Phönix
Anteile überschrieben hatte, bis neunzehnhundertfünfundzwanzig verkaufte oder transferierte er keinen einzigen mehr. Im Gegenteil, er vergrößerte seinen Besitz durch Garantien und Optionen. Aber neunzehnhundertfünfundzwanzig übertrug er fünfhundert Anteile auf Joseph und Marta Wolenciwicz. Diese Anteile sollten bis zu seinem Tod treuhänderisch verwaltet und dann Alexandra überschrieben werden.«
Er nippte an seinem Whisky. »Zum Zeitpunkt dieser Übertragung hatten die Anteile einen Wert von ungefähr fünfzigtausend Dollar. Heute sind sie doppelt soviel wert. Deshalb war ich natürlich neugierig. Zum erstenmal hatte Brady etwas verschenkt. Ich ging also der Sache nach. Sandras Mutter war in Bradys Haus in Pittsburgh Dienstmädchen gewesen. Nach allem, was ich herausfinden konnte, war sie damals Sandra sehr ähnlich.« Er lächelte. »Oder richtiger gesagt: andersrum. Sie hatte Figur, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Ich nickte. Ich wußte, was er meinte.
»Brady war damals ungefähr fünfzig. Er hatte spät geheiratet, und bevor er sich noch in diese Rolle richtig hineingefunden hatte, wurde seine Frau bei dem Autounfall zum lebenslänglichen Krüppel. Ein Mädchen wie Marta konnte wohl einem Mann schon ziemlich zusetzen, selbst einem, dessen Frau nicht krank war. Naja, Sie können sich denken, was passierte.«
Er hatte seinen Whisky halb ausgetrunken. Ich wollte nachschenken, aber er schüttelte den Kopf. »Drei Jahre lang hatte sie bei den Bradys gearbeitet, als sie plötzlich eines Tages verschwand. Bradys Frau wunderte sich zwar über die kurzfristige Kündigung, gab Marta aber trotzdem ein sehr nobles Geschenk zum Abschied.
Etwa drei Monate später tauchte Joe Wolenciwicz in seiner Arbeitskluft in Matt Bradys Büro auf. Worüber die beiden sich unterhielten, weiß ich nicht. Sie waren alte Freunde, sie hatten viele Jahre lang zusammen in der Gießerei gearbeitet. Ich weiß aber, daß Joe dann Bradys Büro mit einem Scheck über fünftausend Dollar verließ. Er ging schnurstracks in seine Unterkunft, zog sich seinen einzigen guten Anzug an und marschierte zum Rathaus, wo er Marta traf. Sie wurden noch an diesem Nachmittag getraut. Vierzig Tage später kam Sandra zur Welt. Genau einen Tag später überschrieb Matt Brady die Aktien.«
Ich starrte schweigend in mein Glas. Eines mußte man Brady ja lassen: knausrig war er nicht. Er war bereit, für seine fürstlichen Privilegien zu bezahlen. Er war sogar mehr als das. Auf seine eigene, sonderliche Art liebte er Sandra sogar. Sie war sein einziger Nachkomme. Jetzt verstand ich auch, warum er sie nicht aus den Augen verlieren wollte. Neben seinem Beruf war sie vielleicht die einzige Erinnerung daran, daß er mal ein Mann gewesen war.
Ich goß mir noch einen Schluck nach. Das Leben ging schon seltsame Wege! Die Besitzgier, mit der Brady seine Tochter in der Nähe halten wollte, löste bei ihr Haß aus. Ich fragte mich, ob er wohl wußte, was sie empfand - und wenn ja, ob das für ihn von Bedeutung wäre.
»Indizienbeweis, wie Ihr Juristen sagt«, bemerkte ich.
»Auf diese Weise bekommt man eine Menge guter Fälle«, lächelte er.
Mein Entschluß war gefaßt. Mir blieb kein anderer Weg, ich mußte den K.-o.-Schlag riskieren. »Wie lange brauchen Sie, um von allen notwendigen Unterlagen Kopien zu bekommen?«
»Ein paar Stunden«, antwortete Bob. »Ein paar habe ich sogar noch, zum Beispiel die von der Aktienumschreibung. Das andere Zeug müßte ich in Pittsburgh beschaffen.«
Ich durchquerte den Raum und stellte die Flasche in den Schrank zurück. »Klemmen Sie sich dahinter. Wir treffen uns morgen mittag um eins in Bradys Büro.«
Ein seltsamer Ausdruck trat in sein Gesicht. Er wollte sprechen, zögerte jedoch.
»Was ist los?« fragte ich. »Angst?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht meinetwegen. Ich bin schon bedient. Aber Sie?«
Ich blieb stehen. Ich wußte, was er meinte. Aber ich sah keinen anderen Weg. Schließlich lächelte ich ihm zu. »Wieviel Jahre gibt es in Pennsylvanien für Erpressung?«
Er schaute mich offen an. »So aus dem Handgelenk kann ich das nicht sagen.«
»Stellen Sie das ebenfalls fest, wenn Sie dort sind. Ich möchte gern wissen, was passiert, wenn ich verliere.«
Der Portier vom >Towers< begrüßte mich freundlich. »Guten Abend, Mr. Rowan.«
Ich schaute auf die hinter ihm hängende Uhr. Es war nach neun. »Können Sie mich bitte mit Mrs. Schuyler verbinden?«
»Selbstverständlich, Mr. Rowan.« Er nahm den Hörer
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