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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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als ich das letztemal hierher kam, kannte ich ihn noch. Er hatte sich mir mit allen Einzelheiten in die Erinnerung gebrannt, wie ich es normalerweise nur von den Orten kannte, an denen ich Waffen gegen meine Feinde versteckte oder von den täglichen Angewohnheiten meiner Zielpersonen. Die Natur, in ihrer ganzen vielfältigen Schönheit und Schrecknis, war mir bisher entgangen, außer an diesem Ort. Vielleicht würde es sich nun ändern.
    Irgendwo von links ertönte das keckernde Lachen einer Chreotha, die ihre Gewebe ausspie, um ein Norska oder ein Eichhörnchen zu fangen. Ein Bringmichheim, das auf der Eiche wuchs, schaukelte wie eine gemächliche Peitsche in der kalten Brise vor und zurück: wusch-knack, wusch-knack. Ein Tagedieb schluchzte irgendwo über mir im Wechsel mit der Chreotha. Der Wind ließ mir die Haare im Nacken zu Berge stehen, und mich durchlief ein angenehmes Zittern. Jetzt müßte bald der Flieder blühen; hier wuchsen viele, und ihr Duft vermischte sich schön mit den Blüten des Steinfruchtbaums, der sich hinter dem Mauerbusch verbarg, gleich am Ende der Lichtung.
    Mir kam in den Sinn, daß Frühling war und daß ich bisher nie groß Anlaß hatte, den Jahreszeitenwechsel zu bemerken.
    Wenn mein Leben als Auftragsmörder einen Anfang hatte, lag er vielleicht hier, wo ich das Ei gefunden hatte, aus dem einst mein Vertrauter schlüpfte. Wenn mein Leben als Auftragsmörder ein Ende hatte, wäre es ebenfalls hier. Sollte sich herausstellen, daß es sich lediglich um eine Unterbrechung handelte, nun, dann sei es so.
    Loiosh und Rocza waren still. Von ihnen abgesehen war ich allein. Adrilankha lag in weiter Ferne, und in jede Richtung gab es meilenweit keine Stadt.
    Allein.
    Außer meinen beiden Jheregs war hier niemand, der mich sehen oder mit mir sprechen konnte, und der Phönixstein hielt meine Gedanken von jedem fern, der mich auf diesem Weg suchen wollte. Ich hatte mich für die Zauberkunst unsichtbar gemacht. Das Besteck, das ich dabeihatte, Dutzende Messer, Pfeile und andere böse Sachen, schien hier absurd. Ich hatte keinen Zweifel, daß ich die Anzahl im Laufe der Zeit nach und nach verringern würde, vielleicht bis ich gar nichts mehr hatte. Auf dem Rücken trug ich, was ich an Kleidung für die unterschiedlichen Jahreszeiten brauchte, ein zusätzliches Paar Stiefel und ein bißchen von diesem und jenem, das mir vielleicht nützlich sein konnte.
    Jetzt nur noch wir drei.
    Es wäre leicht, in Selbstmitleid zu verfallen, aber damit würde ich mich bloß selbst belügen. Es war eine Zeit der Veränderung, eine Zeit des Wachsens, auf eine eigene Art so aufregend wie der Augenblick, kurz bevor eine Zielperson den Punkt erreichte, den ich zu ihrer Exekution ausgewählt hatte.
    Was würde passieren? Was würde aus mir werden? Würde der Jhereg einen Weg finden, mich aufzuspüren? Würde die Liebe irgendwie aus der Asche auferstehen, auf die wir sie reduziert hatten? Oder würde sie anderswo ganz unerwartet sprießen?
    Ich spürte ein Lächeln auf meinem Gesicht und versuchte nicht, einen Hintersinn darin zu suchen.
    Ich marschierte Richtung Westen los.

Klett-Cotta
    Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Phoenix« bei Ace Books,
    New York
    © 1990 Steven K. Zoltán Brust
    Für die deutsche Ausgabe
    © J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659,
    Stuttgart 2004
    Fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlags
    Printed in Germany
    Epub 01/2014
    Vermittlung: Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH
    Umschlaggestaltung: Dietrich Ebert, Reutlingen
    Gesetzt aus der Poppel Pontifex
    von Offizin Wissenbach, Höchberg bei Würzburg
    Auf säure- und holzfreiem Werkdruckpapier gedruckt
    und gebunden von Kösel, Kempten
    ISBN 3-608-93648-3

 
    Steven Brust:
    Jhereg
     
    Aus dem Englischen von Olaf Schenk
    307 Seiten, Breitklappenbroschur, ISBN 3-608-93264-X
     
    Ein Roman wie ein Comic, nur ohne Bilder. Oder vielleicht wie ein Videospiel, und du solltest besser deinen Shuriken oder den Dolch mit der vergifteten Spitze zur Hand zu haben, während dein reptilischer Vertrauter sich um die anderen Angreifer kümmert.
    Solltest du getötet werden – kein Grund zur Panik. Du bist gut versichert, und man wird dich wiederbeleben.
    In dieser bizarren, halb vertrauten, halb fremden Welt deckt Vlad Geheimnisse auf, entrinnt mit knapper Not dem Tod und macht sich pfefferscharfe Pilzomeletts. Er findet Liebe. Er wetzt seine Messer. Er versorgt mit zusammengebissenen Zähnen seine

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