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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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größer als ich, was für eine Dragaeranerin recht klein war. Vermutlich hat es sie mal gestört, denn sie hatte die Angewohnheit, lange Roben zu tragen und zu schweben statt zu gehen, aber vor kurzem hatte sie damit aufgehört. Ich dachte, ich würde sie irgendwann mal nach dem Grund dafür fragen, da fiel mir ein, daß es für mich wahrscheinlich kein irgendwann mal mehr geben würde. Ich erzitterte. An ihrer Seite hing ein Kurzschwert, das man Wegfinder nannte und das eine der siebzehn Großen Waffen war, wenngleich ich darüber hinaus nur wenig davon wußte. Den meisten Leuten reichte die Information, daß es morganti war, und ich gehörte dazu.
    Morrolan war wie immer in Schwarz gekleidet. An seiner Seite hing Schwarzstab, und je weniger man darüber erzählte, desto besser. Sethra ließ uns im Dreieck Aufstellung nehmen, ich stand an der Spitze, Morrolan rechts vor mir, Aliera links vor mir. Loiosh saß mir auf der rechten Schulter, Rocza auf der linken. Sie wirkte ein bißchen schreckhaft, Loiosh kalt wie Stahl. Sethra sagte: »Leg einen Arm auf Morrolans Schulter und einen auf – seid gegrüßt, Meister Taltos.«
    Ich schaute auf und sah meinen Großvater auf mich zuspazieren. Einen Augenblick lang befürchtete ich, er könnte darauf bestehen, mitzukommen, aber er wollte mir nur ein Amulett umhängen und mir einen Kuß auf die Wange geben.
    »Was ist das?«
    »Es sollte die Übelkeit von dir fernhalten, während du durch die Eleflande reist.«
    Das mußte ich erst übersetzen, dann fragte ich: »Du meinst, mir wird beim Teleportieren nicht mehr schlecht? Noish-pa, mein Leben ist erfüllt.«
    »Nein«, sagte er. »Es ist nicht erfüllt, bis du mir einen Urenkel geschenkt hast. Vergiß das nicht.«
    Ich sah ihm kurz in die Augen und küßte ihn auf die Wange. »Das werde ich nicht.« Er trat zurück, bis er neben Aibynn stand, der bei Daymar und Sethra war. Ich legte die Hände auf Morrolans und Alieras Schultern und sagte: »Na denn, Sethra und Daymar. Legt los.«
    »Konzentriere dich auf den Ort, Aibynn. Hast du einen im Sinn?«
    »Ja.«
    »Sehr schön. Konzentriere dich darauf, und öffne mir deinen Geist – oh, nimm das Ding ab.«
    »Ach, ja. Gut.«
    »So, jetzt denk daran. Erinnere dich an die kleinsten Kleinigkeiten, wie es sich dort anfühlt – ausgezeichnet. Du bist gut. Ich glaube, wir sind soweit, Vlad.«
    »Dann mach es«, sagte ich und hoffte, daß Aibynn uns nicht in eine Zelle oder ins Meer oder so schickte. Wenn ich ihm bloß mehr trauen könnte. Ich spürte Daymars mächtige psychische Gegenwart, als liefe er auf Zehenspitzen hinter meiner Stirn herum. Dann entstand etwas, das ich nur als psychischen Knäuel beschreiben kann. Stellt euch vor, wenn ihr wollt, daß eure Gedanken sauber rollende Wellen in einem Teich sind, und dann kommt jemand und schmeißt einen Stein mitten rein. Ich konnte keine zusammenhängenden Gedanken mehr fassen, und meine Wahrnehmung wurde hoffnungslos verschwommen. Ich weiß noch, es fühlte sich an, als triebe das Schwarze Schloß lose in meinem Kopf umher, und ich versuchte verzweifelt, es gegen den Sturm festzubinden, wobei mir gleichzeitig klar wurde, wie absurd es war.
    Und es wurde noch komischer, wesentlich komischer, aber ich kann es beim besten Willen nicht wiedergeben oder mich auch nur an die Bilder erinnern, die der Zauber erschuf. Das nächste, was ich deutlich weiß, war, daß wir alle in ein helles blaues Licht getaucht wurden, aus dem ein Strahl wurde, der in eine unmögliche Richtung davonschoß und uns mit sich riß.
    Keine Übelkeit. Nicht einmal das Gefühl von Bewegung. Wir standen in einer Senke unter dem Baum, aus dem ich vor gar nicht so vielen Tagen gestürzt war. Ich wollte eine Flasche Wein aufmachen, mehr weil Noish-pas Amulett funktioniert hatte als wegen des erfolgreichen Teleportzaubers, aber ich hatte leider keine dabei.
    Morrolan fragte: »Wie lautet der Plan, Vlad?«
    Plan? Ach, ich sollte einen Plan haben? »Folgt mir«, sagte ich, und: »Loiosh, erinnerst du dich an den Weg?«
    »Ich glaube schon, Boß. Halt dich ein bißchen links.«
    Wir liefen los. Durch die Wälder zu laufen war seltsam friedlich, ich vermute, das lag an der fehlenden psychischen Aktivität im Hintergrund, die sonst allgegenwärtig war, die man aber nie bemerkte. Bald vergaß ich, daß außer Loiosh noch andere bei mir waren, nur ihn konnte ich wie eine kühle Hand auf der Stirn meiner Gedanken spüren und weit im Hintergrund schwache Echos von Rocza, die sich

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