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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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war. Schließlich räusperte er sich und eröffnete die Debatte: »Da wir nun, scheint’s, beinahe vollzählig sind, möchte ich mit unserer Gesprächsrunde beginnen. Es geht, wie ihr alle wisst, um den plötzlichen und völlig unerwarteten Tod von Veronika, eine unfassbare, erschütternde Gewalttat.«
    Leopold musterte Klein weiterhin aus den Augenwinkeln. Schaute er drein wie jemand, der seine Geliebte verloren hat und darob mitgenommen und entsetzt ist? Nein. Diese unterdrückte Nervosität hatte offenbar einen anderen Grund. Den würde man natürlich herausfinden müssen.
    »Natürlich sind jetzt wir die Verdächtigen«, fuhr Klein fort. »Das werdet ihr ja aus den Fragen der Polizei herausgehört haben. Die machen sich’s leicht. Wir sind alle miteinander an einem Tisch gesessen, dann sind wir nacheinander gegangen, deshalb muss einer von uns der Mörder sein.«
    »Ganz ausschließen würde ich das von vornherein nicht«, bemerkte Gernot Stolz bissig.
    »Jedenfalls wäre es gut, wenn wir zur Klärung des Falles selbst einige Überlegungen anstellen würden«, zeigte sich Klein unbeeindruckt. »Jeder sollte uns seine Beobachtungen mitteilen, die er gestern auf dem Heimweg gemacht hat. Wer hat wen wohin gehen gesehen? Gab es irgendwelche Verdächtige auf der Straße? Und wohlgemerkt: Heute geht es nicht um die Relativierung der menschlichen Wahrnehmung im philosophischen Sinn. Es geht um die ganz realen Dinge.«
    »Dann fangen wir doch gleich bei dir an«, meldete sich Rudolf Caha forsch zu Wort. »Wo warst du gestern Abend?«
    »Ich bin als Erster gegangen und war selbstverständlich gleich zu Hause. Ich wohne ja nicht weit, wie ihr wisst«, entgegnete Klein kühl.
    »Leicht gesagt, aber schwer zu beweisen«, kam es wieder von Stolz.
    »Und warum sollte ich nicht nach Hause gegangen sein?«
    »Wer hat dich gesehen?«, fragte Caha bohrend. »Wir sind vielleicht nicht hier, um zu relativieren. Aber für die absolute Erkenntnis braucht man Beweise. Sind diese nicht vorhanden, bildet sich rasch eine Volkshypothese, gemeinhin auch Gerücht genannt, heraus. Deshalb muss jeder seine Karten auf den Tisch legen.«
    »Vielleicht kann ich weiterhelfen«, mischte sich jetzt Bianca Roth ein. »Ich denke schon, dass es Bernhard heimwärts gezogen hat, denn er war ja in Erwartung seines Täubchens. Warum, glaubt ihr, hat es Veronika denn in diese Richtung gezogen? Dreimal dürft ihr raten. Es sollte nur so aussehen, als ob sie und Bernhard nichts miteinander hätten. Ja, ja, unser Bernhard, der Philosoph, hat durchaus noch andere Interessen. Die Fragen, die wir uns deshalb stellen müssen, lauten: Ist er gleich hinauf in seine Wohnung gegangen, oder hat er irgendwo draußen auf Veronika gewartet? Ist es plötzlich zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und ihr gekommen? Wenn ja, wie endete diese Auseinandersetzung?«
    »Verstehe ich richtig, du hattest eine sexuelle Affäre mit dem jungen Ding?«, empörte sich Caha.
    Klein atmete einmal tief durch. »Mein Gott, was leben wir doch in einer kleinkarierten Gesellschaft«, sagte er dann. »Was ist denn so Schlimmes dran? Veronika war ein erwachsener Mensch und konnte tun und lassen, was sie wollte. Nur ein Neider regt sich über so etwas auf.«
    »Trotzdem: Du hast ein Geheimnis daraus gemacht. Das wirft jetzt ein ganz anderes Licht auf die Sache«, brummte Caha.
    »Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen«, gab Korber genüsslich von sich und wischte dabei etwas ungeschickt den Bierschaum weg, der sich beim letzten Schluck rund um seinen Mund angesammelt hatte.
    »Was soll das wieder heißen?«, reagierte Caha irritiert.
    »Dass du dich für manche deiner Schülerinnen mehr interessiert hast, als es uns Lehrern eigentlich zusteht, ist ein offenes Geheimnis. Und wenn mein Gedächtnis nicht stark nachgelassen hat, war Veronika da auch dabei.«
    »Das ist eine Unverschämtheit, das weißt du ganz genau«, polterte Caha. »Du redest etwas von Glashaus und Steinen, dass ich nicht lache! Was war denn damals mit der Kleinen aus deiner Maturaklasse? Gib Acht, was du tust! Ich bin noch immer ein guter Freund von Direktor Marksteiner. Wenn du diese Anschuldigungen nicht sofort zurücknimmst, werde ich …«
    In diesem Augenblick kam Leopold, der die letzte Entwicklung nicht überhört hatte, eilenden Schrittes herbei und verpasste Korber wie aus Ungeschicklichkeit mit dem Ellenbogen eine leichte Kopfnuss. »Pass auf!«, zischte er dabei kaum hörbar. »Pass nur ja

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