Phönix
gerade von der durch den Teleport hervorgerufenen Panik erholte. Zum erstenmal ging mir auf, wie ungewohnt das alles für sie sein mußte und wie schwierig, im Angesicht dieser seltsamen Zaubereien Ruhe zu bewahren, auf die nichts in ihrem Leben sie vorbereitet hatte. Loiosh hat eine gute Wahl getroffen.
»Danke, Boß.«
»Keine Ursache, Loiosh.«
»Also, was hast du den ganzen Tag vor mir versteckt gehalten?«
»Warte ab.«
Wir erreichten die Stelle, an der ich meine ersten vier Verfolger bekämpft hatte, und ich nahm mir nicht die Zeit, nach Kampfspuren zu suchen. Loiosh führte mich; ich führte Morrolan und Aliera, und binnen anderthalb Stunden standen wir vor dem Dorf. Es war früher Abend. Niemand zu sehen.
»Wo sind die alle, Boß?«
»Wahrscheinlich auf Schiffen, um sich auf den Angriff gegen die dragaeranische Marine vorzubereiten.«
»Oh.«
»Laßt uns was essen«, sagte ich laut, und wir holten das hervor, was Morrolans Koch uns eingepackt hatte. Ich hatte getrockneten Winneasaurus und leckeres Brot. Mit dem Essen ließ ich mir Zeit, so daß es fast vollkommen dunkel war, als wir das Mahl beendet hatten.
»Und nun?« fragte Morrolan.
Ich sah in die fahlen Gesichter von Morrolan e’Drien und Aliera e’Kieron, die mich geduldig und erwartungsvoll anschauten. Ich sagte: »Nun führe ich uns an den Ort, den man als Palast bezeichnen kann, und verhandle angemessen und verschwinde.«
»Mit anderen Worten«, sagte Aliera, »werden wir einfach improvisieren.«
»Du sagst es.«
»Guter Plan«, befand Morrolan trocken.
»Danke. Das ist einer meiner besten.«
Ich ging voran, Morrolan und Aliera hinter mir. Beim Aufstieg der breiten, niedrigen Stufen zum kleinen, mit Säulen versehenen Gebäude, in dem die Regierung von Grünewehr hauste, müssen wir einen ordentlichen Anblick geboten haben.
Wir stießen die Tür vor zwei schläfrigen Wachen auf, keiner von beiden war uniformiert, beide hielten die kurzen, gefiederten Schwerter, an die ich mich so gut erinnerte. Beinahe augenblicklich verging ihnen die Schläfrigkeit. Wir drei hatten die beiden ohne große Anstrengung beseitigen können, aber ich erhob einen Arm, damit sie warteten.
Die Wachen starrten uns an. Wir starrten zurück. Ich sagte: »Führt mich zu Eurem –«
»Wer seid Ihr?« krächzte schließlich einer.
»Inoffizielle Abgesandte des Dragaeranischen Imperiums. Wir möchten Verhandlungen mit –«
»Ich kenne Euch«, sagte der andere. »Ihr seid doch der, der –«
»Aber, aber«, sagte ich. »Vorbei ist vorbei«, und ich lächelte ihn an. Hinter mir bereiteten die Truppen sich auf die Schlacht vor. Irgendwie hat es etwas Beruhigendes, wenn Morrolan mit Schwarzstab und Aliera mit Wegfinder hinter einem zur Verteidigung parat stehen. Die Wachen wirkten äußerst nervös; nicht ohne Grund. »Wir möchten den König sprechen«, sagte ich. Auf dem schmalen Korridor war sonst niemand zu sehen, sie hatten also keinen Angriff erwartet.
»Ich – ich sehe mal nach, ob er, ich meine, ich will mal schauen –«
»Ausgezeichnet. Tut das.«
Er schluckte und trat ein paar Schritte zurück. Ich folgte, Morrolan und Aliera hinter mir, und wir drängten die andere Wache ebenfalls zurück.
»Nein, Ihr wartet hier.«
»Auf keinen Fall«, sagte ich fröhlich.
Er blieb stehen. »Ich kann Euch nicht durchlassen.«
»Ihr könnt uns nicht aufhalten«, sagte ich vernünftig.
»Ich werde Alarm schlagen.«
»Nur zu.«
Er drehte sich um und schrie: »Hilfe! Eindringlinge!« aus vollem Halse. Aus irgendeinem Grund wollte ich sie trotzdem nicht erledigen, deshalb führte ich uns nur um sie herum. Im Vorbeigehen tätschelte ich dem, der mich erkannt hatte, die Schulter. Sie wirkten beide eher bemitleidenswert, und der andere zog tatsächlich blank, als wir passierten. Da zogen auch Morrolan und Aliera, und ich hörte den Kerl ehrfürchtige Stoßseufzer ausstoßen. Ja, auch hier auf der Insel konnte man eine Morgantiwaffe spüren, Phönixsteine hin oder her. Ich ging davon aus, daß Morrolan sich vornahm, dies nach unserer Rückkehr zu untersuchen.
»Hier lang«, sagte ich und führte uns in den Thronsaal.
Dort standen zwei weitere Wachen, ein bleicher Mann mit einer komischen weißen Strähne in den dunklen Haaren und eine hakennasige Frau. Offenbar hatten sie die Warnrufe gehört, denn sie standen mit auf uns gerichteten Speeren da. Rechts vom Thron stand eine alte, grauhaarige Frau mit tiefliegenden Augen, und links waren noch zwei Männer. Einer
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