Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
nun sage, wird nicht aufgezeichnet.«
    »Oh.«
    »Lord Taltos, wißt Ihr, daß die Organisation Euch töten wird, wenn Ihr an ihr Verrat begeht?«
    »Kann sein«, sagte ich. »Versuchen werden sie es bestimmt.«
    Sie schüttelte den Kopf. Das Gestirn wurde wieder rosablau, und die Imperatorin führte uns zum Thronzimmer zurück, wo sie eine Aussage unter dem Gestirn ankündigte.
    Der Hof schaute zu. Das Gestirn schwebte mir über dem Kopf und bereitete sich vor, wie auch immer es funktionierte, Wahrheit und Lüge zu erkennen. Ich formulierte meine Anschuldigung sehr sorgfältig, damit die Wahrheit und die Schuld nicht in Frage gestellt wurden. Bei meiner ganzen Rede lag mein Blick auf Graf Soffta, der sich unglaublich anstrengte, ein gleichgültiges Gesicht zu machen.
    Und ich lächelte.

 
     
ÄSTHETISCHE
ÜBERLEGUNGEN

 
     
LEKTION
EINFACHE IMPROVISATION
     
     
    Ich kehrte ins Schwarze Schloß zurück und machte mir Gedanken über die Folgen.
    Mein Leben war sogar noch weniger wert als das Kleingeld in meinem Beutel, und wenn alles so lief, wie ich mehr als halbwegs erwartete, wäre meine einzige Genugtuung, der Organisation das Vergnügen genommen zu haben, mich zu töten. Ich hatte einige Minuten, um in mich zu kehren, als ich mich für eine Weile zum Ausruhen in mein Zimmer zurückzog.
    Das glich absolut nicht dem Fatalismus, der gewisse Lyorn befällt, die zu lange das Leben betrachten, und es war auch nicht ganz der selbstmörderische Wahn, der mich kurzzeitig befallen hatte, nachdem ich unter Folter gebrochen wurde. Es verhielt sich eher so, daß die Dinge sich in einer Weise entwickelt hatten, daß mir immer weniger Möglichkeiten blieben, also mußte die übrigbleibende die richtige sein.
    Was die nächste Frage aufwarf: Wann hatte es mich plötzlich so zum Richtigen hingezogen, statt wie sonst zum Praktischen? Ist es auf den Straßen von Süd-Adrilankha passiert? War es im Laden meines Großvaters, als er, so einfach und still, sagte, daß, was ich tat, falsch war? War es, als ich schließlich ein für allemal erkannte, daß die Frau, die ich geheiratet hatte, sich mir für immer entzogen hatte, und daß sie, was auch aus ihr geworden sein mochte, so wie ich war, keinen Platz mehr für mich hatte? Oder war es so, daß ich endlich vor einem Problem stand, das ich nicht durch die Ermordung der richtigen Person lösen konnte; das ich wahrhaftig nur lösen konnte, indem ich dem Imperium, das ich haßte, einen Dienst erwies?
    Das war, so wurde mir plötzlich klar, mit Cawti geschehen: Sie hatte ihren Haß gegen die Dragaeraner auf das Imperium verschoben. Manche Narren behaupten, man könne ohne zu hassen durchs Leben kommen oder das Gefühl an sich sei irgendwie falsch, aber ich hatte nie so ein Problem. Doch manchmal kann einen der Haß genauso irreleiten wie die Liebe, mit Ergebnissen, die ebenso katastrophal sind. Es war bestenfalls dämlich gewesen zu glauben, daß ich Dragaeraner haßte, wenn meine besten Freunde allesamt dieser Rasse angehörten. Cawtis Haß auf das Imperium, den ich nun auf meine Art teilte, war vielleicht vernünftiger, aber vollends frustrierend. Noish-pa hatte recht: Haß ist unvermeidlich; ihn seine Handlungen kontrollieren zu lassen, ist dämlich.
    Ich wußte nicht, wo ich nun blieb, und ich mußte zugeben, während ich an die Decke starrte und meine Gedanken vor Loiosh verbarg, daß es ohnehin einerlei war. Indem ich mich dem Richtigen anstelle des Praktischen unterwarf, hatte ich mich unwiderruflich verändert. Doch gestattet man sich erst, Notwendigkeiten anzuerkennen, entdeckt man zweierlei: Erstens sieht man, daß einem nur noch so wenige Handlungsmöglichkeiten bleiben, daß der einzige Ausweg offensichtlich daliegt, und zweitens, daß mit dieser Entscheidung ein großes Gefühl von Freiheit entsteht.
    Morgen um diese Zeit würde Vlad Taltos, Jhereg und Attentäter, so oder so tot sein. Ich stellte sicher, daß meine Dokumente alle korrekt waren, und beschloß, die Zeit für die selbsterwählte Seelenerforschung sei nun abgelaufen.
    Aber ich hoffte inständig, daß mir die Gelegenheit gegeben würde, meiner Dämonengöttin einen Teil meiner Gedanken mitzuteilen, wenn alles gesagt und getan war.
     
     
    Am frühen Nachmittag wurde ich zu Morrolans unterem Arbeitsraum gerufen, jenem, in dem er seine Experimente mit der Zauberkunst durchführte. Ich war wesentlich ruhiger und wurde langsam nervös. Na gut, ängstlich.
    Auf dem Weg nahm ich Aibynn mit. Sethra, Daymar und

Weitere Kostenlose Bücher