Phönix
sich bewährt. Als ich weg mußte, hatte er sich sofort tüchtig ins Zeug gelegt. Nachdem es sich herumgesprochen hatte, daß mit mir wieder alles >in Ordnung< wäre, wollten alle Kunden wieder zurück zu mir. Bob hatte sie wieder aufgenommen, aber zu höheren Tarifen. Ich glaube, er war der Meinung, sie sollten ruhig für ihre Treulosigkeit zahlen.
Gegen zehn schaute ich schließlich auf. Wo, zum Teufel, steckten sie denn alle? Ich drückte auf den Knopf der Rufanlage.
»Brad, sind Sie's?« ertönte Mickeys leicht aufgeregte Stimme.
»Wer sonst? Glauben Sie vielleicht, ein Geist?« polterte ich.
Dann kam einer nach dem anderen in mein Büro, vom Botenjungen angefangen, und schüttelte mir die Hand. Alle freuten sich. Mir war wohl ums Herz. Alles klappte wunderbar.
Als sie alle wieder draußen waren, blieb Bob zurück. »Um halb eins sind wir mit dem Vorstand des Stahlverbands zum Mittagessen verabredet«, sagte er.
»In Ordnung.«
»Die Rechtsanwälte haben versprochen, daß die Verträge nach Tisch vorliegen«, fügte er hinzu.
Ich schaute auf. »Ich weiß nicht, was ich ohne Sie hätte machen sollen.«
Er lächelte. »Genau das gleiche denke ich auch, was Sie betrifft. Komisch, was?«
»Aber gut«, lachte ich.
Er ging in sein Büro zurück, der Morgen kroch dahin. Kurz vor Mittag kam Mickey mit einem Paket herein. »Der Kürschner hat das für Sie abgegeben.« Sie legte es auf meinen Schreibtisch. Ich musterte das Paket. Einen Augenblick lang konnte ich mich nicht erinnern. Dann fiel es mir wieder ein. Morgen war unser Hochzeitstag. Kaum zu glauben, daß seit jenem Morgen, an dem ich Jeannie zur Schule gefahren und sie mir diesen Floh ins Ohr gesetzt hatte, erst ein Monat vergangen war. So viel war inzwischen geschehen ...
»Lassen Sie das Paket in meinen Wagen bringen«, bat ich sie.
Sie machte kehrt und nahm das Paket wieder mit, die Tür schloß sich hinter ihr. Diesen Pelz hatte ich an dem Tag bestellt, an dem ich zum erstenmal Elaine begegnete.
Elaine! Meine Finger erstarrten auf der Schreibtischplatte. Ich hatte ihr versprochen, sie anzurufen! Aber es hatte sich keine Gelegenheit geboten. Tausend Jahre waren vergangen, seit ich zum letztenmal mit ihr gesprochen hatte. Ich nahm den Hörer ab und wählte das Fernamt.
Gerade wollte ich die Nummer angeben, als Bob den Kopf zur Tür hereinsteckte. »Wir müssen uns beeilen«, rief er. »Sie wollen doch wohl bei Ihrem ersten offiziellen Treffen mit dem Vorstand nicht zu spät kommen!«
Zögernd legte ich den Hörer wieder auf und erhob mich. Gleich nach Tisch würde ich sie anrufen. Ich nahm Hut und Mantel und ging zur Tür.
Damals wußte ich es noch nicht. Aber in diesem Augenblick war sie bereits seit zwölf Stunden tot.
DER ANFANG ALS ENDE
Mein Kopf schmerzte, die Augen brannten - es waren die unge-weinten Tränen. Ich weiß nicht, wie lange ich so saß und aus dem Fenster starrte. Ich fand keine Antwort.
Das Telefon schnarrte. Erschöpft schlich ich hinüber zu meinem Schreibtisch und nahm den Hörer ab. »Ja, Mickey?«
»Sandra Wallace ist hier und möchte Sie sprechen.«
Ich zögerte einen Augenblick. Auf meiner Schreibtischuhr war es fast sechs. Dann entschloß ich mich: »Sie möchte hereinkommen.«
Ich war aufgestanden, als Sandra kam - kräftig, blond und voll Leben. Ihre Vitalität war gewaltig. Nichts auf dieser Welt konnte sie zerstören, davon war ich überzeugt. Sie war ganz das Gegenteil von Elaine.
Ihre blauen Augen musterten mich. »Guten Abend, Brad«, sagte sie leise und blieb an der Tür stehen.
»Sandy! Kommen Sie herein!«
Langsam kam sie näher. »Wie geht es Ihnen?«
»Okay«, sagte ich matt.
»Ich freue mich, daß es Ihrem Sohn bessergeht.«
»Danke.« Ich fragte mich, von wem sie es erfahren hatte. »Was führt Sie in die Stadt?«
»Ich habe eine Nachricht für Sie.«
»Von Mr. Brady?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
Fragend schaute ich sie an.
»Von Mrs. Schuyler«, sagte sie.
Im ersten Augenblick begriff ich nicht; aber dann wurde mir bewußt, was Sandra da gesagt hatte. »Von Mrs. Schuyler? Aber sie ist . sie ist .«
»Ich weiß«, antwortete Sandra ruhig. »Heute morgen habe ich es gehört. Mr. Brady war ganz verstört.«
»Wie kommen Sie zu einer Nachricht von ihr? Haben Sie sie gesehen?«
Wieder schüttelte sie den Kopf. »Nein. Ich erhielt sie heute morgen mit der Post.« Sie öffnete ihre Handtasche, zog einen Umschlag heraus und hielt ihn mir entgegen.
Ich nahm ihn ab und betrachtete
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