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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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ihr Lehrmeister. Er hatte ihre politische Haltung geformt, ihren Hang zum Aktionismus in die richtigen Bahnen gelenkt. Er und sie waren ein Team, das sich über alle Konventionen hinweggesetzt hatte. Es war nicht wichtig, mit wie vielen Männern sie es trieb, solange sie den Weg mit ihm gemeinsam ging, bei seinen Plänen mitmachte und ihm die Anerkennung und Zuneigung schenkte, die er sich verdiente. Sie durfte nicht einfach so mir nichts, dir nichts aufhören und ihm erklären, dass alles, was er für sie getan hatte, umsonst gewesen war.
    »Na schön, ist das dein letztes Wort?«, stieß er hervor. »Ist es damit aus mit dem Kampf um Tierschutz und Gerechtigkeit und gegen die bürgerliche Vereinnahmung der Welt?«
    »Ja, es ist aus«, ließ sich Veronika nicht erweichen. »Es gibt nicht nur eine Wahrheit. Und jetzt geh bitte.«
    Jochen Angerer blickte ihr noch einmal kurz ins Gesicht. Es sah so aus, als suche er eine Antwort auf den einen Punkt, der noch offen war.
    »Ich möchte auch nicht mehr, dass du hierher kommst«, sagte Veronika kaum hörbar. »Wir haben heute das letzte Mal miteinander geschlafen.«
    »So habe ich mich also in dir getäuscht«, legte Angerer jetzt los. »Ich habe dich immer für eine Kumpanin, eine Wegbegleiterin gehalten. Ich war der festen Überzeugung, dass du persönliche Sympathien für mich hegst. Ich habe geglaubt, dass dir der Sex mit mir Spaß macht. Es gibt keinen Grund, dass es nicht so ist, außer du bist die verdammteste Lügnerin, die ich kenne.«
    »Du willst nicht wahrhaben, dass sich Menschen ändern können.« Veronika blieb bei dem leisen, bestimmten Ton, der ihm wehtat. »Ich habe nur einen Fehler gemacht: Ich war zu feig, es dir zu sagen. Es ist gut, dass es jetzt so gekommen ist. Auch wenn es dir nicht gefällt: Wir sind erwachsene Menschen, sollten einander respektieren und in Frieden auseinandergehen.«
    »In Frieden? Dass ich nicht lache!«, schrie Angerer. »Du hast dich von diesem Kerl zu einer hörigen Mätresse machen lassen. Das kann ich nicht akzeptieren. Glaub ja nicht, dass du so davonkommst. Glaub das ja nicht.«
    Er drehte sich um, schlüpfte in seine abgetragene Lederjacke und verließ die Wohnung, nicht ohne vorher noch einmal laut mit der Faust gegen die Eingangstür zu donnern. Dann lief er die Stiegen hinunter, ohne das Licht aufzudrehen, wie ein Gehetzter. Auf der Straße wurde er von einem rauen, eisigen Wind angeblasen, dem er trotzig sein Gesicht entgegenreckte. Wenn man ganz genau hinsah, konnte man freilich feststellen, dass er weinte.
     
    *
     
    Sie sind alle selbst schuld, dachte er. Sie wollen es so. Wie sie uns lustvoll ihren Körper zeigen, um uns damit zu verführen. Und dann schreien sie und rufen um Hilfe, wenn wir uns ihnen nähern. Dabei muss es ja so kommen.
    Er hatte ihre Nacktheit wieder beim Liebesspiel beobachtet. Alles war bei ihr so einfach, nicht wie bei den anderen, die man in der schönen Jahreszeit erst an gewissen einsamen Orten aufspüren musste. Man brauchte nur zur geeigneten Zeit aus dem Fenster zu schauen, dann zeigte sie sich ungeniert.
    Sie war um vieles frecher als diejenigen, die er bisher angesprochen hatte. Keine unbedingte Schönheit, darum hatte er sich zuerst auch gar nicht richtig für sie interessiert. Extreme Kurzhaarfrisur. Eher nichtssagende Gesichtszüge, was auch durch ihre vollen Lippen nicht wettgemacht wurde. Unscheinbares Piercing im rechten Mundwinkel. Stets ungeschminkt. Auf der Straße wirkte sie so grau wie die Fassade der meisten Wohnhäuser in der Gegend. Man fragte sich schon, warum verschiedene Kerle an ihr Gefallen fanden.
    Aber wenn man dann sah, wie freizügig sie sich in ihrer kleinen Wohnung gab! Wie sie ihren Körper zur Schau stellte! Langsam begann ihre Figur, ihn in seinen Bann zu ziehen, besonders der kleine, straffe Hintern. Jetzt, in der ereignislosen Kälte des Winters, war es geradezu eine segensreiche Fügung des Schicksals, dass man so ein Weibsbild in seiner Nähe hatte.
    Er spürte, wie sein Drang, sie anzusprechen, von Tag zu Tag größer wurde. Es musste bald geschehen. Er hatte dergleichen schon lange, zu lange, nicht getan. Sein Vertrauen, dass es gut gehen würde, war groß. Sie würde auf alle seine Vorschläge eingehen und nicht schreiend und verängstigt vor ihm davonlaufen.
    Und wenn sie es doch tat? Dann war sie selbst schuld und hatte die Konsequenzen dafür zu tragen. Sie waren alle immer selbst schuld.
     
    *
     
    »Du gehst heute noch ins Kaffeehaus,

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