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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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Strafpredigt bewahrt.
    »Na, was sagen Sie, Leopold? Schaut so aus, als ob es weiße Engerln vom Himmel herunterschneien würde«, hörte er da Herrn Lothar im Gehen sagen. »Ich wünsche Ihnen ein frohes Fest. Euer Adventkranz ist übrigens einmal mehr der schönste weit und breit.« Dabei warf Lothar einen bewundernden Blick nach oben und drückte Leopold ein 2-Euro-Stück in die Hand.
    Jetzt begannen auch Leopolds Augen zu glänzen. Weiße Weihnachten haben halt doch ihren eigenen Zauber, dachte er bei sich und ging mit einem leichten Stoßseufzer wieder an seine Arbeit.
     
    *
     
    Es hörte den ganzen Vormittag nicht auf zu schneien. Allmählich gewöhnten sich Leopolds Augen an das unselige Getropfe der eintretenden Menschen. Dann aber kam etwas zur Tür herein, das ihm Rede und Atem verschlug.
    Das von einer dunklen Röte überzogene Gesicht des einen Mannes hob sich deutlich von den sonst ebenfalls roten, jetzt aber angezuckerten und weiß glänzenden Haaren ab. Mit ein paar unsicheren Schritten betrat er das Café Heller, hustete ein paar Mal laut, zog den Rotz in seiner Nase hoch und wischte sich gleichzeitig mit dem Armrücken über das Gesicht. Die kleinen, zusammengekniffenen Augen versuchten, sich in der ungewohnten Umgebung zu orientieren. Hinter ihm stolperte ein größerer, schlankerer Mann ins Lokal. Der Größere rief so laut, dass sich alle anwesenden Gäste nach ihm umdrehten: »Wer klopfet an? – O zwei gar arme Leut. – Was wollt ihr dann? – O gebt uns Herberg heut. Bring uns was zu trinken, Leopold, aber rasch.«
    »Bedaure, aber wir schließen gleich, meine Herren«, bedeutete Leopold den beiden, das Kaffeehaus so rasch wie möglich wieder zu verlassen. Auch sein Gesicht war rot angelaufen, als er erkannt hatte, was ihm da zur Tür hereingetorkelt war. Vor ihm standen, angeheitert und in einem bedauernswerten Zustand, Inspektor Bollek und Thomas Korber.
    »Versuch ja nicht, uns mit deinem Schmäh zu vergraulen, Leopold«, mahnte Korber. »Dazu ist unsere Lage zu ernst.«
    »Wir sind nüchtern wie ein kleines Kind nach der Taufe, lieber Herr W. Hofer. Sogar Ihre kleine Initiale habe ich mir gemerkt«, behauptete Bollek. Dabei taumelte er gegen den Kleiderständer neben der Tür und vermied es in letzter Sekunde, mit diesem umzukippen.
    »Ihr verschwindet jetzt sofort, bevor ich böse werde«, zischte Leopold. »Wir sind ein Kaffeehaus und kein Auffanglager für hoffnungslose Herumtreiber.«
    »Nicht so streng, nicht so streng, Leopold«, ließ sich da Frau Heller aus ihrer kleinen Küche vernehmen. Der Schnee hatte offenbar ihr Herz verzaubert, denn sie ließ Milde walten. »Setzen Sie die beiden Herren hinüber zu den Billardtischen, dort ist jetzt ohnedies nichts los«, zwinkerte sie Leopold zu. »Und bringen Sie ihnen zwei große Mokka. Das ist, glaube ich, das, was sie in ihrer jetzigen Situation am ehesten brauchen.«
    Unter Andeutung zahlreicher untertäniger Verbeugungen in Richtung Theke stolperten Korber und Bollek auf die ihnen angewiesenen Plätze zu. Dort ließen sie sich in die Sessel fallen, schnauften jeder ein bisschen, um die damit verbundene Anstrengung anzudeuten, und stierten einige Augenblicke mit leerem Blick geradeaus vor sich hin. Korber zündete sich mechanisch eine Zigarette an, begann allerdings schon beim ersten Zug fürchterlich zu husten.
    »Das geschieht dir recht«, schnauzte Leopold ihn an, während er das Tablett mit den beiden großen Schwarzen und den nicht minder großen Gläsern Wasser lieblos auf dem kleinen, runden Tisch abstellte. »Na, in welcher Spelunke haben wir denn diesmal die Nacht verbracht?«
    »Es war keine Spelunke, sondern ein äußerst angenehmes Lokal«, korrigierte Bollek mit erhobenem Zeigefinger.
    »Wir waren im Botafogo«, erklärte Korber.
    »Gute Musik, anständige Getränke, vernünftige Preise. Was will man mehr?«, zeigte sich Bollek zufrieden.
    »Und ein paar Damen, eher nett als anständig, im Halbdunkel natürlich nur verschwommen zu erkennen«, ätzte Leopold. Er kannte das Botafogo sehr gut von unzähligen Nächten, in denen er Korber von dort zu dessen eigenem Besten abgeholt hatte.
    »Genau«, attestierte Bollek. »Also die eine da, erinnerst du dich, Thomas? Die mit dem Schmollmund. Von der hätte ich gern einmal …« Er grinste nur schmutzig, anstatt den Satz zu vollenden. Seine kleinen, roten Äuglein leuchteten dabei ein wenig. Sie wurden aber, während Leopold sich diskret entfernte, um weiterhin seiner Arbeit

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