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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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setzte sich. Unter dem Arm klemmte die Trommel und dazu etwas, das wie ein zusammengerollter Zettel aussah.
    »Du hast gespielt?« fragte ich.
    Er nickte. »Ich hab das hier gefunden«, sagte er und rollte ihn auseinander.
    »Sieht wie ein Stück Leder aus«, fand ich.
    »Ist es auch«, sagte er. »Kalbsfell.« Er wirkte unerklärlich aufgeregt.
    »Habt ihr auf der Insel keine Kühe? Ich könnte schwören, ich hätte –«
    »Aber sieh doch mal, wie dünn es ist.«
    »Jetzt wo du es sagst, es ist recht durchsichtig. Sind die Kühe hier anders?«
    Ungeduldig schüttelte er den Kopf. »Das liegt am Gerben und am Schnitt. Ich habe noch nie so dünnes Kalbsfell gesehen. Es ist so dünn wie Fischhaut und wärmer.«
    »Wärmer?«
    »So kriegen sie diesen tollen Ton aus den großen Trommeln hin.«
    »Welche großen Trommeln?«
    »Die vor dem Imperialen Palast, die sie jeden Tag schlagen, um Zeremonien und Sachen anzukündigen.«
    »Sind mir nie aufgefallen.«
    »Nicht? Die sind gewaltig, ungefähr so.« Er streckte die Arme aus. »Und sie legen auf mindestens zehn davon gleichzeitig los, und –«
    »Jetzt, wo du es sagst, ich habe was davon gehört, zusammen mit den Trompeten, jeden Tag während der Rechenschaft.«
    »Heißt das so? Aber jetzt weiß ich, wie sie diesen Klang aus den Trommeln kriegen. Kalbsfell. Hätte ich nie geglaubt. Außerdem funktionieren sie in der Luft hier besser.«
    »Der Luft?«
    »Die Luft in der Stadt ist richtig trocken. Ich habe meine Trommel nicht ordentlich stimmen können, seit ich hier bin.«
    Zum erstenmal hörte ich, daß jemand behauptete, Adrilankha, eine Stadt, die flach an der Südküste lag, sei zu trocken. »Oh«, machte ich.
    »Wieso tragen sie Masken?«
    »Wer?«
    »Die Trommler.«
    »Oh. Hmmm. Darüber habe ich nie nachgedacht.«
    Er nickte und spazierte ins blaue Zimmer rüber. Beim Gehen strich er mit den Fingern über das Lederstück, die Trommel immer noch unter den Arm geklemmt.
    Ich sah, wie Cawti mich anschaute, konnte ihren Blick aber nicht deuten.
    »Kalbsfell«, sagte ich zu ihr. »Sie machen die Trommeln aus Kalbsfell.«
    »Nichts Besonderes, wenn man es weiß«, meinte sie.
    »Aber vielleicht ist das ja unser Problem. Vielleicht ist die Luft hier zu trocken für uns.«
    Sie lächelte leicht. »Das habe ich schon lange vermutet.«
    Ich nickte und lehnte mich im Sessel zurück. Rocza landete auf ihrem Arm und schaute fragend zu mir auf. »Kalbsfell«, erklärte ich ihr. Sie flog wieder davon.
     
    Ich saß unten im östlichen Empfangssaal des Schwarzen Schlosses und schaute den Lord Morrolan an. Im Sitzen wirkte er nicht so groß.
    Nach einer Weile fragte er: »Was ist denn, Vlad?«
    »Ich möchte mich über Revolution unterhalten.«
    Er neigte den Kopf und zog beide Brauen hoch. »Bitte?«
    »Revolution. Bauernaufstand. Gewalt auf den Straßen.«
    »Was ist damit?«
    »Könnte es passieren?«
    »Gewiß. Ist es bereits früher.«
    »Mit Erfolg?«
    »Das hängt von der Bedeutung ab, die du dem Erfolg beimißt. Führer sind von ihren eigenen Landarbeitern erschlagen worden. Während des Krieges der Barone gab es den Fall, da wurde eine komplette Grafschaft – ich glaube Langgras – verwandelt in –«
    »Ich meine eher langfristigen Erfolg. Könnten die Bauern an die Macht kommen und sich dort halten?«
    »Im Imperium?«
    »Ja.«
    »Unmöglich. Jedenfalls nicht, bevor der Zyklus auf die Teckla deutet, was noch mehrere tausend Jahre entfernt ist. Bis dahin sind wir beide tot und in Sicherheit.«
    »Bist du ganz sicher?«
    »Daß wir dann tot sind?«
    »Nein, daß es nicht passieren kann.«
    »Ich bin sicher. Warum?«
    »Da ist diese Gruppe von Revoluzzern, mit denen Cawti sich eingelassen hat.«
    »Ah, ja. Sethra hat vor einigen Wochen etwas über sie fallengelassen.«
    »Sethra? Woher soll sie das wissen?«
    »Weil sie Sethra ist.«
    »Hmmm. Was hat sie denn gesagt?«
    Morrolan schwieg und schaute an die Decke, während er sich erinnerte. »Sehr wenig, eigentlich. Sie schien besorgt, aber warum, weiß ich nicht.«
    »Vielleicht könnte ich dann mit ihr sprechen.«
    »Vielleicht. Sie wird später am Abend herkommen, um sich über den Krieg zu unterhalten.«
    Ich spürte, wie sich Mißbilligung um meinen Mund zeigte. »Welchen Krieg?«
    »Nun, im Augenblick gibt es noch keinen. Aber du hast gewiß die Nachricht gehört.«
    »Nein«, sagte ich zögernd. »Welche Nachricht?«
    »Ein imperiales Frachtschiff, die Wolkenlied, wurde gestern gerammt und versenkt, und zwar von

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