Philosophenpunsch
frühstücken, ja? Und Weihnachten ist kein Problem! Das feiern wir in einem Lokal in der Innenstadt.«
»Von wegen! Das ist wohl das Einfallsloseste, was es gibt«, lehnte Julia sofort ab. »Lokale sind bei einem solchen Anlass viel zu unpersönlich. Ich hätte es schon gern ein bisschen gemütlich. Außerdem: Willst du über die Feiertage einfach weitersaufen?«
»Um Gottes willen, nein!« Korber musste aufpassen, dass ihm kein Stück von der Pizza aus dem Mund fiel. »Ich dachte nur, einem jungen Menschen wie dir gefällt so etwas besser.«
»Da bin ich lieber altmodisch. Bemüh dich schön, hier bei dir zu Hause etwas auf die Beine zu stellen. Und was ist eigentlich mit heute? So ganz von allein füllt sich mein Magen auch nicht.«
Korber überlegte: »Hier in der Nähe sind ein paar nette Heurige. Da könnten wir hingehen.«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage! Anscheinend denkst du ständig nur an Alkohol! Dass mir das als deine Schülerin nicht aufgefallen ist.«
»Ich habe doch nur gemeint, dass wir uns schnell etwas zu essen und zu trinken nach Hause holen können!«
»Na gut! Das ist gar keine so schlechte Idee. Ein wenig Bewegung an der frischen Luft kann nicht schaden. Aber zum Trinken nimmst du dir höchstens ein Kracherl, hörst du?«
»Ja, ja! Rede nicht so viel, sondern zieh dir lieber die Schuhe an«, forderte Korber, der es plötzlich eilig zu haben schien, sich zum Gehen bereit zu machen. Tatsächlich war ein kleiner Spaziergang das Beste, was sich für den Rest des Abends anbot: ein bisschen gehen, plaudern, auf andere Gedanken kommen; durch den weißen Schnee stapfen und sich aufs Essen freuen; versöhnlich werden.
Es hatte aufgehört zu schneien. Der Ortskern von Großjedlersdorf lag, ein wenig abseits der großen Straßen, ruhig und friedlich mit seiner Kirche und den ebenerdigen Häusern da. Im Licht der Laternen sah alles wunderschön angezuckert und beinahe unberührt aus. Sobald Julia Leichtfried und Thomas Korber in die Amtsstraße einbogen und einfach ein Stück geradeaus weitergingen, würden ihnen schon bald ein Hauslicht und der dazugehörige Buschen anzeigen, dass sie an ihrem Bestimmungsort angelangt waren.
Eine Zeitlang sagten sie nichts, nahmen nur die beinahe vollkommene Stille in sich auf. »War es wegen dieser Frau?«, fragte Julia dann. »Ich meine, dass du die gestrige Nacht durchgemacht hast.«
»Warum interessiert dich das?«
»Weil es mich in eine dumme Situation gebracht und dich sehr verändert hat, wenn du’s genau wissen willst.«
»Bei der kenne ich mich einfach überhaupt nicht aus«, seufzte Korber. »Ich weiß nicht, will ich sie jetzt oder nicht.«
»Und wieso weißt du das nicht?«
»Bei ihr ist es anders als bei anderen Frauen. Ich stehe nicht rein körperlich auf sie, verstehst du?«
»Du meinst, es ist so eine Art Seelenverwandtschaft?«
»So ähnlich! Ich habe das Gefühl, da ist ein Mensch, der mich versteht. Ich spüre, dass da etwas mehr drinnen ist als sonst. Aber ich komme nur langsam voran, wahrscheinlich, weil ich zu viel nachdenke. Und dann verliert sie wegen einer Kleinigkeit wie gestern Mittag die Nerven. So etwas macht mich fertig.«
»Sie war einfach nur eifersüchtig, glaube ich.«
»Möglich. Der ganze Verlauf unserer Beziehung, wenn man es so nennen darf, ist eben blöd. Irgendwie stehe ich jetzt an und glaube, es geht nicht mehr weiter. Ist dir so etwas noch nie passiert?«
Julia dachte kurz nach. »Eigentlich nicht. Ich hüpfe immer zuerst einmal mit einem in die Kiste und schaue dann, wie es weitergeht. Das ist schon anders.«
»Der Letzte hat dich jedenfalls hinausgeworfen. So erfolgreich kann die Taktik also nicht sein«, urteilte Korber.
»Na ja, Garantie gibt es eben keine. So richtig gelungen ist mir halt auch noch nichts«, gab Julia zu.
Unmerklich hatten ihre beiden Hände einander gefunden, während sie so dahinschlenderten, Korber auf noch schwachen, durch seine Unmäßigkeit ausgelaugten Beinen. Das Ziel war nahe. »Schau!«, rief Julia plötzlich.
Eine zusammengekrümmte Gestalt lag in einer dunklen Ecke neben einer Garageneinfahrt. »Nein«, schrie Korber, völlig außer sich. »Nicht schon wieder!«
*
Herr Heller bemühte sich, den Stern möglichst attraktiv auf der Spitze des großen Christbaumes zu platzieren. Frau Heller und Agnes Windbichler sahen ihm dabei zu und mampften so eifrig an ihren Keksen, dass man meinen konnte, sie müssten immer so fortbacken, sonst bliebe nichts übrig. Tante
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