gut mit Frauen umgehen. Der hatte sich auch nicht gescheut, seinem Leben eine andere Richtung zu geben, wenngleich …
    Trotz aller Bewunderung fand Franz Jäger es nicht schön, dass sein Vater ihn und seine Mutter so einfach verlassen hatte.
    »Dann ist es doch am besten, wenn du sie mir gleich vorstellst, Franz«, unterbrach Valerie seine Gedanken. »Soll ich dich wirklich nicht abholen?«
    »Nein, Mutter.«
    »Entschuldige, ich sehe, dass ich dir auf die Nerven gehe, aber ich bin doch so neugierig. Du musst sie zum Kaffee einladen, gleich morgen. Ich möchte wissen, was das für eine Frau ist, die plötzlich solche Gefühle in dir hervorruft. Seid ihr schon lange zusammen?«
    Veronika Plank zum Nachmittagskaffee mit seiner Mutter! Franz Jäger lief es bei dem Gedanken kalt den Rücken hinunter. »Ja, schon lange«, antwortete er automatisch.
    »Und ich habe die ganze Zeit nichts bemerkt. Da hast du mich ja schön an der Nase herumgeführt.« Valerie schüttelte den Kopf. »Erzähl mir von ihr«, forderte sie ihren Sohn auf.
    »Nicht jetzt! Mutter, bitte! Ich muss gehen. Im Kaffeehaus warten sicher schon alle auf mich.« Franz Jäger war klar, wenn er nicht bald wegkam, würde sich dieses Gespräch endlos in die Länge ziehen.
    »Na schön.« Valerie lächelte noch immer, trotzdem nahm ihr Gesicht einen ernsteren Ausdruck an. »Wenn du nicht willst, bitte. Ich kann ja warten. Ich hoffe nur, du hast dir überlegt, was du tust. Du weißt ja, wie uns dein Vater behandelt hat. Seit er weg ist, habe ich nur eine Angst: dass du es genauso treibst wie er. Bitte enttäusch’ mich nicht.«
    »Nein, ich werde dich nicht enttäuschen«, brummte Jäger ungeduldig, während er in seinen Mantel schlüpfte. Nichts wie weg, dachte er sich. Warum war ihm diese Sache nur herausgerutscht? Er hätte sich zurückhalten müssen, bis er Klarheit über sich und Veronika hatte. Jetzt stand er unter Zugzwang. Jetzt musste alles gut gehen. Denn seine Mutter nahm solche Ankündigungen wie vorhin ernst, sehr ernst sogar.
    Wenn er doch, was die Frauen betraf, etwas mehr von seinem Vater an sich hätte.
     
    *
     
    Es gab Dinge zwischen Himmel und Erde, die ließen sich nicht so leicht erklären. Es kamen Botschaften von der anderen Seite. Wer aber dachte, dass man solche Phänomene durch ein einfaches Tischerlrücken oder die Teilnahme an einer spiritistischen Sitzung ergründen konnte, der hatte eine zu simple und unausgegorene Sichtweise der Dinge.
     
    Abzustreiten war es jedenfalls nicht, dass da etwas existierte, das sich nur wenigen Menschen, so wie ihr, offenbarte. Die anderen glaubten ihr nicht, dass sie Erscheinungen hatte. Das war in höchstem Maße töricht. Wenn sich jemand schon nicht in so etwas hineinversetzen konnte, dann sollte er wenigstens den Mund halten und nicht gleich alles abstreiten.
    Eine Erscheinung funktionierte nicht als körperliche Gegenüberstellung, war auch nicht etwas Sichtbares, aber Körperloses, wie einem in manch mittelmäßigem Film weisgemacht wurde. Sie fand nur in jemandes eigenem Inneren statt, laut- und gesichtslos. Allein diese Tatsache den Ungläubigen zu erklären, hatte sie so viel Energie gekostet, dass sie es bald aufgegeben hatte. Es war die Sache nicht wert.
    Ganz, ganz tief in sich spürte man es. Man konnte nicht sagen, wann es sich formen würde. Meist kam es in der Nacht. Sie konnte es dann sofort von jedem Traum unterscheiden. Hellwach war sie mit einem Mal, offen für alles, was ihr Körper aufsaugte. Es entstand ein seltsam gleichförmiger Zustand, wie wenn man plötzlich von außen auf sich schaut. Und dann kamen die Botschaften, die Ahnungen und

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