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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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vielleicht bei die Gscherten?«
    »Woher kennt die mich?«, fragte Tante Agnes entgeistert.
    »Die kennt dich nicht«, lächelte Leopold amüsiert. »Das ist nur so ein Spruch bei uns in Wien.«
    »So was! Das ist also euer berühmter Wiener Charme«, meinte Agnes Windbichler ein wenig beleidigt. »Und zugehen tut’s hier überall … wie beim Waschka-Wirten in Weitra am Sonntag zu Mittag. In diesem Geschäft kaufst du immer dein Gewand ein?«
    »Ja, Tante. Man muss die Kleinen ein bisschen leben lassen, sonst sind sie eines Tages plötzlich nicht mehr da«, erklärte ihr Leopold. »Außerdem sind die Angestellten hier besonders freundlich und zuvorkommend.«
    »Nicht Sie schon wieder!«, rief ihm da gleich Mario Schweda entgegen, und es klang gar nicht freundlich und zuvorkommend. »Ich werde das Geld demnächst vorbeibringen, aber heute ist Arbeiten angesagt. Da habe ich keine Zeit für solchen Firlefanz.«
    »Sie werden es nicht glauben, aber ich brauche Sie trotzdem«, teilte Leopold ihm mit diebischer Freude mit. »Ich kriege nämlich zu Weihnachten von meiner lieben Tante hier einen Pullover geschenkt. Da ist Ihre Beratung vonnöten, damit es ein besonders schönes Präsent wird.«
    »Da vorn liegen stapelweise Pullover, also schauen Sie sich einmal ein bisschen allein um«, versuchte Schweda, Leopold abzuschütteln.
    »Aber es geht mir doch in erster Linie um den Service«, ließ Leopold nicht locker. »Grad hab ich der Tante erzählt, wie nett in diesem Geschäft alle zu den Kunden sind. Also: Welche Farbe steht mir, würden Sie sagen? Welches Muster?«
    »Schlangenlinien«, brummte Schweda, bequemte sich aber doch dazu, Leopold zu den Pullovern zu begleiten.
    »Sie haben übrigens da hinten Mäntel mit so hübschen Pelzkrägen«, zwinkerte Leopold Schweda zu.
    »Möchte Ihre Tante vielleicht einen?«, schnauzte der zurück.
    »Nein, aber ich frage mich, ob das nicht gewisse Tierschützer auf den Plan rufen wird. Man hört ja so allerlei in letzter Zeit. Aber Sie hat man bis jetzt ja in Ruhe gelassen, soviel ich weiß.«
    »Wir müssen uns solchen Herausforderungen stellen«, bemerkte Schweda nüchtern. »Schließlich sind wir für unsere Kunden da, nicht für gewisse Randgruppen.«
    »Da bin ich völlig Ihrer Meinung.« Leopold begann, die Pullover durchzusehen. »Der rote da ist schön«, meinte er schließlich. »Haben Sie den auch in einer kleineren Größe?«
    »Nein, leider nicht mehr. Aber probieren Sie ihn doch an. Ich glaube schon, dass er passt«, befand Schweda knapp. »Die Umkleidekabinen sind im Augenblick allerdings leider alle besetzt.«
    »Macht nichts«, zeigte Leopold keine sonderliche Eile. »Ich hab Zeit. Ich wollte Sie ohnedies noch etwas fragen. Dieses Geschäft ist vor nicht allzu langer Zeit überfallen worden, stimmt’s?«
    »Ja, aber was soll schon wieder diese andauernde dumme Fragerei?«
    »Diese Fragerei ist nicht dumm. Ich habe nämlich gehört, dass Sie zum Zeitpunkt des Überfalls allein unten bei der Kassa waren.«
    »Es war kurz vor dem Aufsperren«, versuchte Schweda, beiläufig zu klingen. »Mein Kollege war hier oben in der Herrenabteilung, und eine Mitarbeiterin hat uns noch schnell etwas zum Frühstück geholt. Wir haben die Tür gleich offen gelassen. Auf einmal ist dann dieser Typ mit Maske und Pistole vor mir gestanden, hat gezischt, das sei ein Überfall, und wollte das ganze Geld, und zwar flott. Aber was rede ich. Ich habe alles bereits der Polizei erzählt. Sie geht das überhaupt nichts an.« Er ärgerte sich offensichtlich darüber, dass er Leopold gleich so bereitwillig Auskunft erteilt hatte.
    »Ich glaube, ich brauche gar keine Umkleidekabine. Halten Sie bitte kurz.« Ungeniert drückte Leopold Schweda seine Jacke in die Hand, dann streifte er den roten Pullover über. »Ich glaube, der passt wirklich«, nickte er dann zufrieden. »Und vielleicht geht mich die Sache wirklich nichts an, aber ich mache mir halt so meine Gedanken.«
    »In welcher Hinsicht?« Schwedas Stimme wurde heiser. Er begann wieder zu schwitzen. Es ging ihm offensichtlich nicht gut. Leopold kannte das schon.
    »Sehen Sie, jetzt sind Sie neugierig«, fuhr er deshalb fort. »Dabei ist doch alles ganz einfach: Sie allein da unten mit dem Räuber. Der Kollege hier heroben, wo er so viel von der unteren Etage sieht wie ich jetzt, nämlich null. Die Kollegin fort, weil Sie sie wegen eines Frühstücks geschickt haben. Die Tür offen, obwohl es noch gar nicht neun Uhr ist. Sieht das nicht alles

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