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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Angreifern aus Grünewehr.«
    »Grünewehr«, wiederholte ich und mußte schlucken. »Oh.«

 
     
LEKTION
STAATSANGELEGENHEITEN I
     
     
    Morrolan, Aliera und ich speisten in dem kleinen Raum mit Balkon, von dem aus man die Erde eine Meile weiter unten sehen konnte. Ich verzichtete auf den Ausblick. Morrolans Köche bereiteten eine kalte Entensuppe mit Zimt, eine Auswahl gekühlter Früchte, Kethna mit Thymian und Honig, diverses Grüngemüse mit Ingwer und Knoblauch und Waffeln mit Erdbeerglasur. Seiner Gewohnheit entsprechend baute er mehrere Weine zum Essen auf, anstatt für jeden Gang einen eigenen auszuwählen. Ich nahm einen trockenen Weißen von der Lohküste, bei dem ich das ganze Essen über blieb, außer zum Nachtisch, wo ich auf einen Pflaumenbranntwein, wie mein Großvater sagen würde, umstieg, den die Dragaeraner einfach Pflaumenwein nannten.
    Krieg war das Thema. Alieras grüne Augen strahlten, als sie über Landungen in Grünewehr spekulierte, während Morrolan bedächtig über Marineexpeditionen grübelte. Ich versuchte die ganze Zeit herauszufinden, warum es so weit gekommen war. Nachdem ich die Frage mehrere Male abgeschüttelt hatte, erkundigte Aliera sich dann: »Woher können wir wissen, warum sie es getan haben?«
    »Nun, hat es denn keine Kommunikation zwischen dem Imperium und der Insel gegeben?«
    »Möglich«, sagte Morrolan. »Doch davon ist uns nichts bekannt.«
    »Ihr könntet Norathar fragen –«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Aliera. »Sie wird uns berichten, was sie kann, wenn sie es kann.«
    Ich schmollte meine Ente an und stürzte noch etwas Wein hinunter. Normalerweise stürze ich ihn nicht, ich trinke ihn gerne in zwei oder drei Schlucken zur Zeit. Aliera, die ihr Glas wie einen Vogel hielt, die beiden unteren Finger sauber um den Stiel, nimmt beim Essen kleine, damenhafte Schlückchen, aber draußen im Gelände kippt sie ihn, wie ich zufällig weiß, runter wie jeder andere auch. Morrolan hält sein Glas immer an der Schale, als wäre es ein Gefäß ohne Stiel, und nimmt lange, gemächliche Schlucke, wahrend er die Blicke über seine Essensgesellschaft schweifen oder auf seinem Gesprächspartner ruhen läßt. Jetzt schaute er mich an. Er setzte das Glas ab, in dem etwas dickflüssiges Dunkelrotes schwamm, und fragte: »Weshalb interessiert es dich dermaßen?«
    Ich zuckte die Achseln. Morrolan nickte langsam. »Was hast du getan?«
    »Nichts, über das ich reden kann.«
    »Er hat wahrscheinlich jemanden umgebracht«, sagte Aliera.
    Morrolan fragte: »Hast du jemanden von ausreichender Wichtigkeit umgebracht, um Zorn gegen das Imperium auszulösen?«
    »Wechseln wir das Thema«, sagte ich.
    »Wie du möchtest«, erwiderte Morrolan.
    Ingwer und Zimt waren die Hauptgeschmacksnoten dieser Mahlzeit. Loiosh hockte mir auf der linken Schulter und erhielt einzelne Kostproben. Er fand, es sei zuviel Ingwer an dem Gemüse. Ich sagte ihm, daß es erstens so etwas wie zuviel Ingwer gar nicht gab und zweitens Jheregs kein Gemüse essen. Gerade erwiderte er etwas von Jheregs in freier Wildbahn verglichen mit zivilisierten Jheregs, als eine von Morrolans Dienerinnen, eine ältere Frau, die sich wie eine Wasseruhr der Serioli bewegte und graue Strähnen in den Haaren hatte, eintrat und verkündete: »Sethra Lavode.«
    Wir standen alle auf. Sethra kam herein, verneigte sich leicht und setzte sich zwischen Aliera und mich. Sie ließ sich immer gern ohne Titel ankündigen, was wohl zu ihrer Mysteriosität beitrug, denke ich, obwohl ich nicht sagen konnte, ob sie es ernst meinte oder nur so tat. Ihr habt sie noch nicht getroffen, also stellt euch bitte eine große Dragaeranerin vor, in einer schwarzen Bluse mit großen, weiten Ärmeln, an den Handgelenken ganz eng geschnitten, dazu eine schwarze Hose, die in schwarzen, hohen Stiefeln steckte, eine Silberkette, an der ein Anhänger mit einem Dragonkopf hing, der als Augen zwei Edelsteine hatte, und lange, baumelnde Silberdinger in den Ohren, die bei jeder Bewegung glitzerten. Ihre Wangenknochen waren hoch und scharf geschnitten wie bei den Dragonlords, und sie hatte spitz in die Stirn fallende Haare wie die Dzur. Ihre Augen, die nach oben gezogen waren wie die eines Dzurlords, waren dunkel und lagen tief in den Höhlen, und schaute man sie an, fürchtete man immer, sich in den Tausenden von Jahren ihrer untoten Erinnerungen zu verlieren. Eisflamme, in blauer Scheide vor dem Schwarz, erzeugte Echos in meinen Gedanken. Sie war ein Vampir, eine

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