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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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schaute an mir vorbei aufs endlose Meer. »Was?«
    »Ich werde nicht Käptn auf so einem hier. Nicht auf einem kleinen Handelskahn.«
    »Sondern?«
    »Man erzählt sich von ganzen Ländern hinter dem Meer. Oder unter ihm, sagen manche. Hinter dem Malstrom, wohin kein Schiff fährt. Nur kommen manche vielleicht doch durch. Die Strudel sind nicht beständig, wißt Ihr? Und man redet immer von einem Kurs um sie herum, selbst wenn wir nur Karten haben, die auf der einen Seite die Grauen Felsen und die Gischtlande auf der anderen anzeigen. Trotzdem spricht man von anderen Wegen, davon, Gischtlande zu erforschen und von dort ein Schiff loszuschicken. Von Orten, die erreichbar sind, deren Bewohner seltsame Sprachen sprechen und Magie besitzen, von der wir noch nie gehört haben, wo selbst das Gestirn ohne Macht ist.«
    Ich sagte: »Ich habe gehört, das Gestirn ist in Grünewehr ohne Macht.«
    Sie zuckte die Achseln, als kümmere es sie nicht im geringsten; nichts, das so gewöhnlich war wie Grünewehr, hatte für sie Bedeutung. Sie hatte kurze braune Haare mit dichten Locken, die sich in der nassen Gischt bald lösten. Ihr breites Orca-Gesicht sah verlebt aus, wahrscheinlich wirkte sie älter als sie war. Der Wind drehte sich erneut, gefolgt vom Klingeln der Glocken, die hoch oben am sogenannten Hauptstag befestigt waren. Ich hatte mal gefragt, wozu das gut sei, woraufhin der Mastbaum mir in den Rücken knallte. Witzig, die Orca. Diesmal duckte ich mich, während gleichzeitig jemand davon sprach, man solle das Vorsegel verzurren, vielleicht auch festzurren; über das Knarren der Masten und die platschenden Wellen hinweg konnte ich es nicht genau verstehen.
    Ich sagte: »Ihr wollt also ein Schiff durch diesen Malstrom führen und sehen, was auf der anderen Seite liegt?«
    Sie nickte abwesend, dann grinste sie plötzlich. »Um die Wahrheit zu sagen, Ostländer, was ich eigentlich tun will, ist, ein Schiff zu bauen, das ihm widerstehen kann. Mein Urgroßonkel war Schiffsbaumeister. Er hat das Steuersystem für die Stolz des Südwinds erdacht und ist vor dem Interregnum auf ihr gefahren. Er war an Bord, als die Kaventsmänner sie überrollten.«
    Ich nickte, als hätte ich von dem Schiff und den »Kaventsmännern« gehört. Dann fragte ich: »Seid Ihr verheiratet?«
    »Nee. Wollte ich nie. Ihr?«
    »Ja.«
    »Mmmm«, machte sie. »Schön?«
    »Mal mehr, mal weniger.«
    Sie hüstelte wissend, obwohl ich bezweifle, daß sie eine Ahnung hatte. »Sagt mir doch mal: Warum genau fahrt Ihr nach Grünewehr?«
    »Geschäfte.«
    »Was für Geschäfte führen dazu, daß wir Euch als Ladung deklariert mitnehmen?«
    »Weiß das die ganze Besatzung?«
    »Nein.«
    »Gut.«
    »Also, was für Geschäfte?«
    »Das würde ich gern für mich behalten, wenn’s recht ist.«
    Sie zuckte die Achseln. »Wie Ihr wollt. Ihr habt für unser Schweigen bezahlt; wir haben keinen Grund, jeden Passagier dem Imperium zu melden, und den Insulanern schon gar nicht.«
    Darauf antwortete ich nicht. Und unsere Unterhaltung war damit beendet. Strömungen und Stunden zogen an uns vorüber. Ich aß noch mehr gepökelte Kethnas, fütterte Loiosh und schlief ein, während die Nacht das Meer zu einem kleinen Teich werden ließ, der Wellen an die Stolz des Chorba verfütterte, die am Heck als kleine Kielwasserspur wieder ausgestoßen wurden.
     
     
    Gegen Mittag am folgenden Tag sichteten wir Land und danach ein paar einzeln aufragende Masten in der Bucht, die unser Zielort war. Der Himmel wirkte hoch und sehr klar, er zeigte sich röter, und es war warm und angenehm. Der Käptn, Winsch, saß aufrecht auf dem, wie man mir inzwischen beigebracht hatte, Peildeck. Yinta lehnte beiläufig an einer Schiffswand beim Bug und rief dem Käptn unverständliche Informationen zu, und Winsch erteilte dem Teil der Besatzung Befehle, der das Ding steuerte oder auftakelte oder was auch immer.
    Während einer Pause in dem Geschrei ging ich zu Yinta hinüber und folgte ihrem Blick. »Das sieht ja gar nicht wie ein Bananenstrunk aus«, meinte ich.
    »Was?«
    »Schon gut.«
    Der Käptn brüllte: »Holt Peilung«, ein Befehl, den Yinta an einen dunklen, gebeugten Seemann weitergab, der davontrottete, um dies oder jenes zu tun. Grünewehr, dessen Spitze ich schon ganz gut erkennen konnte, bestand anscheinend aus dunkelgrauen Felsen.
    Ich sagte: »Sieht aus, als würden wir sie verfehlen.« Yinta ließ sich zu keiner Antwort herab. Sie übermittelte dem Käptn ein paar Zahlen von dem Seemann.

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